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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 25.1876

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Berichterstattung über die im Jahre 1876 stattfindende 25jährige Jubiläumsfeier des Münchener Kunstgewerbe-Vereins
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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Renaissance-Interieurs der Schweiz, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7031#0007
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Se. Majestät hatte die Gnade, unsere Bitte in huldvollster
Weise zu erfüllen, indem er nicht allein das Protektorat der
Ausstellung übernahm, sondern auch damit eine Summe von
10,000 fl. als Beitrag zur Durchführung der Ausstellung dem
Vereine allergnädigst zuweisen ließ.

Gerade die Kosten des Unternehmens machten uns viele
Sorgen; unser winziges Vereinsvermögen kam nicht in Be-
tracht; wir haben zwar durch die Eintrittsgelder Einnahmen zu
erwarten, allein wer steht uns dafür, daß nicht wieder traurige
Zeiten Hereinbrechen und unsere Voraussetzungen vernichtet
werden?

Weder die Stadt München noch die bayer. Staatsregie-
rnng stand hinter uns,- wir allein sollten es unternehmen, diese
Kosten oder schlimmsten Falls die Verluste zu decken; das über- .
stieg unsere Kräfte, das konnten wir nicht wagen.

Wieder wendeten wir uns an die Großherzigkeit unserer
Mitbürger, welche die erhebendste kaum schon dagewesene Opfer-
witligkeit mauifestirten.

Unser Magistrat hat eine Garantie von 10,000 ft. — be-
willigt, die k. Staatsregieruug 20,000 fl. hierfür in das Fi-
nauzbudget eingesetzt, an deren Bewilligung durch die Kammern
wohl nicht zu zweifeln sein dürfte. — Dann wendeten wir uns
an Münchens Bürger selbst und erhielten in kürzester Zeit eine
Garantiesumme von 107,000 fl. gezeichnet.

Nach solchem Ergebniß — meine Herren! — sagten wir
uns: das Werk muß gelingen, wenn es von solchem Edelmnthe
und Vertrauen getragen wird. Dies; Gefühl hat uns begeistert
und ermuthigt, nunmehr kühn voranzugehen.

Wir haben unsere Einladungen au alle deutsche Fürsten,
an 200 Städte, an die Bischöfe, Akademien, Vereine, an her-
vorragende eiugetne Industrielle und Künstler gerichtet, haben
überall angeklopft, man möge uns die Schätze, von denen wir
wußten, anvertranen und überall fanden wir willig Gehör.Z

Se. Majestät Kaiser Wilhelm befahl Seinem Kultus- und
Handels-Ministerium Alles aufznbieten, uns zu unterstützen.

Es bildete sich in Folge dessen in Berlin ein Centralcomite,
welches uns bei den Gesammtprovinzen Preußens vertritt.

In Oesterreich wurde das österreichische Museum für Kunst
und Industrie beauftragt, ein ähnliches Comite zu gründen,
und die Thätigkeit, welche sich dort entwickelt, berechtigt zu
großen Erwartungen.

Wenn ich recht berichtet bin, hat Se. Majestät der Kaiser
von Oesterreich eine große Summe dem dortigen Centralcomite
für beregten Zweck bewilligt, und gleichzeitig verfügt, daß alle
jene kunstgewerblichen Produkte, welche im Allerhöchsten Aufträge
Sr. Majestät seit 25 Jahren geschaffen wurden, zur Ausstellung
nach München kommen sollen.

Vom Großherzog von Sachsen-Weimar, vom Herzog von
Sachsen-Coburg, von Dessau, sowie von einzelnen Fürsten,
wurden für unsere Ausstellung kostbare Gegenstände älterer
Meister zugesichert.

Noch in den letzten Tagen kam uns die Nachricht zu — wir
könnten für unsere Ausstellung mit Sicherheit auf hervorragende
Schätze aus der königlichen Schatzkammer in dem grünen Gewölbe zu
Dresden zählen.

Im Laufe des vergangenen Sommers hatte man in Dres-
den eine Ausstellung älterer Kunstindnstrie-Produkte veranstaltet,
und es gelang den dortigen Männern nicht, die gewünschten
Objecte aus diesem Schatze zu erhalten, was uns einen Begriff
davon geben kann, wie hoch wir dieses Vertrauen zu würdigen
haben.

Was uns bis jetzt von neuen Produkten bekannt wurde,
ist noch nicht erschöpfend, weil wir den Anmeldetermin bis zum
15. Februar ausgedehnt haben; in Wien allein sind bis jetzt
schon gegen 500 Anmeldungen erfolgt.

