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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins
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Lhronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

doch glänzende Beispiele hoher Kultur und
Kunst hervorbrachte; der burgundische ksof
ging in Verfeinerung der Lebensgewohn-
heiten allen anderen kföfen voran — koin-
men doch schon (350 Lßgabelu vor, die
sonst erst im (6.Jahrhundert üblich wurden.

Das älteste bedeutsame Kunstdenkmal ist
die Krypta der Kirche S. Benigne
(((. Jahrhundert), wo dieser Apostel Bur-
gunds bestattet ist; aus der Blütezeit der
Stadt rührt die von (33(— (445 er-
baute Notre äaius-Kirche; von einem der
schönsten gotischen Bauwerke, der Grab-
kapelle in der naheliegenden Karthause
Lhampmol, sind nur noch Reste übrig —

Skulpturen von dem vlamen El. Slüter,

Portalfiguren und der sog. Mosesbrunnen,
deren Figuren sich nur mit Merken
Michelangelos vergleichen lassen, von dem
gleichen Meister und seinem Neffen Klaus
von Werve rühren auch die Grabmäler
zweier Herzoge — Philipp des Kühnen
und Johanns ohne Furcht — her, an
denen besonders die 40 Statuetten der
Leidtragenden (40 cm hoch) zur höchsten
Bewunderung zwingen, von der alten
kserzogsburg sind nur noch wenige, in
das heutige Rathaus ((S8( —(725) ein-
bezogene Bauteile übrig; dagegen sind
bedeutsame Merke aus der Renaissance-
zeit übrig — St. Michel, Iustizpalast und
verschiedene Däuser —, die von lftigues
Sambin herrühren, der aus der Gegend
von Dijon stammte, die Schreinerei er-
lernte, ksoch- und Tiefbauten aller Art
ausführte und längere Zeit Schüler Michel-
angelos war, ohne seine Ligenart auszu-
geben.

von Dijon führte der Meg nach
der Provence, dessen Geschichte der Redner
mit wenigen Strichen trefflich charakte-
risierte mit dem tragischen Schluß, daß die
Provence, die (84( an Frankreich kam,
jetzt eine einzige gewaltige Ruine
ist. Avignon, die trotzige Stadt über der
Rhone, die von den dort ((309— 78) resi-
dierenden Päpsten mit gewaltigen Mauern
und üppigen Schloßbauten ausgestattet
wurde, bildete die dritte lhauptstation auf
der in Wort und Lichtbild geschilderten
Wanderung. Die Stadt hatte einst glän-
zende Tage gesehen; aber mit dem Wegzug der päpstlichen
Hofhaltung schwand auch ihre Wohlhabenheit und die Pracht
des von mehreren Päpsten errichteten Schlosses, das Matteo
Giovauetti aus viterbo und Simone Martini aus Siena mit
Fresken geschmückt hatten; und aus den prunkvollen Schloß-
bauten, die (4>( an Frankreich übergeben worden, wurden
schließlich Kaserne und Gefängnis. Staub und Schmutz herr-
schen allenthalben und verschärfen die Gegensätze zwischen einst
und jetzt. Der Vortragende, der mit einem Ausflug nach Taras-
con schloß, verstand es meisterhaft, die landschaftliche und
künstlerische Stimmung des Landes der Troubadoure im
Hörer anzuregen und er krönte seine Ausführungen durch den

Vortrag einiger charakteristischer Proben
provencalischer Dichtungen aus alter und
neuer Zeit.

Elfter Abend — den 3(. Januar —
Vortrag von F. H. Lhmcke über „Künst-
lerische Schrift". Infolge Erkrankung
eines Redners hatte eine Verschiebung im
Programm der wochenversammlungen ein-
treten müffeu, wodurch am z>. Januar
eine Lücke entstand, in die F. H. Lhmcke,
Lehrer an der Düsseldorfer Kunstgewerbe-
schule, trat mit einem! Thema, das er zur
selben Zeit auf Veranlassung der Hand-
werkskammer, hier, in einem Meisterkurs
behandelte. Die ganze Art, wie Lhmcke
den Gegenstand besprach, die Verfolgung
des geschichtlichen Werdegangs der Schrift,
zeigte ihn durchaus als autoritativen Vor-
kämpfer auf diesem Gebiete. Lr schilderte,
wie schwer es für Laien sei, sich ein sicheres
Urteil über die Güte und die Schönheit
einer Schrift zu bilden und stellt dafür als
erste Forderung auf: die Erziehung der
Setzer und der Künstler; dann folge zu-
letzt auch die der Laien. Als Beispiele
für die geschichtliche Entwicklung und zur
Erläuterung der Gestaltungsgesetze führte
er in Lichtbildern griechische, römische,
irische, merovingische und sonstige mittel-
alterliche Schriftproben vor, desgleicheu
nroderne Proben von Larisch, Makintosh,
Eckmann u. a., darunter auch manches
warnende Gegenbeispiel, wie sehr das
Interesse der Zuhörer frisch erhalten wor-
den, bewies deutlich nicht nur der starke
Beifall, den die Worte des Redners ge-
funden, sondern auch der Eifer, der sich
gegenüber den zahlreich ausgestellten Pro-
ben von Ehmckes eigener künstlerischer
Tätigkeit auf dem Gebiet der Schrift be-
merkbar machte.

Die wochenversammlungen finden
erst nach Gstern ihre Fortsetzung und
zwar:

am 25. April: Generalversammlung;
am 2. Mai: Schlußfeier mit Preis-
Verteilung an Lehrlinge.

Das letzte Heft, das dem Andenken von

Rudolf Seitz

gewidmet ist, wurde auf vielseitigen Wunsch in er-
höhter Auslage gedruckt; es kann durch alle Buch-
handlungen oder vom Verlag R. Bldenbourg, München,
zum Preise von M. 2.50 bezogen werden.

475. Bsterkerzenleuchter;
nach Entwurf von Mich. Kurz in
Duranabronze (mit Mahagonischaft)
ausgeführt

von Jakob Rehle, Augsburg.
(V,0 d. wirkt. Größe.)

Veranttv. Red.: Prof. £. Gmelin. — herausgegeben vom Bayer. Aunstgerverbeverein. — Druck und Verlag von R. Gldenbourg, München.
 
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