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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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59 Kunsthistorisches. — Personalnachriohten. — Sammlungen und Ausstellungen. — Denkmäler. 60

KUNSTHISTORISCHES.

„% Ein angebliches Bild des Christoph Columbus von
Lorenxo Lotto ist in Venedig aufgetaucht und von da über
Frankfurt a.M. nach Chicago übergeführt worden. Die Frank-
furter Zeitung macht über das Gemälde folgende Mitteilungen,
die wohl näherer Prüfung würdig und bedürftig sind: ,.Dem
Frankfurter Generalkonsul der Vereinigten Staaten, Herrn
Frank Mason, war es gelegentlich eines Aufenthaltes in
Venedig zur Kenntnis gekommen, dass ein Porträt von Colum-
bus sich seit 150 Jahren im Eigentum einer venezianischen
Familie befinde, und als private Verhältnisse die letztere
nötigten, sich von diesem Werke zu trennen, hielt Herr
Mason es für eine patriotische Pflicht, Sorge dafür zu tragen,
dass das Bild nach Amerika gelange, wo ein Originalporträt
des großen Seefahrers bisher nicht existirte. Das Gemälde
wurde für eine Privatsammlung in Chicago erstanden und
wird auf der dortigen Weltausstellung zu sehen sein. Es
zeigt Columbus als etwa fünfzigjährigen Mann mit gebleich-
tem Haar und wohlwollenden Gesichtszügen. Er trägt einen
blusenartigen Kittel mit weißem Streifen am Halse und einen
mit Pelz besetzten Mantel. Die rechte Hand hält eine Karte
des neuentdekten Kontinents mit der damals geltenden Be-
zeichnung für Amerika: terra sanetae crucis; die Linke uru-
fasst eine Sanduhr, die auf einem Gestell mit Büchern steht.
Lorenzo Lotto hat das Bild mit der Bezeichnung, deren er
sich häufig bediente: „Laurent. Lotus" versehen. Ein Por-
trät des Columbus von Lotto ist bisher nirgends erwähnt
worden. Vasari, Crowe, Burckhardt und Waagen führen es
nicht auf, und auch Morelli, der mit den Arbeiten des
Künstlers sehr vertraut war, scheint es nicht gekannt zu
haben. Wie das Bild entstanden ist, darüber kann es nur
Vermutungen geben. Der Lebensgang Lorenzo Lottos ist
mit großer Genauigkeit festgestellt. Nur über die Zeit vom
Jahre 1501 bis Oktober 1503 fehlt jede sichere Auskunft.
Der Meister hatte Treviso verlassen, war in Rom und Mai-
land aufgetaucht, und man nimmt an, dass er sich damals
einer päpstlichen Gesandtschaft an das spanische Hoflager
in Granada, wo Columbus bis 9. Mai 1502 weilte, ange-
schlossen und bei dieser Gelegenheit das Porträt des Ent-
deckers aufgenommen hätte. Dieses Bild, das im Laufe der
Jahrhunderte manchen Schaden erlitten, ist glücklich restau-
rirt und zeigt des Meisters koloristische Feinheit und die
ihm eigentümliche Weichheit der Behandlung. Die Doppel-
porträts, die man von Lotto kennt, — in der Nationalgalerie
zu London das Bild der beiden Arzte della Torre aus Padua,
im Museum zu Madrid das Bild eines Brautpaares, — sowie
der Umstand, dass der seltsame Fensterabschluss des Hinter-
grundes auf dem Bilde des Columbus ganz unvermittelt in
den Rahmen hineinschneidet, legen die Möglichkeit nahe,
dass auch dieses Bild ursprünglich ein Doppelporträt gewesen.
Unter den venezianischen Eigentümern galt es als Tradition,
dass Lotto mit Columbus zugleich den Eingeborenen, den
jener von seiner ersten Reise mit nach Spanien gebracht, ge-
malt habe und das Bild aus irgend einer Ursache zer-
schnitten worden sei."

PERSÜNALNACHRICHTEN.

