gerungen immer wachsende Bedeutung erlangt
haben, ist es auch bei uns Sitte geworden, daß
wirkliche Sachverständige für die Anfertigung
der Kataloge herangezogen werden. Das muß
in Zukunft Pflicht werden, der Versteigerer muß
haften für die Angaben und deshalb sollten, wie
in Frankreich, vereidete Sachverständige dafür
angestellt werden. Diese müssen bei jeder Ver-
steigerung anwesend sein, müssen bei der Stei-
gerung jedes Kunstwerkes den etwaigen Tax-
wert desselben ausrufen (falls er nicht schon
im Katalog angegeben werden soll) und haben
für die Auskunft zu sorgen, die das Publikum
wünscht. Man wendet dagegen ein, daß auch
in Paris diese Einrichtungen nicht vor Miß-
bräuchen geschützt haben; diese haben sich
aber erst unter der schlaudrigen Wirtschaft der
letzten Jahrzehnte eingeschlichen, seit napoleo-
nischer Zeit hat die große Blüte des Kunst-
auktionswesens in Frankreich auf diesen Ex-
perten beruht. Auch der Einwand, daß sie bei
uns nicht zu finden wären, ist hinfällig, haben
wir doch Hunderte von Kunsthistorikern, von
denen eine beträchtliche Zahl keine oder höchst
untergeordnete Stellungen haben. Man braucht
keineswegs Experten für jede Spezialität; auch
in Paris ziehen diese, wenn sie sich in etwas
wenig auskennen, besondere Kenner heran, und
wenn sie dann noch zweifelhaft sind, helfen sie
sich im Katalog mit Bestimmungen wie „at-
tribue a“, „Ecole de“ usf. Durch diese Exper-
ten werden auch die unverantwortlichen Mak-
ler überflüssig, die jetzt durch ihre Auskünfte
über die einzelnen Kunstwerke das Publikum
nur irreführen und es zu unsinnigen Preisen
verführen. Man sagt: mundus vult decipi, ergo
— aber diese Schwindelpreise, zu denen jetzt
oft die törichtesten, kunstlosesten Sachen hin-
aufgetrieben werden, sind keineswegs bloß der
Schaden des einzelnen, sie treffen die Gesamt-
heit, treffen auch die öffentlichen Sammlungen,
da sie die Preise immer weiter hinauftreiben und
da die Händler und die Besitzer von Kunst-
werken sich bei ihren Forderungen darauf be-
ziehen.
Selbst wenn man den deutschen Kunsthan-
del für das Institut der Experten noch nicht
für reif oder die Zahl der für den Kunsthandel
in Deutschland wichtigen Orte gegenüber dem
einen Paris für zu große halten sollte (außer
Berlin und München kommen noch Leipzig,
Frankfurt, Köln und Stuttgart in Betracht),
müßte doch auf der Trennung von Kunsthandel
und Kunstauktion bestanden werden. Die Ver-
suchung, daß der Auktionator seine Auktionen
für seinen eigenen Kunsthandel ausnützt, in
seinen Versteigerungen auch für sich kauft und
verkauft, daß er die Preise steigert im Interesse
seiner eigenen Ware, daß er ganze Sammlungen
aufkauft und dann bei sich versteigert: diese und
ähnliche üble Mißbräuche, die selbst bei den
größten Auktionshäusern des Auslandes, wo
das Verbot nicht existierte, gelegentlich einge-
rissen waren, sind der Ruin eines gesunden Auk-
tionswesen und wirken unheilvoll auf den ganzen
Kunsthandel. Eine starke Beschränkung der
Kunstauktionshäuser, welche die Folge sein
würde, wäre auch keineswegs vom Übel, da bei
dem leider rasch schwindenden Privatbesitz an
Kunstwerken die Auktionen bald einen starken
Rückgang aufweisen müssen.
Bei einer Neuordnung des Auktionswesens
wird jedoch alle Rücksicht darauf genommen
werden müssen, daß die Auktionshäuser da-
durch nicht zu stark geschädigt werden; sonst
tun sich — wie dies in London und Paris vor
etwa zwanzig Jahren eine Zeitlang der Fall
war — die kaufkräftigsten Kunsthandlungen
auch bei uns zusammen, um die wertvollen
Sammlungen aufzukaufen und dann im Handel
zu vertreiben. Dadurch muß aber, neben allen
anderen Nachteilen, der Maßstab für die Markt-
preise, die ja am besten durch die Auktionen
reguliert werden, bedenklich unsicher werden.
Man hat den Plan einer revidierten Auktions-
ordnung dadurch kurzerhand abzutun gedacht,
daß man ihn mit unseren jetzigen Lebensmittel-
verordnungen verglichen hat; Schleichwege
würden sich auch hier genügend bieten, und
gerade der Kunsthandel sei besonders gewit-
zigt, Lücken und Umgehungen zu entdecken.
Dann soll man ihm dies doch wenigstens mög-
lichst erschweren, indem man in der Verordnung
Vorsorge dagegen zu treffen sucht und die Aus-
führung durch wirklich Berufene überwachen
läßt. Daß dadurch allein die Sanierung der
durch den Krieg, die ungünstige deutsche Va-
luta, die Kriegsgewinnler und die Absperrung von
den großen Kunstmärkten völlig auf den Kopf
gestellten Verhältnisse im deutschen Kunsthan-
del nicht herbeigeführt werden kann, ist freilich
richtig, aber eine solche Maßregel kann doch
dazu mit beitragen, uns bessere Zustände für
die Zeit des Friedens vorzubereiten.
