FRIEDRICH VON THIERSCH.
GABRIEL VON SEIDL. Gem. von Lenbach.
Haus, die unnachahmlichen Künstlerhäuser seiner Freunde: Lenbach, Kaulbach, Stadler, die gemüt*
liehen Bierstuben, in denen man sich wie zu Hause fühlt und sein Prachtstück: Das Künstlerhaus! Er
war ein Meister im Volksliederton und in Kammermusik der Architektur und beherrschte doch auch die
symphonische Dichtung, wie sie im strömenden Rhythmus aller Zeitstile im Nationalmuseum erklingt.
Gabriel von Seidl hat die Seele der Stadt zum Tönen gebracht. Wie reich und vielfältig mußte ein
solches Schaffen auch das Kunstgewerbe befruchten? Gabriel Seidl gehört mit in die erste Reihe seiner
Führer. Mit Seitz, Seidl, steht zum Münchner Kunstgewerbeverein, einer seiner treuesten Freunde,
Berater und Meister, Erzgießer, Bildhauer, Ziseleur und Goldschmied der Münchner Benevenuto Cellini
dieser Zeit — Fritz von Miller. Er ist der Miterfinder und „stille Teilhaber" all der schöpferischen
Ideen und Taten, die sich im Kunstgewerbeverein verwirklichten. Auch er ist aus diesem Kreise der
Führer nicht hinwegzudenken.
Damals, als München seinen Weltruf als Kunststadt eroberte, war alles im schönsten Fluße einer
schaffensfrohen Bewegtheit, die noch anhielt als man 1901 das 50. Jubiläum des Vereins feiern konnte.
Aber schon damals pochte ein neuer, ein anderer Geist ans Tor. Schon damals fiel ein leiser Schatten
ins laute Fest. Zwar leuchtete München noch, aber schon rüsteten sich auch andere Städte, um mit
München um den Preis zu ringen. München lächelte und sah behaglich dem nervösen Spiele und
Wettlauf zu. Vielleicht zu behaglich, vielleicht zu abweisend gegenüber den neuen Forderungen und
Ideen der Zeit.
Wohl erstanden auch jetzt „Führer". Baupläne und Projekte tauchten auf, großzügige, weitausschau*
ende Gedanken — die sich aber nicht mehr in Kunst und Kunstgewerbe, sondern im Deutschen
Museum verwirklichten.
Friedrich von Thiersch's Kohleninselprojekt, das die Beschaffung einer gewerblichen Aus-
Stellungshalle, Lehrwerkstätten, Materialsammlungen, Büchereien, Unterrichtsräume, Zunft* und Ge*
nossenschaftshäuser, städtische Sammlungen und Amter alles in einem gewaltigen Baukomplex zu
erfassen suchte — läßt schon den enzyklopädisch alexandrinisch werdenden Geist der Zeit verspüren.
Doch barg es Gedanken und Zukunft des Kunstgewerbes und war der Führergestalt eines Friedrich
von Thiersch würdig. Das Kunst^Handwerkertum lag diesem Architekten tatsächlich am Herzen, trug
er sich doch bis zuletzt mit Bemühungen um Werkstattunterricht und Werkarbeit, Akademischer Werk*
stätten, Arbeitsgemeinschaft für Volkslehrkurse u. a.
Als Architekt wie Seidl ein Beherrscher und Vertoner aller Stile, wirkte in ihm ein über das Lokale
hinausgehender weiter gespannter Ideenkreis, der ihn seine Schöpfungen oft nahe an die Probleme der
neueren Zeit heranführen ließ. Seine Vorliebe für reichen Schmuck und schmückendes Detail bei
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GABRIEL VON SEIDL. Gem. von Lenbach.
Haus, die unnachahmlichen Künstlerhäuser seiner Freunde: Lenbach, Kaulbach, Stadler, die gemüt*
liehen Bierstuben, in denen man sich wie zu Hause fühlt und sein Prachtstück: Das Künstlerhaus! Er
war ein Meister im Volksliederton und in Kammermusik der Architektur und beherrschte doch auch die
symphonische Dichtung, wie sie im strömenden Rhythmus aller Zeitstile im Nationalmuseum erklingt.
Gabriel von Seidl hat die Seele der Stadt zum Tönen gebracht. Wie reich und vielfältig mußte ein
solches Schaffen auch das Kunstgewerbe befruchten? Gabriel Seidl gehört mit in die erste Reihe seiner
Führer. Mit Seitz, Seidl, steht zum Münchner Kunstgewerbeverein, einer seiner treuesten Freunde,
Berater und Meister, Erzgießer, Bildhauer, Ziseleur und Goldschmied der Münchner Benevenuto Cellini
dieser Zeit — Fritz von Miller. Er ist der Miterfinder und „stille Teilhaber" all der schöpferischen
Ideen und Taten, die sich im Kunstgewerbeverein verwirklichten. Auch er ist aus diesem Kreise der
Führer nicht hinwegzudenken.
Damals, als München seinen Weltruf als Kunststadt eroberte, war alles im schönsten Fluße einer
schaffensfrohen Bewegtheit, die noch anhielt als man 1901 das 50. Jubiläum des Vereins feiern konnte.
Aber schon damals pochte ein neuer, ein anderer Geist ans Tor. Schon damals fiel ein leiser Schatten
ins laute Fest. Zwar leuchtete München noch, aber schon rüsteten sich auch andere Städte, um mit
München um den Preis zu ringen. München lächelte und sah behaglich dem nervösen Spiele und
Wettlauf zu. Vielleicht zu behaglich, vielleicht zu abweisend gegenüber den neuen Forderungen und
Ideen der Zeit.
Wohl erstanden auch jetzt „Führer". Baupläne und Projekte tauchten auf, großzügige, weitausschau*
ende Gedanken — die sich aber nicht mehr in Kunst und Kunstgewerbe, sondern im Deutschen
Museum verwirklichten.
Friedrich von Thiersch's Kohleninselprojekt, das die Beschaffung einer gewerblichen Aus-
Stellungshalle, Lehrwerkstätten, Materialsammlungen, Büchereien, Unterrichtsräume, Zunft* und Ge*
nossenschaftshäuser, städtische Sammlungen und Amter alles in einem gewaltigen Baukomplex zu
erfassen suchte — läßt schon den enzyklopädisch alexandrinisch werdenden Geist der Zeit verspüren.
Doch barg es Gedanken und Zukunft des Kunstgewerbes und war der Führergestalt eines Friedrich
von Thiersch würdig. Das Kunst^Handwerkertum lag diesem Architekten tatsächlich am Herzen, trug
er sich doch bis zuletzt mit Bemühungen um Werkstattunterricht und Werkarbeit, Akademischer Werk*
stätten, Arbeitsgemeinschaft für Volkslehrkurse u. a.
Als Architekt wie Seidl ein Beherrscher und Vertoner aller Stile, wirkte in ihm ein über das Lokale
hinausgehender weiter gespannter Ideenkreis, der ihn seine Schöpfungen oft nahe an die Probleme der
neueren Zeit heranführen ließ. Seine Vorliebe für reichen Schmuck und schmückendes Detail bei
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