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Bald -hatte ick die frnchtbarn Rhein-Ebenen hinter mei-
nem Rücken, und eilte durch die lieblichen Hügel den Mar-
lenl?eim und Waffelen dem vor mir sich mächtig erhebenden
Gebirge zu, das mir seine reichen Eichen-, Buchen- und
Tannen-Walder auf mehrere Stunden entgegen stellte.

Neu belebt durch den Anblick dieser herrlichen Vegetation
hart' ich sie bald durchmandelt, als ich beym Dorfe Steigen
den Fuß des Wasgaus erreichte, auf dessen Felsspitzen man
rechts die Zinnen von Hohbarr und links die Wangenburg
erblickt, die noch als Ruinen den Stürmen der Zeit zu
trotzen scheinen.

Hier erhebt sich steil ein Felspfad, der sich zwischen fin-
stern Tannen emporwindet; mühsam war das Steigen,
doch reichlich sollte es belohnt werden. Kaum hatte ich den
Gipfel des Bergrückens erreicht, als sich mir der herrlichste
Rückblick in das Unter-Elsaß und das jenseitige Badische
aufschloß, im breiten Thale der Rhein. Erst weilte ich im
Anblicke dieser reichen Gefilde, tyannichsaltigen Dörfer, Fle-
ken und Städte, begrüßte nochmals die in fernem Blau ge-
hüllte Munfter-Piramide, und Freunde und Lieben, die sie
umwohnen, und wauderte weiter, nicht ahnend, daß nach
hundert Schritten eine noch viel ansgebreitetere Aussicht sich
dem staunenden Auge darbieten würde. Aus dem Tannen-
wald erhebt sich ein wiesenreicher Bergrücken, zerstreute
Hauser'beleben die bisher öde Gegend, und vor mir gegen
Westen liegt Lothringen; ich überblicke die weiten Mosel-
nnd Saar-Gegenden, in die sich duftig die Vogesen hinabsen-
ken. Im Vordergründe sieht die Vergspitze mit dem Dachs-
burger Schloßfels, einer aufrecht stehenden Walze ähnlich,
mit Wald, Wiesen und kümmerlichen Fruchtfeldern umgeben.

Ich stieg in's Dors Dachsbnrg hinab ; vom Schlosse selbst
finden sich keine Spuren mehr, als am senkrechten 3° Fuß
hohen Fels die Ueberreste eines Grabens.

Ich versah mich hier mit einem Führer, und wandert«
durch liebliche Wiesenthaler einem Bergrücken zu, den man
„Bey den Drey Heiligen" nennt, und wo ich nach Schöpf-
lins Aussage (Aisatia Iilustrata) Ueb erbleib sei römischer
Gräber finden sollte. Der Weg dahin ist wild und rauh,
und windet sich durch dunkeln Busch, und über Waldströme,
die durchwadet werden mussten, da sie, durch frühere Regen-
güsse angeschwellt, die leichten Stege fortgerissen hatten.

Das Abnehmen der Eichen und Buchen, welche Tannen
und Birken ersetzten, bezeichnete die Höhe der Region, als
wir an einem freyen Waldplatze anlangten, der ehmals ziem-
lich geebnet gewesen zu seyn schien. Ich befand mich auf
einmal vor einer Menge Felstrümmer, die mir auf den er-
sten Anblick wenig erheblich dünkten, da sich dergleichen bey-
nahe auf allen hohen Rücken der Vogesen vorfinden. Bey
genauerer Betrachtung fand ich jedoch, daß es keine gewöhn-
liche Felsblöcke, sondern stimmtlich behauene Steine waren,
die einen viereckige Platten von 3 Fuß Lange und i Fuß Dicke,

in der Mitte durchbohrt, andere, worin eine H Fuß große
runde Oeffnung mit Sorgfalt gehauen war; mehrere hatten
die Gestalt abgerundeter Prismen, ans deren Grundfläche
verschiedne rosettenförmige, jedoch sehr grob gehauene, Ver-
zierungen noch ganz sichtbar sind, und auf deren andern Seite
eine Vertiefung angebracht ist, gleich der eines Spülsteines.
Neben diesen liegen halbvcrgrabene förmliche Tröge, meistens
oben viereckt ansgehauen, und unten rund durchbohrt, von
ungefähr 4 Fuß Lange; es mögen jene Prismen diesen
wahrscheinlich einst zu Deckeln gedient haben; von ihrer Zu-
sammenstellung ist keine Spur übrig.

Unser vaterländischer Alterthums-Forscher Schöpflin
hat dort folgende Inschrift gefunden:

D. M.

IW. AIMILIANUS
SIIXTAE SI1DATI
UXORIS MATRIS
MANSUIITI.

M. Aemilianus Düs IVIanibus Sext®, Sedati uxoris, ms-
tris Mansueti.

Wahrscheinlich ist der Stein weggebracht worden, denn ich
konnte diese Inschrist nicht wieder finden. Warum eben diese
Stelle den Namen der Drey Heiligen erhalten, belehrt keine
Sage. Die sinkende Sonne ermahnte uns zum Aufbruch
aus dieser Waldgegend; wir eilten hinab ins Thal, wo wir
uns bald am Fuße der, aus anmuthigen Wiesen emporstei-
genden, Felsplatte der St.Leosburg befanden, Leo des ix.
Geburtsort. Ich wallfahrtete zu diesem wenig bekannten
Orte, den Felsen entlang; ihn bezeichnen die Ruinen einer
abgebrannten Kapelle; langes Gras bedeckt den Schutthaufen
der Burg.

Wir gelangten noch denselben Abend, längs dem Dorfe
Maythal, an die nahe Quelle der Saar; am Eingang dieses
Thales und an dem Fuße des Nonnenbergs, dessen Felsen
einst ein Kloster sollen getragen haben, standen sonst drey
obelisk-artige Steine, wovon mein Führer in seiner Jugend
noch zwey, später aber nur noch einen aufrecht stehend gese-
hen hat; nach dessen Aussage hatte dieser Stein 20 Fuß Höhe,
und an der Basis 5 Fuß im Durchmesser. Schöpflin
selbst hat ihn noch gesehen; er wurde aber in den lebten
Iahrzehent umgestürzt und ein Kreuz daraus gehauen, wel-
ches noch dasteht.

Der Ort selbst benennt sich noch immer, nach der Form
jener sonderbaren Steine, die Kunkel.

Wahrscheinlich waren diese drey Obelisken Celtischen Ur-
sprungs und gehörten zum Gottesdienst der früher» Be-
wohner der Gegend, der Tribvcker. Warum waren der
Steine drep; hat vielleicht die Benennung des wenig ent-
fernten Ortes zu den 3 Heiligen Bezug auf diese Stätte?

Es glühten die letzten Strahlen der Sonne an den Gi-
pfeln der Baume, und die Abendnebel verbreiteten sich wie
die Schleier der Vergangenheit auf diesen heiligen Schau-
platz der Vorzeit, als mich mein Führer ermahnte, daß es
Zeit sey, aufzubrechen, um das noch eine halbe Stunde ent-
fernte St. Quirin zu erreichen.
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