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Gothardkapelle: Ausstattung

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nichts anderes übrig als die Annahme: diefer Turm krönte die Gothardkapelle. Die-
sen überraschenden Schluß betätigen die Bilder, die den brennenden Dom (1767) von
der Nordfeite zeigen (f. oben S. 9*). Da iß auch die brennende Gothardkapelle zu
fehen. Und wenn ße gewiß auch recht willkürlich dargeßellt iß, den achteckigen Turm
mit Giebeln und achteckigem Helm, den wir da wiederfinden, den können die Maler
doch nicht frei erfunden haben. Endlich erfährt unfere Thefe noch eine willkommene
Beßätigung durch einen Grundriß der Kapelle von 1724. ln der Histoire ecclesias-
tique d'Allemagne contenant l'erection, le progrez et l'etat ancien et moderne de ses
archevez et evechez, Tome I (Mainz, Trier und Köln
enthaltend). A Brusselle Chez Franqois Foppens
1724. findet ßch ein Grundriß des Mainzer Doms,
bezeichnet: J. Harrewyn sculpsit,^) auf dem auch die
Gothardkapelle erfcheint. In deren Mitte iß nun ein
Achteck eingezeichnet (Abb. 117), und da ganz die-
felbe Art der Angabe gewählt iß, um den achteckigen
Turm über dem Pfarrchor des Doms anzudeuten, fo
kann auch hier nur ein achteckiger Turm gemeint
fein, deffen Tambour nach Oß und Weß offenbar je
von einem Fenßer durchbrochen war. Ich nehme
nach alledem an: urfprünglich trug die Kapelle über
dem mittleren Joch einen vermutlich viereckigen
Turm aus Bruchßein, der mit einem Holzhelm be-
krönt war. Bei einem der Brände des 12. Jahrhun-
derts ging au di diefer Turm in Flammen auf. In der
Zeit der Gotik wurde er dann — ßattlicher — wieder-
hergeßellt. Jeßt führte man ihn höher auf, ließ ihn
oben ins Achteck übergehen und gab ihm den


Abb. 117. Grundriß der Gothard-
kapelle nach J. Harrewyn

Schlanken Helm. So hat er bis ins 18. Jahrhundert geßanden, bis er im Brand von
1767 zugrunde ging. Diefe Rekonßruktion iß nicht ganz gleichgültig. Nicht nur ge-
winnen wir fo eine einleuchtende Vorßellung von dem urfprünglichen Ausfehen des
Daches der Kapelle: ße wird damit zugleich noch in einem zweiten Punkt (nicht nur
hinßchtlich ihrer Galerien!) zur — freilich weniger entwickelten — Vorßufe der
Schönen Kapelle zu Schwarzrheindorf.

DIE AUSSTATTUNG
Die Ausßattung der Kapelle war offenbar immer Schlicht. Der Hauptaltar war dem
feligen Bifchof Gothard (oder Godehard), felig gefprochen auf der Synode in Reims
im Jahr 1131, geweiht. Er war noch zu Bourdons Zeit ohne befonderen Schmuck.
Intereffant iß die Notiz bei Serarius,^) die befagt, im Obergefchoß der Kapelle haben
drei fehr alte Altäre geßanden, non longe ab invicem distantia, dicuntur juxta ritum
Graecorum extructa bene alta et parum ampla.
Der Stifter der Kapelle, Erzbifchof Adalbert I, ließ ßch in ihr auch beßatten. Das
Grab iß erhalten, gedeckt mit Kalkßeinquadern, deren von einem Rundßab umfäumte
Oberfläche rauh iß: offenbar lag hier einß eine Platte auf, die die Infchrift trug. Sie
iß längß vertchwunden.
ß Darnach die Wafferburgfche Lithographie Tafel XX: Anficht des Domes im Jahre 1767.
ß Ein Exemplar im Nachlaß Schneiders in der Stadtbibliothek. Vgl. Mzr. Zt(chr. XI. 1916. S.44.
ß Serarius S. 109. Joannis I S. 70.
 
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