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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. [1.].1873/​75

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Fünftes und sechstes Heft (1875)
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Praktische Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26636#0108
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umlaufende Jnschrift: Luutss clooets oiuu68 A6nt68 baptir:uuts8
608 6to. und ohne das Folgende. Das Ganze nämlich mit den aus-
füllenden Verzierungen in kleineren Kreissegmenten wird abgeschlossen
im Achteck durch einen bunten Ornamentenfries auf gedämpft zinnober-
rothem Grunde, der wieder auf beiden Seiten von zwei grünen
Streifen eingefaßt wird. Die vom Achteck übrig bleibenden vier drei-
eckigen Zwickel werden von den vollständigen Gestalten,der vier Evange-
listen eingenommen, welche schwebend, mit der einen Hand ein Buch
haltend, mit der anderen predigend, dargestellt sind, — wieder auf
tiefblauem, in oben bezeichneter Weise von Grün eingefaßtem Grunde.
Lukas trägt ein weißes Untergewaud mit bläulichen Schatten und
einen hellrothen Mantel, dessen Unterseite warmgrün erscheint. Markus
hat ein hellroth und weißes Untergewand, den Mantel hellgrün, die
Unterseite desselben rothviolettgrau. Johannes hat ein weißes Unter-
gewand mit violetten Schatten, ein hellgrünes Obergewand mit oliven-
farbiger Kehrseite. Matthäus trägt ein weißes Unterkleid und gelbes
Obergewand mit violettrother Unterseite. Ueber den vier Evangelisten
erblickt nian die Anfänge der vier Evangelien in weißen Majuskel-
Buchstaben auf rothem Grunde.

Wir gelangen nun zum Chore. Die slache Balkendecke desselben
ist nicht wie im Langschiffe in Holztönen, sondern in buntcn Farben
bemalt. Auf einem großen blauen Kreuzraume in der Mitte sind in
Goldbuchstaben die sieben Gaben des heiligen Geistes geschrieben;
strstisirte Taubenfiguren füllen die übrigen Quadrate (jede Taube mit
ausgebreiteten Flügeln, einen Oelzweig im Schnabel) und ein schöner
grüner Ranken- und Blätterfries mit blauen Blumen auf rothem
Grunde umschließt die vier Seiten.

An den beiden Hochwänden des Presbisteriums finden wir die
sechs Hauptscenen aus dem Leben des Heilandes; an der nördlichen
Wand unmittelbar über den beiden Arkadenbogen, welche ins Seiten-
schiff hinausführen, die Verkündigung Mariä, von emem großen
Halbkreise überspannt; die übrig lileibenden Zwickel rechts und links
sind von reichem Blätterornament auf blauem Grunde ausgefüllt.
Darüber erblicken wir die Anbetung des neugeborenen Heilandes
durch die heiligen drei Könige; zu beiden Seiten dieser Gruppe
schweben, durch stylisirte Bäumchen vom Mittelbilde getrennt, zwei Engel
mit Spruchbändern, auf denen die Worte stehen: (lloriu in 6XL6l8i8
Dso, und: Ll in t-srru pux Iioininibu8. Ueber diesem Bilde stehen
zwei Fenster, mit prächtig in Gold und Farben gemalten Laibungen;
zwischen denselben befindet sich das Bild der Kreuzigung des Herrn,
auf blauem, mit Sternen diinn besäetem Grunde. Auf der gegenüber-
liegenden südlichen Wand sehen wir in gleicher Eintheilung unten die
Auferstehung Christi, von Ranken der Passionsblume eingefaßt, und
wieder mit einem Halbkreise überspannt, in den Zwickeln außer dem
Halbkreise der Vogel Phönix und der Löwe mit seinen Jungen als
Symbole der Auferstehung. Darüber breitet sich das Bild der Himmel-
fahrt Christi aus, in der Mitte Maria mit den Aposteln zu beiden
Seiten, oben in einem mandelförmigen Nimbus sieht man die Füße

Praktische fstotizen.

des Heilandes verschwinden; endlich zwischen den beiden oberen Fenstern
das Pfingstsest; in dcr Mitte über Maria ein Medaillon mit segnender
Hand, von welcher sieben Strahlen ausgehen, init je einer Scheibe,
in welcher eine fliegcnde Taube sich befindet.

