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Eigentliche Stiftsgebäude: Oftflügeh Weinkeller

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Decke erhieit im Zufammenhang mit jener großen Umgeßaltung der Halle felber zu
Kurfürß Brendels Zeiten.ß Im übrigen iß der Saal heute wüß und leer; die Fenßer-
wand ßheint fo gut wie ganz neu zu fein; wie es einßmals hier ausgefehen hat, ver-
mag ich nicht zu fagen. So bleibt noch manches , ungeklärt, z. B. der merkwürdige
Anfaß eines Gewölbes in der Nordweßecke. Der ganze Saal kann nicht gewölbt ge-
wefen fein: fonß müßte man weitere Spuren finden. Es kann ßch nur um ein kleines
Gewölbe im Raum gehandelt haben. Auch der Grundriß des Gudenus deutet hier
etwas Ähnliches an: man wird an einen Kamin denken dürfen, da oben, über der
heutigen Decke ein großer Kamin erfcheint (möglich wäre aber auch eine Treppe oder
ein gewölbtes kleines Gemach zur Aufbewahrung von Archivalien oder Koßbarkeiten
(vgl. die entfprechenden Behältniffe in der Sakrißei). Die Erklärung würde uns viel-
leicht ieichter fallen, wenn wir mit vollkommener Sicherheit angeben könnten, welchen
Zwecken der Saal einß gedient hat. Iß dies das majus capituli hypocaustum, das
Bourdon erwähnt? 2) Er gibt an, es fei gleichzeitig mit dem Kreuzgang gebaut, und
befchreibt dann die gemalten Wappenfeheiben von fünf Fenßern, die Mitgliedern des
Kapitels vom Anfang des 15. Jahrhunderts bis in deffen 80er Jahre hinein angehörten.
Das beweiß natürlich nur, daß eben die bunten Fenßer erhalten waren: der Raum
könnte deshalb doch unfer unter Kurfürß Brendel umgeßalteter Saal fein. Immerhin
iß es auffallend, daß Bourdons Schilderung des Raums nirgends einen Hinweis auf
die Zeit des Kurfürßen Brendel gibt. Die hervorgehobenen Stücke der Ausßattung
ßnd älter, felbß der „ungeheuere" eiferne Ofen ßammt aus den Tagen des Kurfürßen
Sebaßian von Heufenßamm (1548). Ich vermag die Frage nicht ßcher zu beantworten,
kann aber auch nicht fagen, wo wir uns dann das majus capituli hypocaustum denken
follen, wenn es nicht mit unferem Saal identifch iß.
Im Winkel des Süd- und des Oßflügels am Kreuzgang führte ein Gang ins Freie.
Ob er immer mit einer Treppe verbunden war, weiß ich nicht. Heute gibt er, ver-
wahrloß und umgeßaltet, keine deutliche Anfchauung des einßigen Zußandes mehr.
Erß recht iß der ganze einßige Oßflügel der Stiftsgebäude uns verloren. Was
heute feine Stelle einnimmt, iß völlige Erneuerung. Unfer Plan (Tafel 77; vgl. auch S. 4
Abb. 1) teilt den Flügel in drei Abfchnitte; die ließen ßch mit den drei Raumbeßimmun-
gen, die Bourdon gibt,3) recht wohl vereinigen. Darnach hätten wir hier zu fuchen die Rüß-
kammer, die Heiligengrabkammer und die Domfchule. Zu jedem der drei Raumab-
fchnitte gehörte eine befondere Tür. Die Domfchule, auch fonß hier bezeugt (f. S. 4
Abb. 1), lag neben dem Ausgang, der am füdößlichen Domtreppenturm nach der heuti-
gen Domßraße, ehemals „zum kalten Loch" genannt, führte.
In diefem Zufammenhang darf man auch den gewaltigen Weinkeller nicht ver-
geben, der ßch unter dem Kapitelhaus und teilweife auch noch unter den Bauten des
Oßflügels hinzieht. Er iß - natürlich — vortrefflich erhalten. Vor allem gibt der
höchß folide und aufwändig gebaute zweifchiffige, fechs Doppeljoche zählende Keller
unter dem weßlichen Teil des Kapitelhaufes eine großartige Vorßellung von der
wirtfchaftlichen Kraft des Domkapitels in guten Zeiten. Der Keller iß über Pfeilern,
Schild- und Gurtbogen mittels grätiger Kreuzgewölbe gewölbt und gehört ßcher noch
den romanifchen Stiftsgebäuden an, d. h. der Zeit um 1239 (vgl. auch S. 20 zum Jahre
ß Fr. Schneider (Von den Denkmälern des Mainzer Domes II. Mainz 1903. S. 7f.) gibt
eine kurze Würdigung der Ausßattung diefes Raumes und glaubt, feine Wandmalereien dem
Anfang des 16. Jahrhunderts zuweifen zu dürfen. Das fcheint mir angeßchts des Stilcharakters
der Figuren ganz unmöglich. Vgl. auch Kreuzgangdenkmäler unter Nr. 61.
3)S. 257. S. 230 ff.

Oßflügel

Weinkeller
 
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