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Jones, Owen; Jones, Owen [Hrsg.]
Grammatik der Ornamente — London: Day, 1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.17930#0134
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PERSISCHE ORNAMENTE.

Manuscripte, die in Persien mit ganz besonderer Sorgfalt behandelt wurden, und daher ohne Zweifel einen
Ungeheuern Absatz in allen muhammedanischen Ländern finden mussten, konnten nicht verfehlen diesen
gemischten Styl allgemein zu verbreiten. Die Verzierung der Häuser von Kairo und Damaskus, und beson-
ders die der Moscheen und Brunnen zu Constantinopel, verrathen diesen gemischten Styl, und man sieht
allenthalben Gruppen von natürlichen Blumen aus einer Vase entspriessend, und von Feldern umschlossen,
die mit conventionellen arabischen Verzierungen geschmückt sind. In den modernen Ornamenten Indiens
verkündet sich ebenfalls dieser allgegenwärtige Einfluss des persischen gemischten Styles. In dem Buch-
deckel, vom India House (Tafeln Uli. und UV), haben wir ein Beispiel davon: denn die Aussenseite
des Deckels ist auf rein arabische Weise behandelt, während das Innere desselben (Tafel LIV.) ganz den
persischen Charakter offenbart.

Die Ornamente der Tafel XLIV, verschiedenen im brittischen Museum befindlichen, illuminirten Manu-
scripten entnommen, verrathen ebenfalls diesen gemischten Charakter. Die geometrischen Muster gehören
zu den rein conventionellen Verzierungen und haben eine starke Aehnlichkeit mit den arabischen Ornamen-
ten, denen sie jedoch, hinsichtlich der Ei'ntheilung, nachstehen. Die Nummern 1-10 aber sind vom
Hintergrund verschiedener Gemälde entnommen, und stellen Tapeten an Wänden vor; sie sind äusserst
elegant und die Massen contrastiren trefflich mit dem Grunde.

Die Muster der Tafel XLV. stellen meistens Fussböden und Würfel vor, und waren wahrscheinlich zum
Schmuck der glasirten Ziegel bestimmt, die bei den Persern so allgemein im Gebrauch waren. Sie offen-
baren in der Vertheilung der Form, so wie in der Anordnung der Farben, eine bedeutende Inferiorität im
Vergleich mit den arabischen und maurischen Mosaiken. In allen hier reproducirten persischen Ornamen-
ten sind die secundären und tertiären Farben viel vorherrschender als in den arabischen (Tafel XXXIV.),
oder in den maurischen, wo Blau, Eoth und Gold vorherrschen, wodurch, wie man beim ersten Blick
bemerkt, der harmonische Effect bedeutend erhöht wird.

Die Ornamente der Tafel XLVL, haben eine viel grössere Aehnlichkeit mit den arabischen Verzierungen.
Die Nummern 7, 16, 17, 21, 23—25 kommen sehr allgemein in den persischen Manuscripten, als Titel-
vignetten, am Anfang der verschiedenen Capitel, vor, zeigen aber, so zahlreich sie auch sind, sehr wenig
Mannichfaltigkeit. In den Hauptlinien aus welchen die Ornamente construirt sind, so wie an der Verzie-
rung der Ornamentsoberflächen selbst, bemerkt man eine grosse Aehnlichkeit mit den arabischen Manuscrip-
ten (Tafel XXXIV.); die Massen aber sind bei weitem nicht so gleichförmig vertheilt; obgleich in beiden
dieselben allgemeinen Principien herrschen.

Die Tafeln XLVII. und XLVII*. sind aus einem im Museum zu South Kensington befindlichen merk-
würdigen Buche entnommen, welches, dem Anschein nach, das Musterbuch eines Fabrikanten ist. Die
Motive sind sehr zierlich, und verrathen eine einfache aber sehr sinnreiche Auffassung in der conventionellen
Behandlung natürlicher Blumen. Diese zwei Tafeln, sowohl als Tafel XLVIII., sind von grossem Werth,
indem sie zeigen, wie man die äusserste Grenze der conventionellen Behandlung erreichen kann, ohne sie zu
überschreiten. Wenn natürliche Blumen als Verzierung gebraucht, und einer geometrischen Anordnung
unterworfen werden, dürfen sie weder Schattirung noch Schatten haben, wie das in den Manuscripten der
mittelalterlichen Schule zuweilen der Fall ist, sonst ziehen sie sich denselben Tadel zu, den die geblümten
Papier-Tapeten und die Teppiche der neuern Zeit so reichlich verdienen. Das Ornament am obern Ende
der Tafel XLVIIL, welches das Titelblatt sowohl als die Eänder im Innern des Buches bildet, verräth jenen
gemischten Styl, in welchem die reinen Ornamente mit der verzierungsartigen Darstellung natürlicher
Formen verbunden sind. Dieser gemischte Styl ist ein eigenthümlicher Charakterzug der persischen Orna-
mente, die nach unserem Erachten, eben desshalb den arabischen und maurischen Verzierungen so weit
nachstehen.

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