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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 75.1925

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Fischer, J. L.: Die Kunst am Metall
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https://doi.org/10.11588/diglit.7092#0052
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Verkümmerung der in diesen Beruf vorhandenenMög^
lichkeiten zu befürchten, es gehört mehr künstlerische
Bildung, Bildung und Studium dazu um Phantasie und
Begabung anzuregen. Von großer Wichtigkeit waren
für mich die ersten drei Lehrjahre unter dem vortreff*
liehen Graveurmeister Hugo Kolb <Suhl). Durch seine
Vermittlung fand ich Aufnahme in der Werkstatt des
bekannten Altmeisters Ru*
dolf Horrmann<Hofgraveur
in München), wo ich eben*
falls eine ideale Pflegestätte
der Graveurkunst erkannte,-
sonst hätte ich den Weg nicht
finden können, welcher mich
dahin führte, die großen
Möglichkeiten zu sehen, die
in diesemBeruf noch verbor*
gen liegen. Nachdem ich die
weitgehendsten Versuche in
Metallschnitt und Tauschie*
ren ausprobiert hatte, war
es notwendig, der Metallfär*
bungnocheinigeZeitzuwid*
men, um ein Farbenspiel zu
erreichen, um die Tauschie*
rung wirksamer zu gestalten,
um die Tiefen des Metall*
Schnittes hervorzuheben,-das
eine bedingtedasandere.Mit
diesem Schatz technischer
Errungenschaften konnte ich
daran gehen, dieses dem
Kunstgewerbe wieder zu*
zuführen und Einfälle und
Ideen auf dem Metall zu
bringen. Ich sah die Dinge
aus dem Material heraus*
wachsen, in diesem Begin*
nen fand ich die Unterstütz*
ung eines kunstverständigen
Herrn, dem ich eine meiner
ersten Tauschier*Arbeiten
zeigte und ihm die Möglichkeiten erklärte,- er erkannte
gleich, worum es sich handelte, gab mir eine Schreib*
tischgarnitur in Auftrag mit der Bemerkung: „so nun
können Sie ihre Phantasie spielen lassen", ich sagte
„wie es ausfallen wird, weiß ich heute noch nicht, aber
ich hoffe Ihnen ein eigenartiges Kunstwerk zu schaffen".
Nun konnte ich beginnen und mit voller Freude und
Liebe arbeiten. Hatte ich eine breite Fläche eingelegt,
so sah ich erst die Wirkung, eines wuchs aus dem
andern, wenn der Gegenstand fertig war, sah er ganz

ZIGARETTENDOSE. Villa des Besitzers (überfeilt), im
Medaillon vollständig mit erhabenem Ornament tauschiert,
in dem das Leben und Treiben im Garten symbolisiert ist.

anders aus wie ichs ursprünglich gedacht hatte. Es sind
nun allerdings keine Waffen und Geräte, sondern
Gebrauchsgegenstände für das Zimmer. Die ganze
Arbeit ist nach individueller Auffassung ausgeführt,
ich hielt mich an keine Stilrichtung, und brachte Ein*
fälle, Symbole, Sagen und Legenden an, stilisierte die
Figuren nach efgenem Empfinden und hoffe gezeigt

zu haben, daß dem Kunst*
gewerbe hier noch ein weites
Feld offen steht. Ich vermied
es streng, wiederholende Or«
namente anzubringen. Die
Verschiedenheit in der De*
koration jedes einzelnen Ge*
genstandes beweist seineZu*
gehörigkeit zur Garnitur."

Betrachten wir den Cha*
rakter dieser Arbeiten im
allgemeinen, so müssen wir
zunächst feststellen, daß
Kolb die Technik heute mit
einzig dastehender Sou*
veränität beherrscht und den
Münchener Metallschnitt zu
neuer Blüte führen kann,
wofern es nur nicht an Auf*
trägen für dieses interessante
und neugewonnene Gebiet
fehlt. Wie die Mosaik auf
dem Gebiete der dekorativen
Malerei, so ist, um dies
nebenbei zu bemerken, die
eben beschriebene Behand*
lung des Metalls die halt*
barste Art gegenüber allen
verwandten Gebieten. Zu
den größten Stücken zählt
ein gegenwärtig noch in Ar*
beit befindlicher Lampen*
schirm, ein Schreibzeug, eine
Vase, eine Uhr, ein Aschen*
becher und von diesen auf*
fallenderen Arbeiten führt die Garnitur über eine
stattliche Anzahl mittlerer Größe bis zu den schwer zu
bearbeitenden Kleinwerken wie Bleistifthalter, Tabaks*
pfeifchen, die vier Seiten eines Lineals,- und sogar der
moderne Füllfederhalter hat zum erstenmal eine kunst*
gewerblich verfeinerte Ausstattung bekommen. Was
an diesen Arbeiten Kolbs besonders auffällt, aber in
der Abbildung kaum zum Ausdrude gebracht werden
kann, ist die warme Stimmung im Koloristischen, die
den Grund und das Dekorativ auf das Wundervollste

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