ANTON KIESGEN-MÜNCHEN
MALEREI IN EINEM KNEIPKELLER
Empire=Motive ohne engherzige Stilistik verwendet,
auch der lavendelblaue Grund mit aufgetragenem Weiß
erinnert uns an die erste Kaiserzeit. Die Fensterbögen
sind durch gut getönte Wandbilder, mythologische
Szenen, ausgefüllt und kommen unserem heutigen
Farbenbedürfnis entgegen. AndereTöne schlägt Kies-
gen bei der Ausmalung des Kneipkellers an, einer
freien Gewölbebehandlung. Hier mögen sich ältere
Motive mit expressionistischen Einflüssen gekreuzt
haben, eine sichere Hand weiß aber daraus eine eben-
so launig frische Zeichnung wie kräftige Flächenwir-
kung zu schaffen. Graugelb gehaltenes Geäst, mit
reichem Blätterwerk in kantiger Stilisierung ist mit
Tierfiguren, Affen, bunten Vögeln farbig belebt. Die
Abbildung zeigt uns eine Nische mit Weinschrank,
das Gewölbe setzt sich anschließend in wechselnder
Spannung über den ganzen Keller fort. Die leichte be-
wegliche Art der Komposition verbunden mit unbe-
dingter Treffsicherheit und der Raumstimmung zeigt
sich noch besser in den drei dekorativen Entwürfen für
Bemalungeines Spielzimmers. Hier wird auf Flächen^
Wirkung verzichtet, wir sehen flotte durchsichtige Zeich-
"ung nicht ohne markante Striche, leichte Anlehnung
an Stilformen, die aber mehr spielerisch behandelt wer«
den, die Tönung ist zart und diskret, aber schließt sich
doch zu bestimmten Akkorden.
In solcher Zusammenfassung auch noch so stumpf
abgestimmter Töne liegt Kiesgens Stärke, es ist be«
dauerlich, daß die Abbildungen das nicht wiedergeben
können. Auch die Schablonenmuster würden es be-
weisen. Das eine enthält ein mehr flächiges, decken^
des Pflanzenornament, Blätter und Blüten, die sich teils
in hellerem, teils in dunklerem Tone von dem oliv-
grünen Grund abheben, ein Dreifarbenmuster, das nur
in den Tönen variiert, ohne eine andere Farbe zu
bringen. Dagegen sehen wir in dem anderen, einem
Vier=Farbenmusterauf mattrosa Grund, ziegelbraun,
zinnobergrün und schwarzbraun lod\ere durchlässige
Ornamentik mit exotischen Figuren und eine harmo«
nische Zusammenfügung kalter und warmer Farben.
Kiesgen hat sich von jeher viel mit der Veredelung
der Schablonentechnik befaßt und wir möchten hier auf
die Abbildungen der Zeitschrift 1914 hinweisen, die
in bewegter Zeichnung ebenfalls durch die harmonische
Vereinigung stumpfer Farbentöne wirken.