In Berlin herrscht große Thätigkeit, nicht minder in Wei-
mar, Dresden — in Stuttgart, ganz besonders sind es die

Schwaben, welche unter ihrem gewandten Führer Steinbeis
eine außerordentliche Thätigkeit entwickeln. —

Nur von 2 Ländern muß ich über geringe Theilnahme be-
richten. Das eine ist die Schweiz, welche uns offen gesagt,
ihre Kunstindustrie sei noch nicht stark genug zu solchem Wett-
streit. —

Das zweite ist Elsaß - Lothringen. Unsere Einladungen
wurden zum großen Theil dahin erwidert, daß man auf der-
artige Wettkämpfe nicht eingehen wolle. Was mit anderen
Worten dahin zu deuten wäre — sie können sich mit dem Ge-
danken — zu Deutschland zu gehören — noch nicht vertraut
machen.

Und nun, meine Herren, lassen Sie mich Umschau halten
im engeren Vaterlande. Wohl zeigt sich auch bei uns aller-
wärts eine erfreuliche Rührigkeit und gar manche werthvolle
Produkte einheimischer Kunst und Kunstindnstrie sind bereits
zur Anmeldung gelangt. Aber doch, wenn ich bedenke, daß wir
es sind, die wir uns an die Spitze dieses großen Unternehmens
gestellt haben, wenn ich bedenke, daß wir voranleuchten sollen
im Wettkampfe, dann dünkt es mich fast, als müßten noch Viele
gewonnen werden, um uns erfolgreich dieser Hoffnung hingebeu
zu können. Setzen wir alle Hebel an, um jene Stellung zu be-
haupten, die Bayerns Kunst und Kunstindnstrie von jeher ein-
genommen. Ich meine, besonders wir Münchner sind dieß un-
serer Vaterstadt schuldig. Dic Geschichte unserer Münchner
Kunst und Kunstindustrie sagt uns, wie sie zu allen Zeiten
hier geblüht. Sehen Sie die Residenz, wie viel des Schönen
aus früheren Jahrhunderten entfaltet sich vor.Ihren Augen? —
Wir sind es unseren Vätern, unseren Kindern schuldig, zu zeigen,
daß wir auch jetzt noch etwas Tüchtiges zu leisten vermögen. —
Und nun lassen Sie mich die Bitte an Sie richten: — Suchen
Sie die Begeisterung für die Idee unter unseren Künstlern und
Industriellen rege zu halten, den Ruf, den wir in der Kunst
unbestritten haben, auch für die Kunstindnstrie zur Geltung zu
bringen! So erreichen wir einen Gewinn, welcher der größten
Opfer werth ist. Wir werden mit unseren kunstindustriellen
Produkten den Weltmarkt gewinnen und nicht mehr auf blos
lokales Bedürfnis; angewiesen fein.

Wirken Sie alle mit und Gott wird seinen Segen zu un-
seren Bemühungen geben! —

Renaissance-Interieurs der Schwei;.

Von

H. S. t>. Berlepsch.

Die Schweiz enthält noch heute, nachdem bereits Wagen-
ladungen alter Kunstschätze über die Gränzen hinaus nach aller
Herren Länder verschachert worden sind, schöne Renaissance-
Denkmäler, zumal prächtig decorirte Jnnenräume, die bis
dato noch nirgends eine ausführlichere Besprechung erfuhren,
zum Theile, weil sie meistens weit ab von der Heerstraße liegen
und die meisten Fremden ja nicht mit der Absicht und dem
Glauben in das Bergland kommen, Kunstschätze zu finden. Auch
sind es vorzüglich die Gegenden des Mittelberglandes, die diese
Ueberreste alten Glanzes enthalten; vereinzelte Beispiele finden
sich auch in Bergthälern, zumal in den Hauptorten der Ge-
birgscantone, wo noch heute die alten adeligen Familien die
gleiche Rolle spielen wie vor Zeiten.

Die meisten der Räume, von denen hier zu sprechen sein
wird, datiren aus dem Ende des 16. und ans dem 17. Jahr-
hundert, der Zeit, da die Schweiz durch ihre glücklichen Kriege
nach außen hin bereits eine feste politische Gestaltung hatte.
Die Schweizer waren damals in aller Potentaten Armeen zu
finden, und manch einer stieg ans zu hohen Aemtern und Würdest;
leiteten ja doch die Regierungen der einzelnen Cantone selbst das
Werbegeschäft und erhielten dafür von allen Seiten Subsidien,
— die im Falle des Ausbleibens selbst Grund zu reformatori-
 
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