jod, Renan, Taine u. a. sind mit diesem Attri-
but, das hysterischer Haß in diesem Kriege ge-
prägt hat, bedacht worden. Durch diese Ver-
leugnung aller Elemente, die im Sinne Pascals
oder Fichtes die Heiligkeit des Gelehrtenberufes
ausmachten, durch unverblümte Verneinung
von Wahrheit und Gerechtigkeit, hat die fran-
zösische Wissenschaft und die französische
Kultur heute ein Gesicht erhalten, das zu
einem Idealbilde herangeschminkt worden
ist. Jedoch um diesem Idealbild Dauer zu ver-
leihen, würde es erforderlich gewesen sein, daß
die Zensur noch wachsamer wäre, als sie es
bisher war. Sie hätte nicht gestatten dürfen,
daß im dritten Kriegsjahre in Paris drei Bücher
auf den Markt kamen, die das mühsam kon-
struierte Idealbild wieder zerstören, wie es
Peladan, Gautherot und Paul Leon durch kühle
Aufreihung historischer Tatsachen getan haben.
Diese aber sprechen durchaus nicht immer für
ein verständnisvolles und aufbauendes Kunst-
gefühl in Frankreich, sondern für ebenso
starke Zerstörungstendenzen, für Nachlässigkeit
und Vandalismus.
Das umfangreichste und gehaltvollste Buch
stammt aus der Feder von Paul Leon, dem
Freunde des radikalsozialistischen Unterstaats-
sekretärs Dujardin-Beaumetz, unter dem er
io Jahre lang die Architekturpflege leitete. Sein
Werk betitelt sich: „Les monuments histo-
riques, Conservation, restauration“ und ist im
Verlage von Henri Laurens in Paris mit 268 Ab-
bildungen nach französischen Baudenkmälern
erschienen. Im ersten Teil des Buches werden
die Ursprünge der französischen Denkmals-
pflege, im zweiten Teil ihre Organisation und im
dritten Teil ihre Tätigkeit dargelegt. Die Arbeit
gründet sich auf reiches Aktenmaterial, das
noch niemals so vollständig und übersichtlich
verarbeitet worden ist, und stützt sich auf die
geschichtlichen Tatsachen und historischen
Schriften, die mit ruhiger Sachlichkeit und in
anerkennenswerter Objektivität interpretiert
worden sind. In diesem Ernst der Darstellung
erinnert das Buch an die strenge Redlichkeit
und das sichere Verantwortungsgefühl Coura-
jods. Paul Leon gehört nicht zu denen, die die
gegenwärtige Kulturpolitik mitmachen, die
Gelehrte wie Courajod verfemen und gegen
ihn den fanatischen Nationalisten Fustel de
Coulanges ausspielen, der in seiner „Invasion
germanique“ einseitigen Deutschenhaß entwik-
kelt hat. Leon lobt in gerechter Würdigung Coura-
jods Verdienste (S. 17/36), würdigt den Gedanken-
austausch zwischen Deutschland und Frankreich
auf dem Gebiet der Denkmalspflege und erkennt
die Anregungen an, die Deutsche, z. B. Fiel, gege-
ben haben, der um 1830 in Deutschland studierte.
Er reiht zunächst in sachlicher Folge die
Pläne und Taten der französischen Denkmal-
fürsorge auf, die im Laufe des 19. Jahrhunderts
die Bewunderung des In- und Auslandes her-
vorriefen : Die Errichtung von Museen und
Privatsammlungen, Inventarisierung der Kunst-
denkmale, der Schutz und die Pflege der Kirchen.
Hierin wurde besonders im Anfang des vorigen
Jahrhunderts Bedeutendes geleistet. Schon
vor vielen Jahren, als bei uns noch vieles im
argen lag, hat Paul Clemen in einer besonde-
ren Schrift auf die rühmenswerten Taten des
„Service des monuments historiques“ hingewie-
sen, der unter der Julimonarchie ins Leben
gerufen wurde. Der Sinn für die mittelalter-
lichen Baudenkmäler Frankreichs wurde nach
1830 durch eine neukatholische Bewegung und
durch die Romantik gefördert. Einerseits haben
die Führer des neuerwachenden Katholizismus
Jouffray Azanam, Lacordaire, Guizot und Men-
talembert die Geistlichkeit und die gebildeten
Kreise von neuem auf die Schönheit der Kathe-
dralen und Landkirchen hingewiesen, anderer-
seits haben Victor Hugo durch seinen Roman
Notre Dame de Paris und Prosper Merimee in
seinen historischen und literarischen Studien
das Verständnis und die Liebe für die franzö-
sischen Baudenkmäler in breiteren Kreisen des
Volkes erweckt.
