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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 75.1925

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Jaskolla, Else: Eindrücke von der Pariser Ausstellung, ihrer Textil- und Schulabteilung im Besonderen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7092#0156
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Schulen, daß dort künstlerisch geschulte Kräfte, die auf dem Ge-
biet des textilen Kunsihandwerks zuhause sind, wirken, im Gegen^
satz zu unseren meisten Fachschulen, die sich mit der HeranbiU
dung von Frauen und Mädchen auf gewerblichem Gebiet befassen.
Wann endlich wird bei uns einmal auf diesem Gebiet Wandlung
geschaffen werden? Was nützt alles Organisieren, wenn Männer
an leitenden Stellen stehen, die, so vortrefflich sie sonst sein mögen,
doch keine Ahnung von den wirklichen Dingen und Bedürfnissen
auf textilem Gebiet haben, nicht haben können,- Dinge, die nur
die Frau meistern kann, umsomehr, als gerade auf diesem Ge-
biet unbedingt praktisches Können Vorbedingung ist und graue
Theorie verheerend wirkt. Es mutet geradezu grotesk an, wenn
man sich vergegenwärtigt, daß der Herr Direktor und sonstige
Obrigkeiten im Unterricht Frauenhemden und =Hosen auf ihre
Richtigkeit hin untersuchen und begutachten. Und wie sieht es an
diesen Schulen in geschmacklicher Beziehung aus! Warum werden
nicht gute Kunstgewerblerinnen als Lehrkräfte angestellt, die einzig
und allein dort an der rechten Stelle wären ? Was nützt der Einser
mit Stern im Handarbeitsexamen, wenn die betreffende Person
geschmacklich verbildet ist und dann geschmacksbildend auf die
Jugend losgelassen wird. Solange an den Frauenarbeitsschulen,
Gewerbeschulen, Stickerei^ und Spitzenschulen nichtkünstlerische
Lehrkräfte wirken, unter deren Leitung „stilisiert und entworfen"
wird, und diese Krampfgebilde dann obendrein noch ausgeführt
werden und solange noch gekaufte, vorgezeichnete, mehr als
kitschige Handarbeiten aus unseren in geschmacklicher Beziehung
auf tiefster Stufe stehenden Handarbeitsgeschäften in den Stickerei»
klassen ausgeführt werden <d. h. soweit solche bestehen, an un-
serer Münchener Frauenarbeitsschule gibt es eine solche überhaupt
nicht!!! — ), solange werden diese in geschmacklicher Beziehung
niemals gehoben werden. Und wozu haben wir eigentlich unsere

herrlichen Museen ? Wäre es nicht viel richtiger, anstatt dieser ge-
schmacklichen Verballhornung sich dort Motive zum Sticken etc zu
holen? An solchen Dingen kann der Geschmack nur gebildet und
die Phantasie angeregt werden. Tatsache ist, daß das Schülerinnen^
material, welches von solchen Fachschulen an die Kunstgewerbe»
schulen übertritt, geschmacklich dermaßen verbildet ist, daß mit
ihm nichts mehr anzufangen ist und es in den meisten Fällen nach
kurzer Zeit wieder entlassen werden muß. Bedauerlich ist es
ebenso, daß in der Zeichenlehramtsprüfung nicht mehr wie in
früheren Jahren das Entwerfen dreimal oder viermal bewertet
wird, sondern nur einmal. Üie Folge davon ist,daß die Kandidatin»
nen sich nur nebenbei oder überhaupt nicht damit befassen, denn
„Entwerfen" gilt ja nur einmal in der Prüfung und was dann von
solchen Kräften späterhin in ihrer Lehrtätigkeit auf diesem Gebiet
geliefert wird, steht dem der Handarbeitslehrerinnen ebenbürtig
zur Seite. Lind solchen in geschmacklicher Beziehung minderwertig
ausgebildeten Jugenderzieherinnen wird dann die geschmackliche
Ausbildung unserer Jugend anvertraut, während die allerbesten
kunstgewerblichen Kräfte gerade gut genug dazu sein sollten.
Mit „Bestempelung" ist das allerdings nicht zu erreichen, denn
gerade diejenigen Menschen, welche künstlerisch begabt sind,
scheuen aus begreiflichen Gründen vor einem Examen zurück-
Es ist brennend notwendig, daß das weibliche Fachschulwesen
und was damit zusammenhängt, auf ein möglichst hohes Niveau
gehoben wird, denn nicht allein um die Ausbildung der in Frage
kommenden Lehrkräfte handelt es sich, sondern darum, daß Ge»
schmack und Kultur in die weitesten Kreise des Volkes getragen
wird und dazu ist geradezu das gewerbliche und kunstgewerbliche
textile Gebiet als umfangreichstes an allererster Stelle berufen.
Man prüfe seine Kleidung und halte in seiner Wohnung Umschau
und wird meinen Worten zustimmen müssen. Else Jaskolla.

Schriftleitung: Dr. Paul Danzer, geschäftsführender Direktor des Bayerischen Kunstgewerbevereins. — Herausgeber u. Verlag : Bayerischer Kunstgewerbe^
verein München, Pfandhausstraße 7, Telephon 22950. — Für die Anzeigen verantwortlich: E. Sdiarhag — Drude von J. Schön — sämtliche in München

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