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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Schulze, Otto: Fussboden, Wand und Decke
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0047

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INNEN-DEKORATION

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doch überwiegend auf den Wänden und damit auf den
Bildern und dem Mobiliar ruht. Ähnlich ergeht es uns
bei unserm Aufenthalt im Freien, wo schon die Klugheit
lehrt, den Kopf nicht auf die Wolken zu richten,
sondern auf die Umgebung und auf das, was zu unsern
Füßen ist. So gibt es für uns schon aus rein optischen
Gründen ein sogenanntes horizontales Niveau, das ist
unser Sehkreis in Augenhöhe, der sich bekanntlich im
Horizont verliert.

Im Raum selbst liegen nun die Verhältnisse ähnlich,
nur daß die Raumenge eine gewisse Verschiebung fordert.
Aber der horizontale Sehkreis vermittelt auch hier über-
wiegend die Aufnahme der Raumschönheit. Findet der
Fußboden seine natürliche Begrenzung im Beginne der
Wand, also bei der Sockelleiste (Scheuerleiste), so die
Wand ihre natürliche Begrenzung da, wo sie die Decke

aufnimmt, wo die Horizontale die Vertikale ablöst. Vor
wenigen Jahren hatte man begonnen, nach alter architek-
tonischer Forderung wieder ein vermittelndes Glied, den
Fries, zwischen Wand und Decke einzuziehen, und da-
durch die an sich vertikale Tendenz der Wand auf die
Lagerung der Decke vorzubereiten. Man hat auch mit
großem Geschick die Decke in die Wand hineingezogen,
um bei verhältnismäßig kleinen Raumabmessungen die
Wandhöhe zu mildern und dem Auge schon früher als
mit der Auflagelinie der Decke eine umlaufende Horizon-
tale zu bieten. Wir wissen, daß Vertikalen als Stütz- und
Kraftlinien das Auge viel stärker in Anspruch nehmen als
Horizontalen, die Last- und Ruhelinien sind. Leider fängt
man nun in jüngster Zeit wieder an, die rein architek-
tonischen Beziehungen zwischen Wand und Decke zu
ignorieren, das heißt: im Raum das Prinzip der Kiste,
 
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