Nachdem Guizot Minister geworden war, er-
nannte er am 21. Oktober 1830 Ludwig Vitet zum
„Inspecteur des monuments historiques“. Vitet
sammelte einen Kreis hervorragender Männer
um sich, die ihn in seinen Denkmalsschutzbe-
strebungen unterstützen, und hat bis 1848 in
der Fürsorge der kirchlichen, königlichen und
bürgerlichen Bauten eine führende Rolle ge-
spielt. Auf seine Veranlassung schlug Guizot
1833 dem König die Inventarisierung der un-
veröffentlichten Dokumente zur Geschichte
Frankreichs vor; er gründete 1835 das „Comite
des monuments inedits de la litterature, de la
Philosophie, des Sciences et des arts consideres
dans leurs rapports avec l’histoire geniale de la
France“ und wandte dem Denkmälerinventar sein
Hauptinteresse zu. „Die Kunstgeschichte“ schrieb
er, „ist nicht in Büchern niedergelegt, sondern
steht in den Denkmälern vor uns.“ 1837 rief er das
„Comite des Arts et Monuments“ ins Leben,
das im Laufe der Jahrzehnte mehrfach seinen
Titel geändert hat, aber von Anbeginn an seine
Hauptaufgabe in der Inventarisierung der
Kunstdenkmäler Frankreichs erblickte. Aber
schon damals ging der Plan nicht recht vor-
wärts. Es dauerte eine Weile, bis die Inven-
tarisierungsarbeiten in Angriff genommen wer-
den konnten, da erstens die 1835 bewilligten
120000 Francs für Vorarbeiten verbraucht waren
248
but, das hysterischer Haß in diesem Kriege ge-
prägt hat, bedacht worden. Durch diese Ver-
leugnung aller Elemente, die im Sinne Pascals
oder Fichtes die Heiligkeit des Gelehrtenberufes
ausmachten, durch unverblümte Verneinung
von Wahrheit und Gerechtigkeit, hat die fran-
zösische Wissenschaft und die französische
Kultur heute ein Gesicht erhalten, das zu
einem Idealbilde herangeschminkt worden
ist. Jedoch um diesem Idealbild Dauer zu ver-
leihen, würde es erforderlich gewesen sein, daß
die Zensur noch wachsamer wäre, als sie es
bisher war. Sie hätte nicht gestatten dürfen,
daß im dritten Kriegsjahre in Paris drei Bücher
auf den Markt kamen, die das mühsam kon-
struierte Idealbild wieder zerstören, wie es
Peladan, Gautherot und Paul Leon durch kühle
Aufreihung historischer Tatsachen getan haben.
Diese aber sprechen durchaus nicht immer für
ein verständnisvolles und aufbauendes Kunst-
gefühl in Frankreich, sondern für ebenso
starke Zerstörungstendenzen, für Nachlässigkeit
und Vandalismus.
