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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Bredius, Abraham: Zur Geschichte der Sammlungen des Erzherzogs Leopold
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0116

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219

Nekrologe,

220

Bürgerbüchern des 15. Jahrhunderts verzeichneten Wol-
gemut sein Vater gewesen und welches Gewerbe der-
selbc getrieben habe, läßt sich nicht bestimmen." Dem
ist aber nicht so, da die Murrschen Verzeichnisse selbst
eine Antwort auf die Frage geben.

Jn denselben wirdMichelWolgemut zuerst im Jahre
1473 genannt und ihm folgt in der Liste cine Auna
Valentin Malerin, die schon von Murr als eineWolgemut
erkannt wurde, da er diesen Namen in Klammer beifügte.
Jn dem darauffolgenden Jahre heißt es nach dem Namen
unseres Meisters: Anna Mater. Es war also diese
Anna die Mutter des Michel. Derartige Beziehungen
auf die vorhergenannte Person kommen in den Ver-
zeichnissen des öfteren vor, so im Jahre 1463, wo
auf Fritz Prawn Maler dessen Sohn Georg mit der
Bezeichnung Filius folgt und im Jahre 1492 in dem
nach Endres Wolgemut: ^nna vxor st pnsri sins
steht. Jene Anna kommt noch nnt dem Familien-
namen Wolgemut in den Jahren 1476 und 1480
nach Michel Wolgemut vor. Zuerst ist sie im Jahre
1470 als Anna Valentin Malerin genannt, und es
ist anzunehmen, daß sie in diesem oder im vergangenen
Jahre Witwe geworden ist, da der Maler Valentin
Wolgemut vom Jahre 1461 an jährlich bis zum
Jahre 1469 (einschließlich) aufgeführt und dann nicht
mehr genannt wird. Sie wird, wie Wilhelm Pleyden-
wurfs Witwe Helena, nach dem Tode ihres Gatten
dem Atelier desselben vorgestanden haben. Über
Balentin Wolgemut, der somit wohl fortan ohne Zweifel
als Vater des Michel betrachtet werden kann, ist weiter
nichts bekannt; doch steht zu hoffen, daß eingehende
archivalische Forschungen, die nunmehr über diese der
Unbestimmtheit entrissene Persönlichkeit angestellt wer-
den mögen, eine oder die andere Notiz zutage fördern,
die uns Kunde aus der Jugendzeit des Michel bringen
und uns vor allem die wichtige Frage zu entscheiden
gestatten, ob Wahrheit oder Dichtung das Jahr 1434
zuni Geburtsjahre des Meisters gestempelt hat.

Nürnberg. Paul Joh. Ree.

Nekrologe.

Heinrich Heinlein ch. Ju kurzer Frist wird die
alte Künstlergarde, mit der sich König Ludwig I. einst
umgeben, ausgestorben sein: in der Nacht vom 7. auf
den 8- Dezcmber ist wieder ein Mitglied derselben, der
berühmte Landschaftsmaler Heinrich Heinlein, nach eben
zurückgelegtem zweiundachtzigstem Lebensjahre hinüber-
gcgangen.

Heinrich Heinlein war am 3. Dezember 1803
zu Weilburg im vormaligen Herzogtum Nassau ge-
borcn, als der Sohn des Vorstandes der Kvnditorei
dcs Fürsten von Nassau - Weilburg; seiue Mutter
stammte aus der bekannten Künstlerfamilie Riedcl in
Baireuth, der auch der Genrcmaler August v. Riedel
angehörte. Sie war eine hochgebildete Frau und

zeichnete mit Pastellstift gesuchte Porträts. Auch die
Bildung seines Vaters ging weit über die in Lebens-
stellungen wie die seine gewöhnliche hinaus. Heinrich
besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt und erhielt
im elterlichen Hause, in welchem man viel auf Musik
hielt, Unterricht im Klavier- und Violinspiel.

Fünfzehn Jahre alt siedelte Heinlein mit scinem
in Ruhestand getretenen Vater nach Mannheim ttber,
wo er sich zwar von einer weniger romantischen
Natur umgeben sah, als diejenige war, welche in
Weilburg seine Anlage zu romantischer Anschauung
verstärkt hatte, dasür aber in der großherzoglichen
Galerie hervorragende Werke italienischer und nieder-
ländischer Meister und Antiken wenigstens inAbgüsseu
kennen lernte. Von diesen Kunstgenüssen ganz be-
rauscht, wäre der Jüngling am liebsten Bildhauer,
Historien- und Genremaler zugleich geworden. Sein
Bater aber hatte andere Absichten mit ihm und wollte
ihn dem Kaufmannsstande zuführen. Doch gelang es
der Mutterliebe, den Sohn, der Liesem Berufe in der
Seele abgeneigt war, den Vater zu bestimmcn, daß
er davon Abstand nahm und seine Zustimmung dazu
gab, daß sich Heinrich der Baukunst widme. Nach
vierthalbjährigen theoretischen Studien begann dieser
denn auch als Baukondukteur seine praktische Lauf-
bahu, trieb aber nebenbei Kunst, indem er ohne syste-
matische Anleitung Scenen aus Schillers Tell und
den Schlachten von Sempach und Murgarten malte,
um sich bald der Landschaftsmalerei zuzuwenden, wo-
bei ihm Everdingen, Ruysdael und Salvator Rosa
als Jdeale vorschwebten. Ein kurzer Ausenthalt bei
seinem Oheim, dem Baurat Riedel in Baireuth, bot
seiner Kinderseele nichts und so ging er mit dem
Maler August Riedel 1822 nach München und trat an
der königl. Akademie ein, wo er seine architektonischen
Studien unter Professor Gaertner fortsetzte, aber seine
Mußestunden wieder der Landschaftsmalerei widmete.

Einige seiner Bilder fanden günstige Aufnahme,
aber er konnte sich gleichwohl in München nicht län-
ger halten und kehrte auf den Wunsch seiner Eltern
schon nach Jahresfrist nach Mannheim zurück. Hübsche
Erfolge machten es ihm möglich, die Schweiz und
Oberitalien zu sehen und wieder nach München zu
gehen. Von dort fuhr er 1825 auf einem Floße nach
Wien, aber auch dort war seines Bleibens nicht und
er wanderte in 14 Tagen zu Fuß nach Mannheim
zurück, um es nach seiner Eltern Tod 1830 mit
München zu vertauschen, wo er sich bald eine ange-
sehene Stellung in der Kunstwelt errang.

Den Stoff zu seinen meisten Bildern entnahm
Heinlein dem nahen Hochgebirge. Sie sind durchweg
groß und energisch gedacht und tief empfunden. Das
Gewaltige entsprach seinem kerngesunden Wesen mehr
als das Anmutige und er gab es in jener markigen
und gediegenen Technik wieder, die alle seine Arbeiten
kennzeichnet. Seine ungewöhnliche Gestaltungskrast
verließ den Künstler auch im hohen Alter nicht, so
daß er noch vor kurzem sich der geliebten Kunst wid-
men konnte. Werke seiner Hand sind in zahlreichen
öffentlichen und Privatsammlungen zu finden.

Heinlein war seit 1846 Ehrenmitglied der Mün-
chener Akademie und seit 1852 Ritter erster Klasie des
bayerischen Verdienstordens vom heil. Michael.

C. A. Regiiet.
 
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