Hierauf folgt der Gurtbogen vor der großen Chorapsis, in dessen
beiden Winkelsegmenten Engel schweben, welche die Passionswerkzeuge
tragen.

Die Augen fallen nun auf die Chorapsis selbst und crblicken
zunüchst den Heiland als Wellrichter in der Mandorla, an die sich
vier Kreismedaillons mit den vier Symbolen der Evangelien schließen.
Die mandelförmige Einfassung, somie die vier Medaillonseinfassungen
haben noch eine griine Abgrenzung nach innen und changiren dann
nach Außen zu von Roth ins Gelbliche. Auf stylisirten Wolken knieen
auf der Evangelienseite die hl. Maria, auf der Epistelseite der
hl. Johannes der Täufer. Der Weltrichter hat ein bläuliches Ilnter-
gewand und hellrothes Obergemand mit hellgrünem llmschlage; die
Mutter Gottes hat einen kalthellblauen Mantel und ein hellrothes
Kleid; der Täufer einen olivenfarbigen Rock und kalthellgrünen Mantcl.
Der Grund dieser ganzen Concha ist kalthellblau mit goldenen Sternen,
jedoch so, daß der Mantel Maria's noch um einen Stich heller ist.

Darunter nun zwischen den Fenstern uud ihren b'unten Glas-
gemälden (die unteren Fcnster enthalten nur Grisaille-Ornamente)
stehen vier große Engel, welche zum Gcrichte entbieten, wie sich das
aus den darüber ftiegenden Jnschriften ersehen läßt. Der eine Engel,
auf Wolken stehend, stößt in die Tuba, ober ihm der Spruch: lloii
ooronuliitur. nwi gui IsZitinrs osrtuvsrit; ein zweiter mit dem
Lilienzweige hat die lleberschrift: Vsnits, bsnsckieti putri8 insi; ihiü
folgt ein Engel, zürneuden Antlitzes, mit dem rothen Flammenschwerte,
seine Inschrift lautet: öi^osckits a ins inulsckioti; endlich der vierte
mit rother Tuba, eine rothe Schale mit Blut ausgießend, und mit
der Jnschrift: >n1tv8 lloinini 8llp6r luoients^ inulu. Die llnter-
gewänder der Engel sind weiß mit kalthellbläulichen Schatten, die
Mäntel hellroth und hellgrün.

Es folgt nun die schönste Partie der ganzen Ausmalung: die
fünf klugen Jungfranen auf der Evangelienseite, auf der Epistelseite die
fünf thörichten, in der Mitte die rothe, mit filbernen Beschlägen ge-
zierte, geschlossene Thüre. Jene sind als die Haupttugenden characterisirt:
Glaube, Hoffnung, Liebe, Sanftmuth, Klugheit; diese als die ent-
gegengesetzten Laster: llnglaube, Verzweiflung, Haß, Zorn, Thorheit.
Die llnterkleider sind bei allen weiß mit graulichen Schattirungen,
die Oberkleider nnd dann noch die Mäntel in lauter lichten Farben.
Der Grund ist wieder tiesblau. Die Weinblatt- und Rankenornamente
darüber, welche von den Pfosien der Thüre ausgehen, sind meist
grün; bei denselben ist nach obentstn der Grund roth. Aus dem
stylisirten Erdboden sind grüne Blätter und weiße Blumen

Die Bogenselder hierunter, somie die Capitäle der Säulen, welche
sie tragen, enthalten prachtvolle Ornamente auf Goldgrund; in den
mittleren drei Feldern ober den Bögen erblickt man den Pelikau,

-r

Ifsr. 5 uilä 6. 1875.

eine Krone und ein Kreuz. Die Schäfte und Füße der Süulen sind
mit mattfarbigen Wellen-Ornamenten bedeckt.

