GABRIEL VON SEIDL.
Künstlerhaus, Empfangsraum.
Beachtung und Anerkennung. Die Ausstellung, die der Verein 1888 in München veranstaltete,
und bei der Emanuel von Seidl als Ausstellungsarchitekt waltete, zeigte, daß die von München aus*
gegangene Strömung das ganze deutsche Künstlerscharfen durchdrungen hatte. Es lag in der Entwicklung
der Zeit, die nun mit Riesenschritten über das gehobene Bürgertum dem Kapitalismus und Industrie«
alismus zustrebte, daß ebenso wie die ganze kulturelle Einstellung auch die künstlerische Arbeit über«
"wiegend ohne Dauerwert blieb. Nur wenige Bahnbrecher schufen eine Kunst, die uns heute noch mit
voller Bewunderung erfüllt. Die große Masse aber, die zwar für damalige Ansprüche befriedigendes
leistete, blieb für unsere heutigen Begriffe im Schema und der Nachfolge stecken. Die rasch fort*
schreitende Umgestaltung unserer wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse ließ auch Gewalt«
samkeiten in der Kunstentwicklung erwarten. Der Sezessionsbewegung in der freien Kunst folgte
Nahezu zwangläufig eine Gärung auch in der angewandten Kunst. Nicht nur, daß diese bisher vor«
wiegend auf das Handwerk gestützt, in der zunehmenden Massenerzeugung ein neues Feld der Be«
tätigung suchen mußte und damit das künstlerische Problem der Maschinenarbeit dringlich wurde, auch
im Formschaffen trat die ungestüme Sehnsucht nach Neuem, der Überdruß gegen alles bisherige zu
Tage. Die Überstürzung in der Fortentwicklung aller Lebensverhältnisse schuf auch außerhalb
der Fachkreise einen günstigen Boden und so trieb man der Spaltung zu, die in dem aufkommenden
"Jugendstil" ihren ersten sichtbaren Ausdruck fand. In diese Zeit beginnender Umwälzung feierte
der Verein sein 50jähriges Bestehen und viele werden sich noch der Festlichkeiten im
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Künstlerhaus, Empfangsraum.
Beachtung und Anerkennung. Die Ausstellung, die der Verein 1888 in München veranstaltete,
und bei der Emanuel von Seidl als Ausstellungsarchitekt waltete, zeigte, daß die von München aus*
gegangene Strömung das ganze deutsche Künstlerscharfen durchdrungen hatte. Es lag in der Entwicklung
der Zeit, die nun mit Riesenschritten über das gehobene Bürgertum dem Kapitalismus und Industrie«
alismus zustrebte, daß ebenso wie die ganze kulturelle Einstellung auch die künstlerische Arbeit über«
"wiegend ohne Dauerwert blieb. Nur wenige Bahnbrecher schufen eine Kunst, die uns heute noch mit
voller Bewunderung erfüllt. Die große Masse aber, die zwar für damalige Ansprüche befriedigendes
leistete, blieb für unsere heutigen Begriffe im Schema und der Nachfolge stecken. Die rasch fort*
schreitende Umgestaltung unserer wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse ließ auch Gewalt«
samkeiten in der Kunstentwicklung erwarten. Der Sezessionsbewegung in der freien Kunst folgte
Nahezu zwangläufig eine Gärung auch in der angewandten Kunst. Nicht nur, daß diese bisher vor«
wiegend auf das Handwerk gestützt, in der zunehmenden Massenerzeugung ein neues Feld der Be«
tätigung suchen mußte und damit das künstlerische Problem der Maschinenarbeit dringlich wurde, auch
im Formschaffen trat die ungestüme Sehnsucht nach Neuem, der Überdruß gegen alles bisherige zu
Tage. Die Überstürzung in der Fortentwicklung aller Lebensverhältnisse schuf auch außerhalb
der Fachkreise einen günstigen Boden und so trieb man der Spaltung zu, die in dem aufkommenden
"Jugendstil" ihren ersten sichtbaren Ausdruck fand. In diese Zeit beginnender Umwälzung feierte
der Verein sein 50jähriges Bestehen und viele werden sich noch der Festlichkeiten im
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