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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1816

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https://doi.org/10.11588/diglit.14645#0055
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54

aus, und wir ziehen eö dem von Hökner gleichgearbeiteten
Nro. 377. vor, obschon auch dieses, so wie Nro. 3?8. die
Köpfe von Ariadne und Theseus, in Stahl gravirt von
Krüger, in dieser schweren Kunst allerdings Lob verdienen.

Im zweyten Zimmer linker Hand des Einganges zeigt
sich von Nro. 21. bis 5i. die Meißner Zeichnen-Schule, in
der wir blos Nro. 22. bis 26. die Blumenstücke en gouache
von Arnhold, Lehrer au derselben, besonders auszuzeich-
nen haben. Alle andern Arbeiten sind nicht ohne Fleiß, schei-
nen sich jedoch zu sehr dem Bedürfnisse der Porzellan-Manu-
faktur zuzuneigen, um als freye Kunstwerke Ansprüche ma-
chen zu können.

In der nun folgenden Leipziger Akademie von Nro. 52.
bis 99. — (im Katalog fehlt dann ein Strich als Abzeich-
nung) ist manches Gute zu bemerken. Dahin gehören be-
sonders die beyden Zeichnungen von Julius Schnorr,
Sohn des wackern Direktors dieser Akademie. Nro. 58.
gibt eine Scene aus Sigurd in eigner Komposition des jun-
gen Künstlers, und eben so Nro. 91. den Kampf zwischen
Christen und Heiden. Letztere Federzeichnung ist ein sehr
großes Blatt, und besonders kühn und innig gedacht und
ausgeführt. Bey dem Kupferstiche des braven Dohne,
Nro. 53., wünschte man blos, daß er einen interessantern Kopf
zur Nachbildung erhalten hatte. Die Tusch-Arbeiten von
Brauer, Liebe, Elsner und Dietze Nr. 60., 62.,
so. und 89. sind zu loben, eben so auch mehrere der ausge-
stellten architektonischen Sachen, welche unter Anleitung des
Universitäts-Baumeisters Siegel gearbeitet ßnd.

Mir einem Ach! müssen wir nun von Nro. IOO. bis 106.
zu einer Reihe von Stickereyen treten, die sehr mühsam gear-
beitet kenn mögen, aber sich doch als Gemählde in Hinsicht
auf Kunst recht herzlich schlecht ausnehmen. Dieß ist beson-
ders der Fall bey der recht patriotisch gedachten, aber in je-
dem Punkte verzeichneten Allegorie, Sachsens glückliche Zu-
kunft darstellend, der Fall. Wir können jungen Mädchen
mit alter Weisheit nicht oft genug zurnfen, doch solche müh-
selige Spielwerke, die aber eben durch ihre Mühe zu Tage-
werken werden, aufzugeben, und wenn sie einmal die Nadel
brauchen wollen, lieber eine geschmackvolle Bordüre um ein
Ballkleid, als ein schlechtes und geschmackloses Gemahlde zu
sticken. Viel besser ist nun wohl die in demselben Zimmer
unter dem Buchstaben A ausgestellte, mit Faden auf Kupfer-
stich-Manier gebildete, Arbeit, Belisaire nach Desno per
vorstellend, von Dem. Jonas, so wie F die Eucharis in
Knötgen von derselben, aber doch ist es nur Kunststück,
nicht wahre Kunst, und man kann nur die Mühe bewundern,
ohne von einem eigentlichen wahren Werthe einer solchen
Schöpfung durchdrungen zu seyn.

Die Himmelfahrt der Maria nach Luc. Giordano
Nro. io§. vom Hofschauspieler Gever bestätigt des, was
wir schon früher bev Nro. iss. sagten. Auf dem betretenen

Wege fortfahrend wird dieser Künstler gewiß sich noch mehr
vervollkommen. Wir wünschten wohl zu wissen, in wessen
Besitz dieß Gemahlde von Luc. Giordano sey, da wir uns
nicht erinnern, es in irgend einer öffentlichen Gallerie gese-
hen zu haben; unstreitig gehört es also einer Privarsammlung
an. Die Arbeiten von Georgi Nro. 115. und 116. sind
lobenswerth, und besonders erinnert das betende Kind an
den zu früh verewigten Professor Vogel. Das Kunststück
Nro. 114. mit der Thurmuhr von Gutkäs auf dem Bilde,
welche nicht nur die Stunden zeigt, sondern auch ein Kunst-
gestänge und eine Baumsäge in Bewegung setzt, ist recht ar-
tig. Vor vielem andern aber zogen uns Nro. 121. bis 124.
vier Landschaften in Oel, von d. Carus, unstreitig einem
Kunstdilettanten, an. Denn hier spricht sich angehende Mei-
sterschaft aus, die nur noch einiger Praktik bedarf, um bald
vollkommen siegreich hervorzutreten. Alle vier sind eigne
Erfindung, und besonders ist die, ivelche Waldeinsamkeit be-
nannt ist, vortrefflich. Eine hohe Wahrheit und geistreiche
Einfachheit zeigt sich darin, und kein gesuchter Schmuck ver-
dirbt das Ganze. Nur das Kind in Nro. 124. wünschten
wir weg, dagegen die einsame Kapelle im Hintergrund, so
wie, auf Nro.l23., im Herbstnebel die halbabgestorbene Weide,
herrliche Wirkung machen. Auch Nro. 121. Eingang zur Un-
terwelt, Phantasie nach Dante (Hölle5rGesang), ist trefflich
gedacht und ernst ausgeführt.

Glicht weniger interessant sind gleich darüber Nro. 126.
und 127. zwey großeOelgemählde von Platner in Rom,
den Auszug der verstoßnen Hagar, und dieselbe in der
Wüste, nach eigner Erfindung des Künstlers, vorstellend.
Diese beyden Gemahlde sind ganz in dem ernsten und kalten
Styl gehalten, der einige der ältesten italienischen Meister
vor Leonardo und Raphael bezeichnet. Sie können
daher auch unmöglich bestechen, dagegen der Kenner bey nä-
herer Untersuchung in Zeichnung und Ausarbeitung doch wie-
der Manches findet, das er mit großer Achtung anerkennen
muß, womit wir jedoch noch nicht gelobt haben wollen, daß
ein sehr sinniger Künstler, der offenbar etwas Vorzügliche-
res liefern könnte, ans einer besondern Gemüthsstrenge oder
originellem Eigensinn, sich nach Mustern bildet, die nur für
die damalige Zeit des Wiederentstehens der Kunst in Italien
hohes Verdienst hatten. So ist auf dem ersten Bilde die
Gestalt, und besonders das Gesicht der Hagar — denn
die linke Schulter scheint uns gegen die Hüfte gehalten, doch
etwas verzeichnet — sehr gut, nicht weniger auch der Aus-
druck im Gesicht der Sara, und Ismaels Bewegung und
Miene, die mit jugendlicher Unbesonnenheit nur die Lust,
aus dem beschränkenden Verhältnisse hinaus in's Freye zu
kommen, andeutet. Dagegen ist Abrahams Bewegung
mit der Hand nach dem Bündel, welches Hagar auf dem
Rücken halt, ganz zwecklos, und wird eher so verstanden
werden, als wolle er es ihr wegneymen, als es ihr tragen
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