Das umfangreichste und gehaltvollste Buch
stammt aus der Feder von Paul Leon, dem
Freunde des radikalsozialistischen Unterstaats-
sekretärs Dujardin-Beaumetz, unter dem er
io Jahre lang die Architekturpflege leitete. Sein
Werk betitelt sich: „Les monuments histo-
riques, Conservation, restauration“ und ist im
Verlage von Henri Laurens in Paris mit 268 Ab-
bildungen nach französischen Baudenkmälern
erschienen. Im ersten Teil des Buches werden
die Ursprünge der französischen Denkmals-
pflege, im zweiten Teil ihre Organisation und im
dritten Teil ihre Tätigkeit dargelegt. Die Arbeit
gründet sich auf reiches Aktenmaterial, das
noch niemals so vollständig und übersichtlich
verarbeitet worden ist, und stützt sich auf die
geschichtlichen Tatsachen und historischen
Schriften, die mit ruhiger Sachlichkeit und in
anerkennenswerter Objektivität interpretiert
worden sind. In diesem Ernst der Darstellung
erinnert das Buch an die strenge Redlichkeit
und das sichere Verantwortungsgefühl Coura-
jods. Paul Leon gehört nicht zu denen, die die
gegenwärtige Kulturpolitik mitmachen, die
Gelehrte wie Courajod verfemen und gegen
ihn den fanatischen Nationalisten Fustel de
Coulanges ausspielen, der in seiner „Invasion
germanique“ einseitigen Deutschenhaß entwik-
kelt hat. Leon lobt in gerechter Würdigung Coura-
jods Verdienste (S. 17/36), würdigt den Gedanken-
austausch zwischen Deutschland und Frankreich
auf dem Gebiet der Denkmalspflege und erkennt
die Anregungen an, die Deutsche, z. B. Fiel, gege-
ben haben, der um 1830 in Deutschland studierte.
Er reiht zunächst in sachlicher Folge die
Pläne und Taten der französischen Denkmal-
fürsorge auf, die im Laufe des 19. Jahrhunderts
die Bewunderung des In- und Auslandes her-
vorriefen : Die Errichtung von Museen und
Privatsammlungen, Inventarisierung der Kunst-
denkmale, der Schutz und die Pflege der Kirchen.
Hierin wurde besonders im Anfang des vorigen
Jahrhunderts Bedeutendes geleistet. Schon
vor vielen Jahren, als bei uns noch vieles im
argen lag, hat Paul Clemen in einer besonde-
ren Schrift auf die rühmenswerten Taten des
„Service des monuments historiques“ hingewie-
sen, der unter der Julimonarchie ins Leben
gerufen wurde. Der Sinn für die mittelalter-
lichen Baudenkmäler Frankreichs wurde nach
1830 durch eine neukatholische Bewegung und
durch die Romantik gefördert. Einerseits haben
die Führer des neuerwachenden Katholizismus
Jouffray Azanam, Lacordaire, Guizot und Men-
talembert die Geistlichkeit und die gebildeten
Kreise von neuem auf die Schönheit der Kathe-
dralen und Landkirchen hingewiesen, anderer-
seits haben Victor Hugo durch seinen Roman
Notre Dame de Paris und Prosper Merimee in
seinen historischen und literarischen Studien
das Verständnis und die Liebe für die franzö-
sischen Baudenkmäler in breiteren Kreisen des
Volkes erweckt.
Nachdem Guizot Minister geworden war, er-
nannte er am 21. Oktober 1830 Ludwig Vitet zum
„Inspecteur des monuments historiques“. Vitet
sammelte einen Kreis hervorragender Männer
um sich, die ihn in seinen Denkmalsschutzbe-
strebungen unterstützen, und hat bis 1848 in
der Fürsorge der kirchlichen, königlichen und
bürgerlichen Bauten eine führende Rolle ge-
spielt. Auf seine Veranlassung schlug Guizot
1833 dem König die Inventarisierung der un-
veröffentlichten Dokumente zur Geschichte
Frankreichs vor; er gründete 1835 das „Comite
des monuments inedits de la litterature, de la
Philosophie, des Sciences et des arts consideres
dans leurs rapports avec l’histoire geniale de la
France“ und wandte dem Denkmälerinventar sein
Hauptinteresse zu. „Die Kunstgeschichte“ schrieb
er, „ist nicht in Büchern niedergelegt, sondern
steht in den Denkmälern vor uns.“ 1837 rief er das
„Comite des Arts et Monuments“ ins Leben,
das im Laufe der Jahrzehnte mehrfach seinen
Titel geändert hat, aber von Anbeginn an seine
Hauptaufgabe in der Inventarisierung der
Kunstdenkmäler Frankreichs erblickte. Aber
schon damals ging der Plan nicht recht vor-
wärts. Es dauerte eine Weile, bis die Inven-
tarisierungsarbeiten in Angriff genommen wer-
den konnten, da erstens die 1835 bewilligten
120000 Francs für Vorarbeiten verbraucht waren
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