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GoldSChmiödBklinSt Kirchliches Gerät hat Gmünd reichlich zu bieten.28 Der „Mün- I

sterschatz", von starken Eingriffen verschont geblieben, wird als I—
der größte Kirchenschatz des Landes gepriesen. Einige seiner
besten Stücke sind dem Museum als Leihgabe überlassen,
darunter zwei Monstranzen, Schaugefäße für die konsekrierte
Hostie, die hier im Wechsel in einer eigenen Vitrine gezeigt wer-
den.

Das ältere Werk, eine silberne Monstranz aus dem 3. Viertel des
15. Jahrhunderts (98 cm), ist bis in die Einzelheiten hinein von
gotischen Architekturformen geprägt, die als Ornamenten-
schatz und als Verweise auf die Kirche und ihre Symbolik
gebraucht wurden. Man kann den Querschnitt einer dreischiffi-
gen gotischen Basilika herauslesen. In die Nischen und unter
die Baldachine sind etliche Figuren gestellt. Die größten zeigen
beidseits des glasumfangenen Ostensoriums Aaron und
Moses und unter dem Turmbaldachin die Muttergottes.
31 Zeitweise nimmt die Stelle der gotischen Monstranz eine 1,18m
hohe und 40 Mark Silber schwere Sonnenmonstranz der
Barockzeit ein. Zierde und Symbolik lassen sich bei einem
derartigen Schaugefäß kaum reicher denken: Aus Früchten
und Akanthuswedeln, Engelsköpfchen und Evangelistenme-
daillons des ausladenden Fußes hebt sich eine Engelsgestalt
heraus, die mit geöffneten Armen die glänzende Strahlen-
scheibe mit Ostensorium und kreuzförmiger Spitze trägt. Den
züngelnden Flammen der ovalen Strahlenscheibe ist das lok-
kere Gespinst silberner Blattranken vorgeblendet, in die
bewegte Figurenpaare hineinversetzt sind und zwar von unten
nach oben die Diözesanpatrone Ulrich und Afra, zwei Engel mit
Weihrauchgefäßen, Maria und Joseph und schließlich Joachim
und Anna. Über allen beugt sich Gottvater aus einem silbernen
Wolkenfeld hervor, in der Rechten die Weltkugel und in der Lin-
ken einen Anhänger mit einer Riesenperle haltend. Im Ostenso-
rium, dem Kernstück der Monstranz, ist diese Pracht noch
gesteigert durch einen zarten Strahlenkranz und eine herzför-
mige Einfassung mit farbigen Steinen. Darüber die Taube des
heiligen Geistes, unter einem Kronenbaldachin schwebend.
Dieses Prunkstück entstammt der Werkstatt des Augsburger
Goldschmiedes Michael Mayr (Augsburg 11714), dem mehr-
fach Gmünder Aufträge zugegangen sind. Das spricht für die
Resonanz seiner Kunst und im Blick auf andere Augsburger
Arbeiten in Gmünd und Umgebung, ja an vielen Orten Süd-
deutschlands für die insgesamt überragenden Leistungen der
Augsburger Gold- und Silberschmiede vom 16.-18. Jahrhun-
dert. Zugleich relativiert es das Tun der damaligen Gmünder
Goldschmiede. Ihre Stärke und ihr Arbeitsfeld lagen mehr im
Bereich der silbernen Massenproduktion. Einzelne von ihnen
31 Michael, Mayr, waren aber auch durchaus fähig und geübt, vasa sacra in Gold

Sonnenmonstranz, um 1700 und Silber zu arbeiten, so in der Abteilung Volksfrömmigkeit 57
 
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