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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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Westheim, Paul: Dänische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7091#0280

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Dänische Kttnft.

SH5. (Dänische Ausstellung.) Schinucksachen; entworfen und ausgesiihrt von Georg Iensen.
(^/z d. wirkl. Größe.) Phot. Boedecker.

lichen Arbeiten äußert sich dieser kapriziöse Geist
durch manchen kecken Ginfall. Auch hier wird die
Fläche nicht mit tektonischer Strenge aufgeteilt, viel-
mehr mischt er ganz impressionistisch Farbvaleurs.
Die Vorderseite eines Zehnkronenscheins ist eine
dekorative Aomposition von Schwarz und Gelb.
Gin Znstinkt — nicht eine Handwerksregel waltet
und das Gntstandene überrascht durch seinen künst-
lerischen Gsprit. Am weitigsten mag man sich an-
freunden mit den Aköbeln. Hier ist eben Bindesböll
im Gegensatz zu uns nicht über die Gckmannperiode
hinausgekommen. Während unsere Raumkunst der
tektonischen Disziplinierung zustrebte, ist da noch
alles im Ornamentalen stecken geblieben. Die über-
kommene Aonstruktionsform der Acöbel wurde nicht
angetastet; der Schmuck allein sollte den Stücken
die neue Physiognomie geben. Gin Bestreben, das
wir als aussichtslos längst aufgeben mußten. Wahr-
scheinlich hätte Bindesböll, selbst wenn ihn der Tod
nicht vorzeitig dahingerafft, auch später nicht nach
dieser Richtung den entscheidenden Schritt tun können,
denn seine ganze Art war eingestellt auf die Gnt-
faltung ornamentaler Werte. Werte, nach denen ein
aufstrebendes Aleinhandwerk verlangte und für die
es ihm die Hührerrolle übertrug.

Dem Ausland geläufiger sind die Namen
Arnold Arog und I. F. Willumfen, die künst-
lerischen Leiter der Aopenhagener Porzellanindustrie.
Gs ist unnötig, heute noch von dieser keuschen
Delikatesse, dieser schneeigen Zartheit zu sprechen.
Andersens Träume und die Sehnsüchte des Niels
Lyhne scheinen da im Scharffeuer geronnen. Die
dänische Seele, die aus einer weiten und reinen
Natur sich nach den Reizen und Räuschen der fernen
Weltstädte verzehrt, schien — wie von so manchen
geglaubt wurde — sich in ihnen entschleiern zu
wollen. Auf allen Märkten der Welt haben sie
Begeisterung geweckt, und es sieht beinahe so aus,
als ob sie innerlich Schaden genommen hätten bei
dieser wahllosen Zusprache. Denn unter den neueren
Porzellanstücken gibt es Dinge, die das Niveau der
in Thüringen fabrizierten Nachahmungen kaum
noch überragen. Die Königliche Porzellan-
AI an ufakur hat sich wohl am besten gehalten.
Zwar glaubt man auch da sich nicht mehr be-
schränken zu müssen auf jene rassigen Tierfiguren,
inan liebäugelt schon ein wenig mit den Satyren,
den Nymphen und Rosenkränzchen des Rokoko,
allein die Manufaktur hat doch noch einige Per-
sönlichkeiten, die mit Gifer auf eine strenge Form-

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