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HohlGS M itt@l3.ltsr In der Spätromanik, der Zeit der Staufer, hat Gmünd8 einen frü- P5

hen Höhepunkt erreicht. Vor allem ein Bauwerk dokumentiert *—)
bis heute diesen Aufschwung: die Kirche St. Johannis, eine drei-
schiffige, flachgedeckte und querschifflose Pfeilerbasilika.
Nachfolgende Jahrhunderte glaubten, dieses Gotteshaus
immer wieder verändern und radikale Eingriffe in die Bausub-
stanz vornehmen zu müssen, ausgenommen der Turm. Erzählt
zu den schönsten romanischen Türmen Schwabens. Sein qua-
dratischer Unterbau leitet mit langen Schrägen zum doppelge-
schossigen Oktogon der Glockenstube über und verleiht ihm
so seine schlanke und stolze Silhouette. Hierin künden sich, wie
in den übergreifenden Spitzbogen dergekoppelten Schallarka-
den, frühgotische Erscheinungen an, indessen die Zierde sei-
ner Bauplastik noch völlig der Tradition verpflichtet ist. Beleg
genug sind die Reliefs, die bei der jüngsten durchgreifenden
Renovierung durch Nachbildungen ersetzt, hierher ins Mu-
seum gebracht worden sind.

Man sollte angesichts dieser wenig differenzierten Bildwerke
aufhören, von lombardischer Steinmetzkunst zu sprechen. Hier
wird Dialekt, schwäbischer Dialekt gesprochen und zwar nicht
vom Bildhauer - hier eine zu anspruchsvolle Bezeichnung -,
sondern von Steinmetzen.Trotzdem vermögen derartige hand-
werkliche Leistungen den Blick zu beschäftigen, ja zu fesseln,
denn der Entstehungsprozess ist vor allem bei den Kastenre-
liefs gedanklich unschwer nachvollziehbar. Die Ornamente der
Blattfriese und Flechtwerke haben, von einer planen Oberfläche
der Quader ausgehend, durch die abgestochenen Zwischen-
räume ihre Gestalt gewonnen. Deshalb sind diese Figuren ohne
ihren Grund gar nicht denkbar, wirken Figur und Grund durch
ihre Beziehung und Umrißhaftigkeit insgesamt blockhaft. Auch
die Tiere des Frieses sind auf die nämliche Art herauspräpariert,
doch leiht ihnen der weggeschnittene Rahmen den Charakter
eines Hochreliefs. Hier wird ein Löwe, dessen Bild mit dem
zugewandten Kopf wohl einer Buchmalerei entstammt, von

7 Hunden gestellt. Am Schluß das gesattelte Pferdepaar der
Jäger. Ein Jagdfries also am Kranzgesims des Turmes, ein Bild,
das nach heutigen Anschauungen eher in die Mythen der Früh-
zeit verweist als daß es christliche Heilslehre symbolisiert. Die-
sen Gedanken bestärkt der skulpierte südöstliche Giebelan-

6 satz des Langhauses in der Gestalt eines gnomenhaften
kauernden Männchens, das den ellenlangen Bart zwischen
den Beinen greift.

Die Grenze zur gotischen Kunst markiert eine Zwergsäule der 2.
Hälfte des 12. Jahrhunderts (Sandstein, 99,5 cm). Ihr Würfelka-
pitell ist näher gekennzeichnet durch die hirsauischen „Eckna-
sen". Damit ist eine stilistische und für den Gmünder Raum
mehrfach belegte Verwandtschaft angedeutet. Nicht geklärt ist
der ursprüngliche Standort dieser am Marktplatz ergrabenen 2<>
 
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