Zur Rolle der Frau in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft 2g 1
Dadurch entfernen sie sich selbst vom Liebesobjekt, indem sie gemeinsam
auf dasselbe verzichten. Diese soziale, auf Sublimierung basierende Tat der
Brüder entsteht auf dem Kompromißwege zwischen Es- und Ich-Ideal, und
so ist auch das Wesen eine Kompromißbildung, ein Mannweib = Frau mit
dem Penis. (In der sagenhaften Überlieferung wurde sie dann zu einem
Ungeheuer aufgebauscht.)' Anderseits glimmt aber in den Söhnen das
Verlangen, das Weib gefügig zu machen und selbst wie der Vater — dessen
Ideal in jeder Brust glühte — Führer zu sein. Derjenige der Brüder = Söhne,
dem es gelingt, das Weib zu bezwingen, sexuell zu bewältigen, ihre Männ-
lichkeit niederzukämpfen, sie ihrer Autorität zu berauben, der, könnten wir
sagen, überwindet ihre Vaterfixierung, erweckt in ihr das Weib, und macht
sie sich somit gehörig, wird zu ihrem Gatten, und in weiterer Folge zum
Vater U
Wir sehen also, daß jede Vaterentwicklung über das Verhältnis Mutter -
Sohn geht, aus dem dann der Vater erwächst, ganz entsprechend der
individuellen Entwicklung, die sich bei jedem einzelnen Individuum
wiederholt.
Amazonentum ist nicht eine Kontinuität der rein tellurischen Weiber-
herrschaft (dies behaupten wir im Gegensatz zu Bachofen, der Amazonentum
als Folge der Weiberherrschaft ansieht), es ist vielmehr eine selbständige
Erscheinungsform, die sich nicht an das rein mütterliche Prinzip an-
schließt, sondern an die tyrannische Vaterherrschaft. Nach der uranfäng-
1) Diese Einsicht liefert uns vielleicht ein wenig Verständnis für die „böse
Mutter", die Hexen und die weiblichen Vampire.
2) Vgl. Bachofens Bemerkung: „In dem geschlechtlichen Umgang mit der Königin
liegt der Beweis der Macht [er meint für den Usurpator], deren äußeres Zeichen
das Diadem bildet. Wer der Königin, der Mutter der königlichen Kinder, beiwohnt,
ist dadurch zum König erhoben." (S. 113). Diese Auffassung gewinnt er aus der
Manethonschen Erzählung von den Brüdern Sethosis—Armais. Dem Bericht zufolge
entsandte König Sethosis seinen Bruder Armais als Statthalter nach Ägypten und
übertrug ihm die ganze Fülle der königlichen Gewalt, nur mit der einzigen Aus-
nahme, daß er nicht das Diadem tragen dürfe, und daß er sich der Königin, der
Mutter der königlichen Kinder und aller Kebsweiber enthielte. „Armais aber wider-
setzte sich diesem Gebote, tat der Königin Gewalt an und wohnte den KebSweibern
ohne Scheu bei. Auf den Rat der Freunde nahm er auch das Diadem und erhob sich
wider den Bruder." (S. 113.) Bachofen führt als Vergleich Absalons öffentliches Bei-
wohnen der Königin auf dem Dache seines Hauses an und deutet den Beischlaf des
Phönix mit der Geliebten seines Vaters in gleicher Weise.
Vgl. auch die Tarquinius-Sage, in der es (nach Livius I, L. XI) heißt: Die höchste
Gewalt in Rom wird der besitzen, der zuerst unter euch, o Jünglinge, der Mutter
einen Kuß gibt. (Siehe E. Lorenz 1. c.)
Dadurch entfernen sie sich selbst vom Liebesobjekt, indem sie gemeinsam
auf dasselbe verzichten. Diese soziale, auf Sublimierung basierende Tat der
Brüder entsteht auf dem Kompromißwege zwischen Es- und Ich-Ideal, und
so ist auch das Wesen eine Kompromißbildung, ein Mannweib = Frau mit
dem Penis. (In der sagenhaften Überlieferung wurde sie dann zu einem
Ungeheuer aufgebauscht.)' Anderseits glimmt aber in den Söhnen das
Verlangen, das Weib gefügig zu machen und selbst wie der Vater — dessen
Ideal in jeder Brust glühte — Führer zu sein. Derjenige der Brüder = Söhne,
dem es gelingt, das Weib zu bezwingen, sexuell zu bewältigen, ihre Männ-
lichkeit niederzukämpfen, sie ihrer Autorität zu berauben, der, könnten wir
sagen, überwindet ihre Vaterfixierung, erweckt in ihr das Weib, und macht
sie sich somit gehörig, wird zu ihrem Gatten, und in weiterer Folge zum
Vater U
Wir sehen also, daß jede Vaterentwicklung über das Verhältnis Mutter -
Sohn geht, aus dem dann der Vater erwächst, ganz entsprechend der
individuellen Entwicklung, die sich bei jedem einzelnen Individuum
wiederholt.
Amazonentum ist nicht eine Kontinuität der rein tellurischen Weiber-
herrschaft (dies behaupten wir im Gegensatz zu Bachofen, der Amazonentum
als Folge der Weiberherrschaft ansieht), es ist vielmehr eine selbständige
Erscheinungsform, die sich nicht an das rein mütterliche Prinzip an-
schließt, sondern an die tyrannische Vaterherrschaft. Nach der uranfäng-
1) Diese Einsicht liefert uns vielleicht ein wenig Verständnis für die „böse
Mutter", die Hexen und die weiblichen Vampire.
2) Vgl. Bachofens Bemerkung: „In dem geschlechtlichen Umgang mit der Königin
liegt der Beweis der Macht [er meint für den Usurpator], deren äußeres Zeichen
das Diadem bildet. Wer der Königin, der Mutter der königlichen Kinder, beiwohnt,
ist dadurch zum König erhoben." (S. 113). Diese Auffassung gewinnt er aus der
Manethonschen Erzählung von den Brüdern Sethosis—Armais. Dem Bericht zufolge
entsandte König Sethosis seinen Bruder Armais als Statthalter nach Ägypten und
übertrug ihm die ganze Fülle der königlichen Gewalt, nur mit der einzigen Aus-
nahme, daß er nicht das Diadem tragen dürfe, und daß er sich der Königin, der
Mutter der königlichen Kinder und aller Kebsweiber enthielte. „Armais aber wider-
setzte sich diesem Gebote, tat der Königin Gewalt an und wohnte den KebSweibern
ohne Scheu bei. Auf den Rat der Freunde nahm er auch das Diadem und erhob sich
wider den Bruder." (S. 113.) Bachofen führt als Vergleich Absalons öffentliches Bei-
wohnen der Königin auf dem Dache seines Hauses an und deutet den Beischlaf des
Phönix mit der Geliebten seines Vaters in gleicher Weise.
Vgl. auch die Tarquinius-Sage, in der es (nach Livius I, L. XI) heißt: Die höchste
Gewalt in Rom wird der besitzen, der zuerst unter euch, o Jünglinge, der Mutter
einen Kuß gibt. (Siehe E. Lorenz 1. c.)