Der Chorumgang ist folgendermaßen decorirt. Bis zur halben
Höhe der Wände reicht ein herrlich stylisirter Teppich in bunten
Farben, in mandelförmigen Medaillons aufspringende Hirsche vor-
stellend, diese mattgelb auf violettem Grunde; in den Zwischenräumen
PflailzeiimotivL in mattgelber Farbe auf mattgrünem Grunde. Darauf
folgt die Wand, glatt mit einer Farbe, einem kalten, satten Grttn,
bedeckt; in dem Tonnengemölbe, das sich um die Apsis herumzieht,
ist tiefblaue Farbe mit goldenen Sternen, in den fich daran an-
schließenden zwei kleinen Kreuzgewölben ist dieses Blau mit grünen
Bündern eingefaßt, wobei die Gurten farbig verziert sind. Jn den
Conchen der kleineren Apsiden des Chorumganges sind außerdem noch
in Medaillons das Lamm Gottes, Abel mit dem Lamme und Melchisedech
mit Brod und Wein gemalt.

Die Wände der Seitenschiffe siud von den Fenstern abwärts
mit einem Teppich-, eigentlich Fliesen-Muster bedcckt, welches sich aus
lauter Kreuzen zusammensetzt (gemäßigtes Ockergelb auf stumpfem
rothen Grunde), in deren Mitte sich das Monogramm Christi, Alpha
und Omega verschlungen, beftndet. Die Zwischenräume zwischen den-
sclben enthalten einfache Kreuze in Kreisen (kaltes Hellgrün auf
stumpfem Roth, die Ecken gebrochenes Blau). Bei den Abschlüssen
dieses Teppichs nach oben und unten finden sich wieder die Haupt-
farben desselbcn: gemäßigtes Ockergelb mit stumpfem Roth wechselnd.

Von dem Teppiche aufwärts bis zur flachen Holzdecke ist die
Wand mit dem beim Chorumgange schon geschilderten Grün bedeckt,
das mit den warmen Tönen des Teppichs vovtrefflich harmonirt. Die
Holzdecken der Abseiten selbst, sowie die Holzdecke des Langschiffes
sammt den Balken, welche diesetben tragen, und auf diese Weise ein-
theilen, sind mit zwei Holzfarben bemalt, einer helleren und einer
etwas dunkleren, mozu nur Roth als Füllung einiger Eckrüume und
Schwarz für die Einfassungsstriche der Ornamente hinzutritt. Letztere
bestehcn hauptsächlich in überecks gestellten Quadraten, deren Jnneres
von Kreuzen, abwechselnd mit Blattornamenten versehen ist.

Von sümmtlichen Fenstern der Kirche läßt sich bemerken, daß die
nach innen sich erweiternden Nifchen mit bunten romanischen Orna-
menten decorirt sind, in den Abseiten auf gelbem Grunde, im Chore
aber und den Querschiffen auf Goldgrund.

Die Flächen der Querschiffe enthalten nur Flächenmuster, nämlich
gefüllte Quadrate oder Kreise, kaltes Blau auf tieferem Blau, durch
hin und wieder angebrachtes Gold belebt. Alle diese Felder sind
durch schwarze Striche eingefaßt. Darauf kommt ein weißer Strich,
und dann ein breites, kalthellgrünes Band.

Die ganze Btalerei macht einen entschieden erhabenen, feierlichen
Eindruck, sie schließt sich innig der Architektur an, und statt diese
zu erdrücken, hebt sie dieselbe in wohlthuendster Weise; die Figuren
sind in der prachtvollsten Stylisirung gehalten, ferner von den zum
Stile nicht gehörigen Verrenkungen der Glieder und übertriebener

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