Wilhelm von Bode
56
haben, ist es auch bei uns Sitte geworden, daß
wirkliche Sachverständige für die Anfertigung
der Kataloge herangezogen werden. Das muß
in Zukunft Pflicht werden, der Versteigerer muß
haften für die Angaben und deshalb sollten, wie
in Frankreich, vereidete Sachverständige dafür
angestellt werden. Diese müssen bei jeder Ver-
steigerung anwesend sein, müssen bei der Stei-
gerung jedes Kunstwerkes den etwaigen Tax-
wert desselben ausrufen (falls er nicht schon
im Katalog angegeben werden soll) und haben
für die Auskunft zu sorgen, die das Publikum
wünscht. Man wendet dagegen ein, daß auch
in Paris diese Einrichtungen nicht vor Miß-
bräuchen geschützt haben; diese haben sich
aber erst unter der schlaudrigen Wirtschaft der
letzten Jahrzehnte eingeschlichen, seit napoleo-
nischer Zeit hat die große Blüte des Kunst-
auktionswesens in Frankreich auf diesen Ex-
perten beruht. Auch der Einwand, daß sie bei
uns nicht zu finden wären, ist hinfällig, haben
wir doch Hunderte von Kunsthistorikern, von
denen eine beträchtliche Zahl keine oder höchst
untergeordnete Stellungen haben. Man braucht
keineswegs Experten für jede Spezialität; auch
in Paris ziehen diese, wenn sie sich in etwas
wenig auskennen, besondere Kenner heran, und
wenn sie dann noch zweifelhaft sind, helfen sie
sich im Katalog mit Bestimmungen wie „at-
tribue a“, „Ecole de“ usf. Durch diese Exper-
ten werden auch die unverantwortlichen Mak-
ler überflüssig, die jetzt durch ihre Auskünfte
über die einzelnen Kunstwerke das Publikum
nur irreführen und es zu unsinnigen Preisen
verführen. Man sagt: mundus vult decipi, ergo
— aber diese Schwindelpreise, zu denen jetzt
oft die törichtesten, kunstlosesten Sachen hin-
aufgetrieben werden, sind keineswegs bloß der
Schaden des einzelnen, sie treffen die Gesamt-
heit, treffen auch die öffentlichen Sammlungen,
da sie die Preise immer weiter hinauftreiben und
da die Händler und die Besitzer von Kunst-
werken sich bei ihren Forderungen darauf be-
ziehen.
Selbst wenn man den deutschen Kunsthan-
del für das Institut der Experten noch nicht
für reif oder die Zahl der für den Kunsthandel
in Deutschland wichtigen Orte gegenüber dem
einen Paris für zu große halten sollte (außer
Berlin und München kommen noch Leipzig,
Frankfurt, Köln und Stuttgart in Betracht),
müßte doch auf der Trennung von Kunsthandel
und Kunstauktion bestanden werden. Die Ver-
suchung, daß der Auktionator seine Auktionen
für seinen eigenen Kunsthandel ausnützt, in
seinen Versteigerungen auch für sich kauft und
verkauft, daß er die Preise steigert im Interesse
seiner eigenen Ware, daß er ganze Sammlungen
aufkauft und dann bei sich versteigert: diese und
ähnliche üble Mißbräuche, die selbst bei den
größten Auktionshäusern des Auslandes, wo
das Verbot nicht existierte, gelegentlich einge-
rissen waren, sind der Ruin eines gesunden Auk-
tionswesen und wirken unheilvoll auf den ganzen
Kunsthandel. Eine starke Beschränkung der
Kunstauktionshäuser, welche die Folge sein
würde, wäre auch keineswegs vom Übel, da bei
dem leider rasch schwindenden Privatbesitz an
Kunstwerken die Auktionen bald einen starken
Rückgang aufweisen müssen.
Bei einer Neuordnung des Auktionswesens
wird jedoch alle Rücksicht darauf genommen
werden müssen, daß die Auktionshäuser da-
durch nicht zu stark geschädigt werden; sonst
tun sich — wie dies in London und Paris vor
etwa zwanzig Jahren eine Zeitlang der Fall
war — die kaufkräftigsten Kunsthandlungen
auch bei uns zusammen, um die wertvollen
Sammlungen aufzukaufen und dann im Handel
zu vertreiben. Dadurch muß aber, neben allen
anderen Nachteilen, der Maßstab für die Markt-
preise, die ja am besten durch die Auktionen
reguliert werden, bedenklich unsicher werden.
Man hat den Plan einer revidierten Auktions-
ordnung dadurch kurzerhand abzutun gedacht,
daß man ihn mit unseren jetzigen Lebensmittel-
verordnungen verglichen hat; Schleichwege
würden sich auch hier genügend bieten, und
gerade der Kunsthandel sei besonders gewit-
zigt, Lücken und Umgehungen zu entdecken.
Dann soll man ihm dies doch wenigstens mög-
lichst erschweren, indem man in der Verordnung
Vorsorge dagegen zu treffen sucht und die Aus-
führung durch wirklich Berufene überwachen
läßt. Daß dadurch allein die Sanierung der
durch den Krieg, die ungünstige deutsche Va-
luta, die Kriegsgewinnler und die Absperrung von
den großen Kunstmärkten völlig auf den Kopf
gestellten Verhältnisse im deutschen Kunsthan-
del nicht herbeigeführt werden kann, ist freilich
richtig, aber eine solche Maßregel kann doch
dazu mit beitragen, uns bessere Zustände für
die Zeit des Friedens vorzubereiten.
Wilhelm von Bode
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