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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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Lory, Karl: Franz Widnmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.7091#0384

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Franz lvidnmann f.

603. Skizze zu einem Zeitnngskapf (ungefähr halbe Originalgröße).

freilich ist er selber schon verhältnismäßig früh ins
Süddonauland gekommen.

(Widnmanns Vater stammte ans Gichstätt, seine
— übrigens schon früh verstorbene — Mutter aus
Aipfenberg, ebenfalls im Tal des genannten Flusses
gelegen, Pier in Aipfenberg, wo Widnmanns Vater
Gerichtsarzt war, wurde unser Aünstler auch ge-
boren, verhältnismäßig früh aber siedelte die Familie
nach Schrobenhausen über, das ihm so zur zweiten
Vaterstadt wurde; vgl. hierzu uud auch sonst den
Nekrolog im Rechenschaftsbericht (YW des Aunst-
vereins München, Leite fst. Gin ganz besonders
inniges Verhältnis verband ihn stets mit seiner
Stiefmutter, der Schwester der verstorbenen Mutter,
an der er wie an einer leiblichen Mutter hing, die

ihm, dem Junggesellen, später jahrelang den Haus-
halt führte und ihm nur wenige Zahre in: Tode
vorausging. Franz besuchte die deutsche Schule in
Schrobenhausen, die Lateinschule zu Neuburg a. D.,
aus der ja so mancher Treffliche und Berühmte her-
vorgegangen. Dann kam er nach München zur
Vorbereitung auf die Akademie der bildenden Aünste
an die von Prof. Dyck geleitete Zeichnungsschule des
Vereins zur Ausbildung der Gewerbe (jetzige Aunst-
werbefchule) — hier wird später wieder anzuknüpfen
sein.)

Ohne den Unterton süddeutscher, um uicht zu
sagen münchnerischer Gutmütigkeit und Herzlichkeit
hätte Widnmann übrigens manchen: zunächst als
weniger angenehnier Lehrer erscheinen mögen. Mit
Lob z. B. war er karg, und wenn er zu einem
sagte: „Das hätten's aber schon noch besser machen
können", so lag darin eine Anerkennung und bei-
leibe kein Tadel beschlossen. Vor allem aber ver-
langte er, was die Jugend nicht immer liebt: sorg-
fältige intensive Arbeit. Streng sah er z. B. auf
genaue Zeichnung, Oberflächlichkeit war ihm ein
Greuel und konnte auch bei ihm gar nicht auf-
kommen.

Seine Schüler aber danken ihm gerade diese
strengen Forderungen, danken ihm, daß er sie „:nit
Liebe" arbeiten lehrte. Seine Beliebtheit war ja
wohl auch hauptsächlich in der Trefflichkeit seiner
Lehrmethode begründet, über die sich seine Schüler
selbst an: wenigsten in: unklaren bleiben konnten.
Gr verlangte von ihnen, wie oben angedeutet, ziem-
lich viel, aber er ließ dabei jeden: seine Selbständigkeit,
seine Gigenart und beeinflußte keinen durch seine
persönliche Art und Weise. Darin liegt vor allen:
eine Erklärung für die manchem vielleicht merkwürdig
erscheinende Tatsache, daß ein so völlig „unmoder-
ner" Lehrer seine Schüler doch fürs moderne prak-
tische Leben trefflich ausstattete: er gab jedem eine
solide, feste Grundlage, in: übrigen aber ließ er
jeden sich frei und selbständig entwickeln. Aus die-
sem Grunde, und da er sich um jeden in gleicher

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