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Arbeitsplatz
eines

Goldschmiedes

Hier fehlt sicherlich die Atmosphäre einer Werkstatt. Die saube-
ren Wände und der gepflegte Fußboden, die Aufgeräumtheit
und die Museumsluft lassen diese Stimmung nicht aufkom-
men. Dazuhin vermißt man das Zischen der Lötflamme, die
rhythmischen Punzierschläge und das laute Ärgern des Gold-
schmiedes bei einer mißlungenen Lötung. Aber an Gerätschaf-
ten ist alles da und bereitgelegt, so daß ein Goldschmied von
einer Stunde zur andern tätig werden könnte. Da ist ein dreisitzi-
47 ger Werktisch samt den „Fellen", die der Goldschmied beim
Arbeiten zum Auffangen der Feilung über den Schoß zieht. Am
Feilnagel legt er das Werkstück bei der Bearbeitung auf. An der
kleinen Tischwalze schickt er Bleche durch, um sie zu strecken,
halbrund zu walzen oder eine andere Form zu geben. Für das
Löten sind Lötrohr und Lötkohle (Holzkohle, worauf gelötet
wird), Pinzette und Borax-Schälchen (als Flußmittel) da. Und es
fehlen in Reichweite nicht Säge und Zirkel, Polierfilz und Paste,
Brettbürsten und Feilen. Und schließlich sorgt die Wasserkugel
dafür, daß das Fensterlicht konzentriert auf das Werkstück fällt.
Zwei Vitrinen enthalten weitere Gegenstände, die in der Werk-
statt zur Hand waren und in kaum gewandelter Form bis heute
gebraucht werden: verschiedene Hämmer (der kleinste ist ein
Ziselierhammer), ein „Dreul" (Bohrer), Sägen und Blechschere,
Gravierstichel und anderes. Das Gesenke, von dem allerdings
die Gegenform fehlt, diente der Fertigung von Serienteilen. In
der zweiten Tischvitrine sehen wir drei zierliche Goldwaagen,
wovon eine mit Rocaillemotiven geziert ist, dazuhin mehrere
Gewichtsätze.

Unsere „Werkstatt" hat noch einige größere Ausstattungs-
stücke zu bieten. Ein Fäßchen, in dem die rotierenden Werk-
stücke ihre scharfen Kanten verloren, dann Amboß und Ham-
mer und auch eine Ziehbank. Hier werden Gold- und Silber-
drähte durch die Kegelöffnungen des Zieheisens gezogen und
so auf den gewünschten dünneren Querschnitt gebracht. Eine
Walzenbank dient der Verformung der Bleche. Der Bank
anmontiert ist ein Schraubstock und ein Kordiergerät zum Zwir-
beln von Drähten für die Filigranarbeiten. Die Eisenplatte mit
ihren Vertiefungen und paßförmigen Einsätzen dient dem „Auf-
tiefen" der Bleche bis zur Form der Halbkugel. Und in der Esse
mit ihrem 1872 datierten Blasebalg geschieht nicht nur das
Ausglühen und die Warmverformung, sondern auch das Ein-
schmelzen der Feilung und in den Sudhäfen mit ihrer verdünn-
ten Schwefelsäure das Entfernen der Oxydschicht. In jüngster
Zeit konnte diese Sammlung mit einer um 1900 gebauten
Geradzug-Guillochiermaschine erweitert werden, die von der
Firma Franz jr. gestiftet wurde. Diese Maschine diente der Gra-
vur komplizierter geometrischer Muster auf Metallgegenstän-
den.

Aus derart eingerichteten Werkstätten gingen die Kelche,
 
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