^sg> DIE FRÜHJAHR-AUSSTELLUNG DER WIENER SECESSION <^=^
Triestiner Adolfo Levier (s. Abb. S. 404) deut-
lich seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort, Paris,
das des Boldini und des Lucien Simon, kund-
gibt. Die Krakauer Josef von Mehoffer und
Theodor Axentowicz vermeiden geflissent-
lich die Bezeichnung „Porträt"; da heißt es
„Harmonisches Problem" oder „Saxe, Meißner
Porzellan", der „Studienkopf" (s. Abb. S. 406)
wäre demgemäß als „Zigeunerrassige Farben-
flecke" zu betiteln. In der ländlichen Stille
Oberösterreichs reift ein Talent, das man heuer
zum erstenmal begrüßt: nach seinem Selbst-
bildnis zu urteilen, scheint F. M. Zerlacher
den Spuren Leibis folgen zu wollen. Die
tüchtigen Arbeiten der Damen Marie Magyar,
Angela Adler (Concarneau) und Friederike
von Koch (Graz) sollen nicht unerwähnt bleiben.
Einem seltsamen Einfall gab Ernst Stöhr
mit seinem „Porträt" nach, als er eine schöne
Weiblichkeit hüllenlos in der herkömmlichen
Porträtpose, lässig sitzend, in einer Stellung,
die im Hintergrund des Bildes auch eine an-
gezogene Gliederpuppe zeigt, darstellte. Der
Gedanke an irgend einesatirischeNebenabsicht
drängt sich unwillkürlich auf, beeinträchtigt
aber die zeichnerisch vorzügliche Leistung
weniger, als es durch das mit befremdenden
Farbenstimmungen experimentierende Kolorit
geschieht. Ohne Klügeln hat Rudolf Bacher
sich aus Straßenbegegnungen seine Modelle
geholt und danach drei Herrenporträts ge-
schaffen (s. Abb. S. 408), deren jedes einen
anderen Typus wiedergibt. Die Größe der Auf-
fassung, das, was man „dekorativ" zu nennen
liebt, vereint sich sehr wohl mit der sorg-
fältigen Charakteristik vom Scheitel bis zur
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Triestiner Adolfo Levier (s. Abb. S. 404) deut-
lich seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort, Paris,
das des Boldini und des Lucien Simon, kund-
gibt. Die Krakauer Josef von Mehoffer und
Theodor Axentowicz vermeiden geflissent-
lich die Bezeichnung „Porträt"; da heißt es
„Harmonisches Problem" oder „Saxe, Meißner
Porzellan", der „Studienkopf" (s. Abb. S. 406)
wäre demgemäß als „Zigeunerrassige Farben-
flecke" zu betiteln. In der ländlichen Stille
Oberösterreichs reift ein Talent, das man heuer
zum erstenmal begrüßt: nach seinem Selbst-
bildnis zu urteilen, scheint F. M. Zerlacher
den Spuren Leibis folgen zu wollen. Die
tüchtigen Arbeiten der Damen Marie Magyar,
Angela Adler (Concarneau) und Friederike
von Koch (Graz) sollen nicht unerwähnt bleiben.
Einem seltsamen Einfall gab Ernst Stöhr
mit seinem „Porträt" nach, als er eine schöne
Weiblichkeit hüllenlos in der herkömmlichen
Porträtpose, lässig sitzend, in einer Stellung,
die im Hintergrund des Bildes auch eine an-
gezogene Gliederpuppe zeigt, darstellte. Der
Gedanke an irgend einesatirischeNebenabsicht
drängt sich unwillkürlich auf, beeinträchtigt
aber die zeichnerisch vorzügliche Leistung
weniger, als es durch das mit befremdenden
Farbenstimmungen experimentierende Kolorit
geschieht. Ohne Klügeln hat Rudolf Bacher
sich aus Straßenbegegnungen seine Modelle
geholt und danach drei Herrenporträts ge-
schaffen (s. Abb. S. 408), deren jedes einen
anderen Typus wiedergibt. Die Größe der Auf-
fassung, das, was man „dekorativ" zu nennen
liebt, vereint sich sehr wohl mit der sorg-
fältigen Charakteristik vom Scheitel bis zur
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