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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 75.1925

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7092#0034
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FR. VON THIERSCH

WANDTAFEL-ZEICHNUNG

KLEINE MITTEILUNGEN.

Bauhaus Weimar. Die Leiter des Bauhauses Weimar er»
klärten in einem Manifest, worin sie gegen politische Machen*
Schäften der thüringischen Regierung protestieren, daß das Bau»
haus am 1. April 1925 aufgelöst wird. Die Gründung der ge-
planten Bauhaus» G. m. b. H., welche die Fortführung über»
nehmen sollte ist nicht zustande gekommen. Zu dieser Beendigung
der Tätigkeit des Bauhauses schreibt Architekt H. de Fries
Berlin, als Schriftleiter der „Baugilde" u. a. folgendes: „Wir
gönnen es dem Bauhause, daß es ihm möglich war, mit einer edlen
Geste von der Schaubühne abzutreten. Unter seinen Meistern
gab es immerhin einige Persönlichkeiten von unanfechtbarem
Werte zugleich von menschlicher Bedeutung wie etwa Lyonel
Feininger, Paul Klee, Wassily Kandinsky, Oskar Schlemmer und
Adolf Meyer. Klee und Kandinsky haben allerdings in den beiden
letzten Jahren durch einen modischen Einschlag enttäuscht, der
ihrer ganzen Vergangenheit und ihrer ganzen Entwicklung bis
dahin fremd war. Daß die sehr leere Bewegung des Konstruk»
tivismus diese recht bedeutenden Planeten aus der Bahn ihres
Wesens schleudern könnte, war keineswegs vorauszusehen und
wirkte schmerzlich. Selbst ein Mensch vom ungewöhnlichen Range
Feiningers wurde durch die Bauhausatmosphäre seiner gewohnten
Arbeit entfremdet, ohne daß er jedoch Konzessionen an Kon»
junkturen und Schlagworttendenzen gemacht hätte. Er hörte nur
fast völlig auf, als Maler zu arbeiten und fand seine Zuflucht in
der Musik, indem er Orgelfugen komponierte. Nachdem so die
Wirkung des Bauhauses kaum als günstig für die Meister be-
zeichnet werden kann, darf kurz die Leistung der Schule selbst
gestreift werden. Nicht, wie sie in den Publikationen und keines»
wegs schüchternen, dafür häufigen Propagandaschriften der Bau»
hausleitung hingestellt wurde, sondern so, wie sie auf nicht un-
mittelbar Beteiligte und auf das Publikum wirken mußte, nämlich
ohne jede überzeugende Kraft des Gefühls. Was sympathisch
war an diesen Arbeitsergebnissen, das waren Produkte des Web-
stuhls und einige keramische Dinge. Über Derartiges und mehr

verfügten jedoch andere Kunstgewerbeschulen auch. Von einem
positiven Wirken des Bauhauses auf seinem eigensten Gebiete,
nämlich dem Bauen, war nicht das mindeste zu spüren, denn man
darf weder die private Bautätigkeit des Direktors, noch das, ab-
gesehen von der technischen Einrichtung, verfehlte Ausstellungs-
Wohnhaus von 1923 zu solchen Ergebnissen rechnen.

Seine wesentlichste Aufgabe, kommender Baukunst den Boden
zu bereiten, ihr Fundamente zu schaffen, Baukunst wieder zur
ersten, stärksten und lebendigsten Ausdrucksform alles künst-
lerischen Erlebens, des Erlebens eines Volksganzen, zu erheben,
hat das staatliche Bauhaus in seiner bisherigen Zusammensetzung
nicht einmal im Ansatz geleistet. Und darum verschwindet es in
seiner gegenwärtigen Form mit einem gewissen moralischen Recht
von der Bildfläche.

Kunstgewerbeschulen gibt es noch sonst genug <oder vielmehr
zu viele) und es bedurfte kaum der großen und im öffentlichen
Auftreten übermäßig anspruchsvollen Programmatik des Bau-
hauses, um einen neuen Stuhl oder eine noch unbekannte Tee-
tasse zu gebären. Und viel mehr bleibt leider nicht zurück.

Man brauchte schließlich kein Bauhaus zu gründen, um eine
Kunstgewerbeschule mehr zu haben.

Der Verfasser vergleicht dann das Bauhaus, nicht zu dessen
Gunsten mit anderen Lehrwerkstätten und stellt fest, daß auch
der B.D.A. seinerzeit für die Erhaltung des Bauhauses einge-
treten ist. Dann fährt er fort:

„Aber in einem Augenblick, da das Bauhaus, wesentlich durch
eigenes Verschulden, sich auflösen muß, ist es notwendig, zu
sagen, daß wir keine Gründe zur Verleihung der Märtyrerkrone
erblicken können, und daß wir auch in eine Umpflanzung und
Neuetablierung dieses Institutes an anderer Stelle kein Vertrauen
setzen können, ehe nicht die Struktur, die Zielrichtung und die
Führung des Bauhauses zum wahrhaft Wesentlichen sich gewan-
delt hat. Seine guten Meister, von denen wir einige nannten,
brauchen dieses Institut nicht, und die wirklich zukunftswertigen

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