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Rostowzew, Pompeianisclie Landschaften und römische Villen.

II4

haltige Nachrichten haben wir über die größte und prachtvollste solcher städtischen
Anlagen -— die domus aurea des Kaisers Nero. Besonders wichtig sind für uns
die Schilderungen der ganzen Anlage bei Sueton (Nero 31), Tacitus (Ann. XV, 42)
und Martial (Spect. 2)30.
Die grandiose Fassade der ganzen Anlage wurde auf dem Platze, wo jetzt
der hadrianische Roma- und Venustempel steht, errichtet; zugewendet war sie natür-
lich dem Forum. Sueton nennt diese Fassade Vestibulum: Vestibulum eins fuit in
quo colossus CXXpedum staret ipsius effigie; tanta laxitas ut porticus triplices miliar ias
haberet (Suet. 1. c.). Eine porticus triplex miliaria ist natürlich, wie sich dies auch
Canina (Edifizj IV, tav. 305) vorgestellt hat, eine Portikus mit drei Gliedern; der
circuitus desselben ergab wahrscheinlich 1000pedes (kaum passus")3k
Vorstellen müssen wir uns dieses Vestibulum nach der Analogie unserer
Fresken n. 1 und besonders 5 und 6: monumentaler Eingang von einer dreigliederigen
Portikus umgeben.
Im Zentrum des Vestibulum stand, wie gesagt, der Koloß; er thronte über
das Forum hin und war vom Palatin, Forum und Kapitol — den ehrwürdigsten Stätten
des alten und neuen Roms — sichtbar. Es ist nicht zu leugnen, daß die archi-
tektonische Idee, welche der Konstruktion zugrunde lag, eine großartige und
glänzende war.
Hinter der Portikus, auf der Stelle des Flavischen Amphitheaters, breitete
sich ein großes Bassin — stagnum maris instar sagt Sueton (vgl. Tac., Ann. XV, 42)
— aus. Es war natürlich eine piscina navigabilis in der Art der Bassins, wie sie
etwa unsere Fresken darstellen.
Wie auf unseren Fresken lagen verschiedene Bauten um das Neronische
Bassin herum: Circumsaeptum (stagnum) aedificiis in urbium speciem, sagt Sueton32.
Weiter auf den Hügelrändern (wieder wie auf unseren Landschaften) breiteten sich
Felder, Weinpflanzungen, Wälder mit einer Bevölkerung von allerlei Tieren aus.

Sallustiani existierte eine porticus miliaria (vita
Aurel. 49; Richter, 1. c. 228), in den Maecena-
tiani ein großes Schwimmbassin (Dio 55, 7).
Das sog. auditorium Maecenatis (s. Mau, Bull,
d. Inst. 1875, 89) — vielleicht ein Gewächshaus
— illustriert sehr gut die kleinen Häuschen mit
Giebeldächern, die für unsere Landschaften so
charakteristisch sind. Solcher Häuschen waren
sicher noch mehrere im Bereiche der maecenati-
schen Gärten.
30) Plinius (n. h. 33, 54; 34, 84; 35, 120; 36, 37) be-
richtet hauptsächlich über den künstlerischen
Schmuck der domus.
31) Solche porticus miliariae sind, wie bekannt, ein
Lieblingsschmuck der römischen Villen (s. de
Rossi, Not. d. Sc. 1888, 7iiff.; de Rossi und
Gatti, Bull. com. 1889, 355 ff.; vergl. Hülsen,

Archäol. Anz. 1896, 1). Das Vorbild solcher
Hallen ist für Rom und vielleicht auch Italien die
porticus triumphi Casars (Cic., ad Att. IV, 16, 14).
Ihr circuitus war freilich 1000 passus. Dies
auch für das neronische Vestibulum vorauszu-
setzen, ist kaum möglich. Ein circuitus von
1000 pedes (295 m) genügt vollständig für einen
Koloß von 120 pedes.
32) Vergl. ähnliche allgemeine Schilderungen der
Villen wie Sali., Cat. 12: domos atque villas
cognoveris in urbium modum exaedificatas; Plin.,
Ep. II, 17,27: villarum quae praestant multarum
urbium faciem; Tac., Ann. III, 53: . . villarum
infinita spatia und öfter. Diese Schilderungen
geben gerade den Eindruck unserer Fresken
wieder.
 
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