GABRIEL VON SEIDL.
Oberlichtgitter im Nationalmuseum.
von Gebäuden, Innungshäuser, Fachschulen, Ausstellungsräume, Büchereien, Archive, Musterlager
und Verkaufsräume enthalten. Damit sollte ein Mittelpunkt für das bayerische Kunstgewerbe ge*
schaffen werden, der für die weitere künstlerische und wirtschaftliche Entwicklung von ganz unschätz*
barer Bedeutung geworden wäre. So muß man es schmerzlich bedauern, daß dieses großgedachte
Vorhaben wegen einer Reihe nicht zu behebender Hindernisse nicht zur Ausführung kam. Thiersch
selbst empfand das als schwere Enttäuschung und dies trug mit dazu bei, daß er zwei Jahre später,
auch wegen Arbeitsüberhäufung von der Leitung zurücktrat. Ihm folgten Paul Merk, dann Ernst Pfeifer
und 1913 Eugen Hönig. Die Ausstellungshalle hatte inzwischen durch wesentliche Erweiterung, neu«
zeitliche Gestaltung und Beifügung eines Ziergartens ihre jetzige Form erhalten. Der Verein, der sich
nach manchen Erschütterungen eine gediegene finanzielle Grundlage geschaffen hatte, wirkte durch
Auftragbeschaffung, Verkaufsvermittlung und Beschickung von Ausstellungen für das Kunstgewerbe.
Wettbewerbe, Vorträge und Veröffentlichungen brachten Anregung aller Art.
Das Jahr 1908 hatte eine weitgehende Befriedung im Streit der Meinungen gebracht, aber wenn
auch die Ziele und die Arbeitsweise der vielen Gruppen sich erheblich näherten, so konnte doch eine
Einigung in der Grundeinstellung noch nicht wieder hergestellt werden. Der Bayerische Kunstgewerbe*
verein bekannte sich auch jetzt zu der Notwendigkeit und Berechtigung der Tradition und trat vor
allem für tüchtige handwerkliche Ausbildung als Grundlage und sichere Führung bei allem kunstge*
werblichen Schaffen ein. Hatte sich doch augenfällig gezeigt, daß die völlige Loslösung vom Bestehen«
den, zumal wenn nicht sehr tüchtige Stoffbeherrschung gegeben war, unbedingt zu Unsicherheit und
zu einem Schaffen von kaum augenblicklicher Bedeutung führen konnte, We i t e r b a u nicht Neubau,
Entwicklung nicht Umsturz blieb die Losung.
Und nun kam der Krieg und drängte alle diese Fragen zunächst weit in den Hintergrund. Die
Kölner Werkbundausstellung bei der der Verein mit einem größeren Räume beteiligt war, mußte
wegen des Kriegsausbruchs kurz nach der Eröffnung geschlossen werden. Kampf um Deutschlands
Erhaltung, Hilfe für die Bedrängten, Linderung der Not beherrschten die weiteren Jahre. Das zwang
auch den Bayerischen Kunstgewerbeverein sich mehr als bisher auf wirtschaftliche Arbeit umzustellen,
lag doch in der reinen Erhaltung kunstgewerblicher Betriebe, in dem Durchbringen unserer Kunst*
handwerker schon eine der vordringlichsten Aufgaben der Kriegszeit. Die zehn Jahre vom Kriegsbe*
ginn bis zur Beendigung der Inflation sind wohl die schwersten im Leben des Vereins gewesen und
mehr als einmal war er vom katastrophalen Zusammenbruch bedroht. Daß er trotzdem diese gewaltigen
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Oberlichtgitter im Nationalmuseum.
von Gebäuden, Innungshäuser, Fachschulen, Ausstellungsräume, Büchereien, Archive, Musterlager
und Verkaufsräume enthalten. Damit sollte ein Mittelpunkt für das bayerische Kunstgewerbe ge*
schaffen werden, der für die weitere künstlerische und wirtschaftliche Entwicklung von ganz unschätz*
barer Bedeutung geworden wäre. So muß man es schmerzlich bedauern, daß dieses großgedachte
Vorhaben wegen einer Reihe nicht zu behebender Hindernisse nicht zur Ausführung kam. Thiersch
selbst empfand das als schwere Enttäuschung und dies trug mit dazu bei, daß er zwei Jahre später,
auch wegen Arbeitsüberhäufung von der Leitung zurücktrat. Ihm folgten Paul Merk, dann Ernst Pfeifer
und 1913 Eugen Hönig. Die Ausstellungshalle hatte inzwischen durch wesentliche Erweiterung, neu«
zeitliche Gestaltung und Beifügung eines Ziergartens ihre jetzige Form erhalten. Der Verein, der sich
nach manchen Erschütterungen eine gediegene finanzielle Grundlage geschaffen hatte, wirkte durch
Auftragbeschaffung, Verkaufsvermittlung und Beschickung von Ausstellungen für das Kunstgewerbe.
Wettbewerbe, Vorträge und Veröffentlichungen brachten Anregung aller Art.
Das Jahr 1908 hatte eine weitgehende Befriedung im Streit der Meinungen gebracht, aber wenn
auch die Ziele und die Arbeitsweise der vielen Gruppen sich erheblich näherten, so konnte doch eine
Einigung in der Grundeinstellung noch nicht wieder hergestellt werden. Der Bayerische Kunstgewerbe*
verein bekannte sich auch jetzt zu der Notwendigkeit und Berechtigung der Tradition und trat vor
allem für tüchtige handwerkliche Ausbildung als Grundlage und sichere Führung bei allem kunstge*
werblichen Schaffen ein. Hatte sich doch augenfällig gezeigt, daß die völlige Loslösung vom Bestehen«
den, zumal wenn nicht sehr tüchtige Stoffbeherrschung gegeben war, unbedingt zu Unsicherheit und
zu einem Schaffen von kaum augenblicklicher Bedeutung führen konnte, We i t e r b a u nicht Neubau,
Entwicklung nicht Umsturz blieb die Losung.
Und nun kam der Krieg und drängte alle diese Fragen zunächst weit in den Hintergrund. Die
Kölner Werkbundausstellung bei der der Verein mit einem größeren Räume beteiligt war, mußte
wegen des Kriegsausbruchs kurz nach der Eröffnung geschlossen werden. Kampf um Deutschlands
Erhaltung, Hilfe für die Bedrängten, Linderung der Not beherrschten die weiteren Jahre. Das zwang
auch den Bayerischen Kunstgewerbeverein sich mehr als bisher auf wirtschaftliche Arbeit umzustellen,
lag doch in der reinen Erhaltung kunstgewerblicher Betriebe, in dem Durchbringen unserer Kunst*
handwerker schon eine der vordringlichsten Aufgaben der Kriegszeit. Die zehn Jahre vom Kriegsbe*
ginn bis zur Beendigung der Inflation sind wohl die schwersten im Leben des Vereins gewesen und
mehr als einmal war er vom katastrophalen Zusammenbruch bedroht. Daß er trotzdem diese gewaltigen
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