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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 11.1925

DOI issue:
Heft 4
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Hermann, Imre: Gustav Theodor Fechner: Vortrag in der Ungarischen Psychoanalytischen Vereinigung, 1924
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.36528#0429

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Gustav Theodor Fechner

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Denkens. 2. Die Handerotik zwingt die Hand zu einer etwas höheren Betäti-
gungsart und verläßt die Hand zugunsten des zentralen Denkens, doch führt
darin das formale Denken weiterhin noch ein selbständiges und mächtiges
Lehen. 3. Die Handerotik zwingt die Hand zu einer noch höheren Betätigungs-
art und zieht Gestaltungskräfte des Denkens an die Hand. Schematisch etwa:

D



Selbstverständlich denken wir nicht daran, daß am formalen Denken
einzig diese Transponierung schuld sei, auch hier muß etwas noch als
Wegweiser dazukommen, um gerade diese Art der Handfunktion zu trans-
ponieren. Und jetzt möchten wir wieder einen Zusammenhang konstruieren,
der leichter hinzustellen, als zu beweisen ist: Was ist denn das Formale
in seinen stärksten Ausprägungen? Ist es denn nicht etwas Erstarrtes, etwas
Kaltes, etwas Totes ? Mit Zulassung des Formalen wird eigentlich die lebendige
Gestaltung getötet! Jeder formale Zug, jeder formale Schritt ist ein Spiel
mit dem Totsein, ein Versteckspiel. Und war denn nicht das Sterben des
Vaters eines der mächtigsten Erlebnisse Fechners? Und wurde er denn
nicht jahrelang, fern von der mütterlichen Pflege, erzogen, um dann ein
wahres Versteckspiel mit der Mutter zu spielen (wöchentliche Besuche usw.)?
Beschäftigte sich seine Philosophie — sowie viele anderen Philosophien —
nicht mit dem Tode als Kernfrage? Den Zusammenhang von Zwangsneurose
und Tod haben schon Hitschmann und Winter st ein, als sie die Charakte-
ristik der Philosophen angeben wollten, eben wegen der Ähnlichkeit von
Zwangsdenken und philosophischem Denken hervorgehoben. Daß aber
Fechner an einer Art Zwangsdenken litt, wissen wir schon von früher her.
Hitschmann^ beruft sich auch auf Abrahams Studie über „Giovanni
Segantini", wo der frühe Tod der Mutter in der Entwicklung der Per-

1) Zum Werden des Romandichters. Imago, I, 1912. S. gg.
 
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