GERMAN BESTELMEYER.
Germanisches Museum.
Bewegung, die die Forderung einer neuen Sachlichkeit und Schmucklosigkeit bewußt erheben, Leute
sind, die unbewußt über ein feines an der Antike, am Empire und Biedermeier geschultes Formgefühl
verfügen, kommen feine und reife Dinge zustande. Heute aber bietet die Forderung der reinen schmuck*
losen Werkform keine Gewähr gegen das Hereinströmen destruktiver Tendenzen. Ich erinnere mich
an eine Fülle kunstgewerblicher Dinge der letzten Jahre, die, alle schmucklos, der Forderung der
reinen Werkform entsprechen. Und von diesen Dingen erscheinen dem Unvoreingenommenen, der
frei von abstrakten Theorien, aber mit geschultem Auge diese Dinge betrachtet, die einen schön, andere
außerordentlich häßlich, ja als lächerlich. (Weimarer Bauhaus!) Nach der Theorie der reinen Werk*
form sind aber beide einwandfrei. Daraus folgt, daß das Netz dieser Theorie ein Loch hat, da es ge*
rade an den entscheidenden Punkten versagt, dort wo sich künstlerische Formfindung und Tändelei
von einander scheiden. Diese Punkte sind 1. Rücksichtnahme auf die Anforderungen des Organes,
mit dem wir Kunst geniesen können, das Auge (cf. Hildebrand und Hans Cornelius); 2. Berück?
89
Germanisches Museum.
Bewegung, die die Forderung einer neuen Sachlichkeit und Schmucklosigkeit bewußt erheben, Leute
sind, die unbewußt über ein feines an der Antike, am Empire und Biedermeier geschultes Formgefühl
verfügen, kommen feine und reife Dinge zustande. Heute aber bietet die Forderung der reinen schmuck*
losen Werkform keine Gewähr gegen das Hereinströmen destruktiver Tendenzen. Ich erinnere mich
an eine Fülle kunstgewerblicher Dinge der letzten Jahre, die, alle schmucklos, der Forderung der
reinen Werkform entsprechen. Und von diesen Dingen erscheinen dem Unvoreingenommenen, der
frei von abstrakten Theorien, aber mit geschultem Auge diese Dinge betrachtet, die einen schön, andere
außerordentlich häßlich, ja als lächerlich. (Weimarer Bauhaus!) Nach der Theorie der reinen Werk*
form sind aber beide einwandfrei. Daraus folgt, daß das Netz dieser Theorie ein Loch hat, da es ge*
rade an den entscheidenden Punkten versagt, dort wo sich künstlerische Formfindung und Tändelei
von einander scheiden. Diese Punkte sind 1. Rücksichtnahme auf die Anforderungen des Organes,
mit dem wir Kunst geniesen können, das Auge (cf. Hildebrand und Hans Cornelius); 2. Berück?
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