Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 75.1925

DOI Artikel:
Kiener, Hans: Die Internationale Kunstgewerbe-Ausstellung in Paris 1925
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7092#0142
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
RUHLMANN <Frankreidh>

Speisezimmer

einem doppelten Sinn: insofern es nicht möglich war,
alles Historisierende fern zu halten, mißlungen inso-
fern, als das neue gerade bei Frankreich auf dem Ge-
biete der Architektur als ein Fiasko bezeichnet werden
muß. Man kann hier sehen, daß es auch 1925 in Paris
unmöglich gewesen ist auf Befehl einen neuen Stil zu
schaffen, so wenig das um 1900 mit dem Jugendstil,
oder 1850 mit dem Münchener Maximiliansstil ge-
glückt war.

Es wird viel zu wenig beachtet, daß die Reform der
modernen Architektur und des modernen Kunstge-
werbes, die sich vor etwa 30 Jahren in Deutschland
anbahnte, nicht lediglich unter dem Motto des Neuen
stand, sondern, daß sie zugleich ein sich Wieder=Be-
sinnen auf das gute Alte war, ein großer Reinigungs-

prozeß, ein sich Wieder^Besinnen auf das Echte und
Wahre in der Kunst. Nicht der historisch gewachsenen
großen Kunst hat man damals den Krieg erklärt, son-
dem den Verballhornungen, die sich die alte Kunst
im Historizismus des 19. Jahrhunderts hatte gefallen
lassen müssen, jenem Neurokoko, jener NTeurennais-
sance der guten Stube der 70er und 80er Jahre. Ganz
folgerichtig hat man auf den letzten organisch gewacht
senen Stil, das späte bürgerlich gewordene Empire
zurüdtgegriffen. Und der Stil Van de Veldes, bekannt
als Jugendstil, der damals aus der Forderung des Neuen
schlechthin entstanden war, ist heute in Deutschland
längst eine überwundene Sache. Es überraschte, daß
fast die ganze offizielle französische Ausstellungs-
Architektur in einer schwächlichen Weiterbildung dieses

140
 
Annotationen