Eine Betrachtung von Kiesgens Schaffen wäre aber
unvollständig, wenn sie mit der Wandbemalung ab -
geschlossen würde, denn dieser Kunsthandwerker
hat sich von jeher auch ganz besonders mit der Be-
malung von Möbeln und Kleinkunst=Gegenständen
bis herunter zur bemalten Schachtel oder Dose, aber
auch in nicht zu übersehender Weise mit graphischen
Aufgaben befaßt. Der Mangel der früheren be-
malten Wohnungseinrichtungen bestand in deren völ-
liger Beherrschung durch die Volkskunst. Von künst-
lerisrhen Ansprüchen abgesehen, eigneten sie sich in
dieser Aufmachung nur für Landhäuser, Vorplätze
u. dgl., konnten aber in dem bürgerlichen Wohnraum
nicht Einlaß finden. Anderseits fiel es schwer, dem EdeU
holz=Möbel Gleichwertiges entgegenzustellen. Hier
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MALEREI IN EINEM KNEIPKELLER
Empire=Motive ohne engherzige Stilistik verwendet,
auch der lavendelblaue Grund mit aufgetragenem Weiß
erinnert uns an die erste Kaiserzeit. Die Fensterbögen
sind durch gut getönte Wandbilder, mythologische
Szenen, ausgefüllt und kommen unserem heutigen
Farbenbedürfnis entgegen. AndereTöne schlägt Kies-
gen bei der Ausmalung des Kneipkellers an, einer
freien Gewölbebehandlung. Hier mögen sich ältere
Motive mit expressionistischen Einflüssen gekreuzt
haben, eine sichere Hand weiß aber daraus eine eben-
so launig frische Zeichnung wie kräftige Flächenwir-
kung zu schaffen. Graugelb gehaltenes Geäst, mit
reichem Blätterwerk in kantiger Stilisierung ist mit
Tierfiguren, Affen, bunten Vögeln farbig belebt. Die
Abbildung zeigt uns eine Nische mit Weinschrank,
das Gewölbe setzt sich anschließend in wechselnder
Spannung über den ganzen Keller fort. Die leichte be-
wegliche Art der Komposition verbunden mit unbe-
dingter Treffsicherheit und der Raumstimmung zeigt
sich noch besser in den drei dekorativen Entwürfen für
Bemalungeines Spielzimmers. Hier wird auf Flächen^
Wirkung verzichtet, wir sehen flotte durchsichtige Zeich-
"ung nicht ohne markante Striche, leichte Anlehnung
an Stilformen, die aber mehr spielerisch behandelt wer«
den, die Tönung ist zart und diskret, aber schließt sich
doch zu bestimmten Akkorden.
In solcher Zusammenfassung auch noch so stumpf
abgestimmter Töne liegt Kiesgens Stärke, es ist be«
dauerlich, daß die Abbildungen das nicht wiedergeben
können. Auch die Schablonenmuster würden es be-
weisen. Das eine enthält ein mehr flächiges, decken^
des Pflanzenornament, Blätter und Blüten, die sich teils
in hellerem, teils in dunklerem Tone von dem oliv-
grünen Grund abheben, ein Dreifarbenmuster, das nur
in den Tönen variiert, ohne eine andere Farbe zu
bringen. Dagegen sehen wir in dem anderen, einem
Vier=Farbenmusterauf mattrosa Grund, ziegelbraun,
zinnobergrün und schwarzbraun lod\ere durchlässige
Ornamentik mit exotischen Figuren und eine harmo«
nische Zusammenfügung kalter und warmer Farben.
Kiesgen hat sich von jeher viel mit der Veredelung
der Schablonentechnik befaßt und wir möchten hier auf
die Abbildungen der Zeitschrift 1914 hinweisen, die
in bewegter Zeichnung ebenfalls durch die harmonische
Vereinigung stumpfer Farbentöne wirken.
Eine Betrachtung von Kiesgens Schaffen wäre aber
unvollständig, wenn sie mit der Wandbemalung ab -
geschlossen würde, denn dieser Kunsthandwerker
hat sich von jeher auch ganz besonders mit der Be-
malung von Möbeln und Kleinkunst=Gegenständen
bis herunter zur bemalten Schachtel oder Dose, aber
auch in nicht zu übersehender Weise mit graphischen
Aufgaben befaßt. Der Mangel der früheren be-
malten Wohnungseinrichtungen bestand in deren völ-
liger Beherrschung durch die Volkskunst. Von künst-
lerisrhen Ansprüchen abgesehen, eigneten sie sich in
dieser Aufmachung nur für Landhäuser, Vorplätze
u. dgl., konnten aber in dem bürgerlichen Wohnraum
nicht Einlaß finden. Anderseits fiel es schwer, dem EdeU
holz=Möbel Gleichwertiges entgegenzustellen. Hier
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