0 Zum Direktor der schönen Künste in Frankreich
ist an Stelle Barroumets, der seine Entlassung genommen
hat, der bisherige Kabinettschef im Ministerium des öffent-
lichen Unterrichts, Henri Ronjon, ernannt worden. Er ge-
nießt den Ruf eines tüchtigen Verwaltungsbeamten. Außer-
dem hat er seine Befähigung für das neue Amt dadurch ge-
zeigt, dass er in der „Revue Bleue" scharfe Kunstkritiken

unter dem Pseudonym Ursus veröffentlicht hat. Vor seinem
Eintritt in die Beamtenlaufbahn (1876) war er Journalist ge-
wesen.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

O Über die zukünftige Gestaltung der Kunstatis-
stellungen in Berlin hat die Akademie der Künste am 7. Okt.
verhandelt. Der Verein Berliner Künstler hatte seinen Vor-
stand beauftragt, geeignete Schritte zu thun, um die jähr-
lichen Ausstellungen, nachdem die letzte so erfolgreich ge-
wesen war, der gesamten Künstlerschaft dauernd zu erhalten
und dafür zu sorgen, dass der Akademie nicht wieder die
Leitung übertragen werde. Der Vorstand des Künstler-
vereins hatte im August einen Bericht an das Ministerium
verfasst und unter Klarlegung der Verhältnisse und der ge-
machten Erfahrungen das Ministerium ersucht, von jetzt ab
die Leitung der Berliner Kunstausstellungen gänzlich in die
Hände der Berliner Künstlerschaft zu legen. Der Minister
hatte eine „objektive Prüfung des Gesuchs" angeordnet, es
fand aber, wie die „Vossische Zeitung" berichtet, in der
Sitzung der Akademie nur wenige Fürsprecher. Zwei Mit-
glieder erklärten sich gegen jede Ausstellung, im übrigen
wollte man auch von einem internationalen Charakter der
Ausstellungen nichts wissen, weil er der Berliner Produktion
und Repräsentation schädlich sei. Es wurde als ein altes
Vorrecht der Akademie in Anspruch genommen, die akade-
mischen Ausstellungen mit dem bisherigen Charakter weiter
bestehen zu lassen, bis dereinst einmal vielleicht der Aka-
demie ein kleineres Ausstellungslokal am Platze des jetzigen
Akademiegebäudes zu akademischen Eliteausstellungen in
größeren Zwischenräumen zur Verfügung stehen würde und
dann vielleicht die gewöhnlichen jährlichen Ausstellungen
an die Künstlerschaft überlassen werden könnten. (Nach
diesen Verhandlungen, die freilich noch nicht entscheidend
sind, würde bis auf weiteres keine Veränderung der bisheri-
gen Ausstellungsverwaltung zu erwarten sein. Indessen ist
das letzte Wort noch nicht gesprochen, da auf die Aus-
lassung der akademischen Körperschaft noch keine endgül-
tige Entschließung erfolgt ist und dem Verein Berliner
Künstler die letzte Instanz, die Berufung an den Kaiser, der
den Bestrebungen des Vereins stets ein warmes Interesse
gezeigt hat, noch offen steht. Von dieser Entscheidung wird
es abhängen, ob die Berliner Kunstausstellungen wieder auf
das frühere niedrige Niveau herabgedrückt werden sollen
oder ob ein frischer Wind mit veralteten Einrichtungen auf-
räumen wird. Wir übersehen dabei keineswegs die Schatten-
seiten, die den vom Künstlerverein veranstalteten und ge-
leiteten Ausstellungen nicht fehlen werden; aber feststeht
die Thatsache, dass die Akademie der Künste in dem letzten
Jahrzehnt nicht den Anforderungen entsprochen hat, die eine
Weltstadt wie Berlin an große, auf die Dauer von Monaten
berechnete Kunstausstellungen richten darf. Es handelt sich
hier nicht um eine Machtfrage, sondern um einen Kampf
um Sein oder Nichtsein: entweder die Akademie oder der
Künstlerverein. Wenn letzterer noch mehr von der Lebens-
kraft in sich spürt, die er in der internationalen Kunstaus-
stellung von 1801 offenbart hat, muss er den Kampf fort-
setzen, gleichviel durch welche Mittel. In einer so günsti-
gen Lage wie jetzt wird er sich schwerlich jemals wieder
befinden. Die Red.)

DENKMÄLER.

H. A. L. Das von dem Bildhauer Professor Andresen
entworfene Bbttgerdenkmal in Meißen ist am 17. Oktober
 
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