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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 75.1925

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Fischer, J. L.: Die Kunst am Metall
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https://doi.org/10.11588/diglit.7092#0043
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In der Mitte des 16. Jahrhunderts entstehen schon
sehr schöne Eisenschnittarbeiten, von denen ein großer
Teil italienischer Herkunft ist. Aber auch in Augsburg
und Nürnberg wurde im Anschluß an die durch die
Herstellung der Prunkharnische bedingte Vervoll-
kommnung der Treibtechnik, dem Eisenschnitt größere
Aufmerksamkeit zugewandt. Ein Augsburger war der
Ende des 16. Jahrhunderts tätige Eisenschneider Tho-
mas Rudrer. Leider ist von seinen Arbeiten bis jetzt
nur der berühmte, ganz aus Eisen geschnittene Stuhl
bekannt, der aus der Prager Kunstkammer durch die
Schweden entführt wurde und sich jetzt in englischem
Privatbesitz inLongford=CastlebeiSalisbury befindet.
Die Eisenschneider gehen aus dem Handwerk der
Messerschmiede hervor, werden anfänglich auch immer
als solche bezeichnet, unterstehen den Zunftgesetzen
und müssen daher ihrMeisterstüdi machen. Wir sehen
aber auch, daß zur gleichen Zeit eine Reihe von Künst-
lern und Kunsthandwerkern, welche nur für den Hof
tätig waren, als Hofschutzbefreite keiner Zunft ange-
hörten. Zu diesen zählen auch die drei Eisenschneider,
mit denen wir uns unten beschäftigen, sie waren freie
Künstler im Solde des Herzogs bzw. Kurfürsten, und
unter der Bezeichnung „Hofgesinde" außerhalb der
Zunft und sogar steuerfrei. Von den Meistern des Eisens
Schnitts im 16. und 17. Jahrhundert kennen wir kaum mehr
die Namen. Hans Stöddein hat vor kurzem in seinem
Buch „Meister des Eisenschnitts" vor allem die beiden
Sadeler und den Kaspar Spät wieder ans Licht gezogen
und eine Reihe von ganz hervorragenden Werken, ein
besonderes Ruhmesblatt des Münchener Kunstgewer-
bes, bekannt und in mustergültigen Abbildungen wei-
teren Kreisen zugänglich gemacht. Über die damals
herrschende Technik und Arbeitsart wie gewerbliche
Eigentümlichkeit sagt Stöddein: „Zuerst wurde aus
dem Roheisen durch Schmieden die ungefähre Form

des Gegenstandes hergestellt. Das war die Arbeit des
Büchsenmachers bzw. Messerschmiedes, wie uns ein
Blick in die dafür sehr lehrreichen Hofzahlamtsrech-
nungen zeigt. Natürlich entstand diese Rohform nach
genauen Angaben und wohl auch unter Überwachung
des Eisenschneiders, der ein großes Interesse daran
hatte, bereits die annähernd richtige Form zu erhalten,
um nicht zu viel wegnehmen zu müssen und sich da-
durch die an und für sich reichlich Zeit und Geduld
erfordernde Arbeit zu erschweren. Aufgabe des Eisen-
schneiders war es nun, durch Bearbeitung mit Meißel,
Grabstichel und Bohrer aus diesem Eisenklotz die
beabsichtigten Figuren und Ornamente herauszu-
holen, etwa wie ein Holzschnitzer aus dem Holz.
Das Eisen wurde in kaltem Zustande geschnitten. Ich
habe absichtlich den Vergleich mit dem Holzschneider
gewählt, denn besonders die Technik der Münchener
Eisenschneider erinnert in ihrer scharfkantigen und
schnittigen Manier sehr an die Holzschnitzereien, ganz
im Gegenteil zu den italienischen Eisenschnittarbeiten,
die mit ihren weichen Formen nach einem Wachsmodell
gegossen zu sein scheinen. Am prägnantesten kommt
diese scharfe Schnittechnik zum Ausdrudi in dem Band*
und Rollwerk, sowie in den Ranken der Pflanzen«
Ornamente, deren Querschnitt ein genaues Rechtech
darstellt. Bei den Figuren findet eine mehr auf male-
rische Wirkung zielende Bearbeitung statt. Die nackten
Teile der Körper erhalten eine glatte Oberfläche, wäh-
rend bei den Gewändern durch Punzierung mit Spitzen,
Stiftpunzen, ein matter, samtartiger Ton hervorge-
rufen wird. Ebenso wird das Fell der Tiere durch feine
Strichelung, und die rauhe Schale einzelner Früchte
durch Einschlagen von Stift- und Ringpunzen ange-
deutet. Der vertiefte Grund zwischen den Ornamen-
ten wurde ebenfalls fein mit Stiften punziert, damit
die Vergoldung darauf haften blieb.

SEITENSTÜCK DES KALENDARlUMS. Die sieben Rassen in ihrem Werdegang.

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