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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 10.1924

DOI issue:
Heft 2 u. 3
DOI article:
Heise, Karl: Der Kuckuck und die Meise: im Volksmunde und dem Volksglauben der Braunschweiger
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https://doi.org/10.11588/diglit.36527#0352
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Der Kuckuck und die Meise

im Volksmunde und dem Volksglauben der Braunschweiger
Von Dr. med. Karl Heise

„Eine etwas merkwürdige Zusammenstellung! Ich habe sie deshalb gewählt,
weil der gewalttätige Kuckuck mit der kleinen, allerdings vorwitzigen Meise
in einem Volksreime zusammengestellt wird. Dieser lautet:
Kuckuck und die Pimpelmeset
Säten beide im Lowe;S
Kuckuck nam en stiewen^ SteD
Slaug" die Mese in't Oge."
Warum hast du dat edan,?
Hast de Mese in't Oge slan.s
Die Meise achtete man früher für heilig und unverletzlich. In welchem
Ansehen sie stand, können uns die alten Weistümer lehren, die auf ihren
Fang eine schwere Buße setzten, nämlich dafür dieselbe Strafe wie für einen
Hirsch. Der Niederdeutsche braucht ihren Namen meist in der Verkleinerungs-
form und da er sich wenig um die verschiedenen Arten kümmert,
so spricht er für gewöhnlich nur von der BZzmgjgArg, d. i. die Blaumeise, denn
EApmcseArc braucht er nur noch im Vergleiche, wenn er eines Kindes Schwäch-
lichkeit kennzeichnen will."
So wird ein Aufsatz über „Der Kuckuck und die Meise im Volksmund
und dem Volksglauben der Braunschweiger" ^ eingeleitet. Ein Versuch der
Deutung wird nicht gegeben, die Notwendigkeit einer solchen aber mit der
merkwürdigen Zusammenstellung herausgefordert. Sie ergibt sich sofort mit
Hilfe der Symbole. Wörtlich betrachtet ist der Reim sinnlos. Der Kuckuck
ist schon in seiner eigenen Art ungesellig, und sein Verhalten gegen andere
Vögel alles andere wie gesellig. Ihm einen steifen Stiel anzudichten, den er
auch nur gelegentlich nehmen könnte, ist ohne Vorbild, daher auch die Mög-
lichkeit, damit zu schlagen.
1) Meise. — 2) Laube. — g) steifen. — 4) Stiel. — g) schlug. — 6) Auge. —
7) getan. — 8) geschlagen.— 9) Prof. Otto Schütte in der Wissenschaftl. Beilage der
Braunschweiger Landeszeitung 12, 1925. Braunschweig, 4. Juni 192g.
 
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