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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Osius, K.: Die Kunstsammlungen in Woerlitz
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Zimmermann, M. G.: Eduard Schulz-Briesen: Sammelausstellung seiner Werke in der Kunsthalle zu Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0129

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245

Eduard Schulz-Briesen.

246

Wir wenden uns "nun zu dem sogen. Gotischen
Hause, einem unschönen winkligen, mit engen, teil-
weise dunklen Gemächern versehenen sonderbaren
Gebäude von geradezu unglaublicher Gotik, welche
mehrfach unsere Heiterkeit hervorruft. Man vergisst
aber den schlimmen Eindruck, wenn man dem rei-
chen Inhalte seine Aufmerksamkeit widmet. Kost-
bare Holzschnitte von Alhr. Dürer, ein mit großer
Feinheit ausgeführtes Holzrelief nach demselben
Meister, ein von hinten gesehenes schweres Pferd
mit seinem Führer, mehrere Lukas Oranach, Nieder-
länder und Italiener in reicher Fülle, hoch hervor-
ragend das berühmte trefflich erhaltene Bild des
Großen Kurfürsten von A. Bannemann, anerkannt
als das beste Porträt, welches wir von dem Herrscher
besitzen, mehrfach für den preußischen Hof kopirt.
Die warmen, verwandtschaftlich-freundschaftlichen
und politischen Verbindungen des Großen Kurfürsten
mit Johann Georg II. von Anhalt mögen wohl die
Veranlassung gegeben haben, dass dies Kunstwerk
nach Wörlitz gelangte.

Den kostbarsten Schmuck aber des Gotischen
Hauses bilden die zahlreichen geraalten Glasscheiben
vom 15. bis zum 17. Jahrhunderts, sämtlich aus der
Schweiz, welche der Fürst teils durch Lavater teils
persönlich auf seinen Reisen erworben hat. In jener
öden Zeit, wo — mit Lübke zu reden — eine nüch-
terne kalte Aufklärung aller mittelalterlichen Däm-
merung auch in der Kunst den Krieg erklärte, wo
ungezählte gemalte Fenster mit dem Hammer zer-
schlagen und als wertloser Trödel weggeworfen wur-
den, weil die damaligen Glasermeister sie nicht ein-
mal gegen farbloses Fensterglas annehmen wollten,
hat der Fürst mit unbeirrtem Auge treulich ge-
sammelt, was er fand, und die unscheinbarsten Reste
mit seltenem künstlerischen Verständnis zusammen-
gestellt und angebracht, so dass sie eine höchst
wohlthuende Wirkung hervorbringen.

Die Krönung der Maria, die Anbetung Mariä
und Josephs, die Kreuztragung und Grablegung, eine
Reihe von Aposteln und die Verkündigung der Maria
sind die ältesten, mit den Jahreszahlen 1497 und
1511 bezeichnet, von scharfer sorgfältiger Zeich-
nung, zum Teil grau in grau, zum Teil von glühen-
der Farbengebung. Auf einer weiteren Scheibe er-
scheinen Karl der Große und sein Majordomus mit
dem Modell des großen Münsters in Zürich, dann
viele Stoffe aus der Schweizer Geschichte, der Bund
auf dem Rütli, achtzehn gepanzerte Ritter mit den
Bannern der verschiedenen Kantone, und eine An-
zahl von Szenen aus dem alten und neuen Testa-

ment von Michael Müller in Zug; kostbare Wappen-
schildereien aus dem 16. Jahrhundert. Auch das
17. Jahrhundert ist durch ein hervorragend ausge-
führtes Wappen mit der Krönung Marias von 1606
und eine köstliche Schilderei mit der Unterschrift
»Die Statt Schaffhucen" von 1632 vorzüglich ver-
treten.

So ist für jeden Kunstgeschmack reichlich ge-
sorgt ; interessante Porzellane, Intarsien, seltene
Waffen, türkische Beutestücke aus dem Entsatz von
Wien, eine Sammlung von Schriften aus der Refor-
mationszeit, Münzen, kostbare und seltene Wedgwood-
erzeugnisse, die Prunkrüstung Bernhards von Wei-
mar — dies alles beschäftigt das Interesse in der
anregendsten Weise.

Von Hofrat Dr. Ilosaeus ist ein geschickt und
fleißig zusammengestelltes Handbuch für die Be-
sucher der Kunstsammlungen herausgegeben worden.
Die Glasmalereien sind einer sorgfältigen Prüfung
und Bearbeitung durch Professor Dr. Rahn in Zürich
unterzogen. Im übrigen aber harrt das überreiche
Material, welches in dem schönen Wörlitz aufge-
sammelt ist, noch einer eingehenden kritischen
wissenschaftlichen Durcharbeitung.*)

K. OSIUS.

EDUARD SCHULZ-BRIESEN.

SAMMELAUSSTELLUNG SEINER WERKE IN DER
KUNSTHALLE ZU DÜSSELDORF.

Die Kunsthalle hat uns in den letzten Wochen
eine Sammelausstellung von Werken des am 21. Fe-
bruar vorigen Jahres so frühzeitig dem Leben ent-
rissenen Eduard Schulz-Briesen vorgeführt. Zwar
ist nur der kleinere Teil der Gemälde dieses thä-
tigen, wenn auch nicht sehr fruchtbaren Meisters
hier vereinigt, so weit sie bequem zu erlangen waren,
aber die ausgestellten Werke charakterisiren den-
selben in erschöpfender Weise und sprechen uns
von einem Leben, das reich war an äußerer Beob-
achtung und innerer Arbeit. Zwei kleinere Selbst-
bildnisse sind darunter. Das eine, vom 21. Dezember
1861 datirt, zeigt den Dreißigjährigen; hier ist er
der junge Mann, der getragen wird von einem kräf-
tigen Streben nach dem Idealen, dessen Seele leicht
begeistert seinem Wege voraus eilt nach höheren
Zielen; aus dem anderen tritt uns der ausgereifte

1) Vergl. die Aufsätze von Th. Frimmel über die
Galerien in Dessau, Wörlitz und Mosigkau in der Kais.
Wiener Zeitung, 1889, Nr. 228—231.

Der Herausg.
 
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