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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Meyer, Alfred Gotthold: Die dritte Münchener Jahresausstellung, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0035

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58

walt entfesselt. In wilder Hast drängen sich die
Blusenmänner um ihren Rädelsführer und die rote
Fahne; soeben hat man ein blutiges Opfer ihrer
Sache aus dem Getümmel getragen. Alles schreit,
hrüllt durch einander. Erhobene Fäuste, verzerrte
Gesichter — es ist ein Bild vertierter Raserei, wieder-
gegeben mit der brutalen Wahrheit eines Zola,
luvten hat sich mit diesem Gemälde und seiner Ber-
liner Komiteesitzung einen unanfechtbaren Platz
unter den hervorragenden Vertretern der neuen
hule gesichert. Auch Alexander Struys ist zu ihnen
Zu zählen, während Karl Nys die Reihe ihrer auf
Abwege geratenen Experimentatoren vermehrte.

anz eigenartig muten in dieser inhaltlich wie formell
Und technisch revolutionären Umgebung die vor-
nehmen Porträts an, in denen Luytens älterer Lands-
mann Vauters hier seinem Rufe Ehre machte. —

Wenige schroffe Gegensätze walteten in der
h°Uändisc}an Abteilung. Der Name Josef Israels
m bereits zu einem Schlagwort für eine ganz be-
* mimte koloristische Stilistik geworden, die näherer
Schilderung an dieser Stelle kaum noch bedarf,
kein Helldunkel, welches immer erfolgreicher das
udium Renibrandts verrät, wirkt im Gegensatz zu
en oft so verletzenden Farbendisharmonien in
anderen Sälen äußerst wohlthuend. Auch durch seine
fctoffe weiß Israels jetzt zu fesseln. Freilich schildert
uut einer gewissen Vorliebe das Proletariat seiner
eimat, und zeigt uns auch in seinen „Frauen von
andvoort," und „aus Scheveningen" reizlose, in
orge und Arbeit verkommene Gestalten, aber da-
ueben finden sich so anziehende Genrebilder, wie
«der Trost der Großmutter." „Vaters Liebling" und
»Am Strande," von denen besonders die beiden
etzteren an Liebenswürdigkeit den Schöpfungen
emes Eduard Meyerheim nicht nachstehen. Albert
Ncuhuys und Christoffle Bisschop sind auf gleichem
ege- Der erstere weiß den an sich keineswegs
schönen Zügen einer jungen Holländerin, die ihr
schlafendes Kind in den Armen hält, den Zauber
lnmgsten Mutterglücks zu verleihen, und Bisschop
uberträgt den Wohlklang einer Liebeswerbung in
eine nicht minder verständliche Harmonie von Licht
und Farben. — Quantitativ äußerst stattlich waren
Hamel und der verstorbenen Anton Mauve'm flott
aufgenommenen kleinen Skizzen vertreten, deren
Nüchternheit in der Nähe /frischer Momentauf-
nahmen freilich stark fühlbar ward.

Parteilichkeit der Münchener für bestimmte Rich-
tigen und Schulen machte sich in diesen Sälen
der „Ausländer" nicht geltend: Nach Maßgabe des

allerdings vom Zufall abhängigen Angebotes schien
alles zugelassen, wovon man irgend lernen zu können
glaubte. — Parteilichkeit und Einseitigkeit wird der
unbefangene Beschauer auch an der deutschen
Hauptabteilung dieses internationalen „Salons" nicht
rügen können. Dass hier München selbst an der
Spitze stand ist begreiflich und berechtigt. Selbst
von den „Prinz-Regenten-Saal" abgesehen, gab die
Münchener Kunst hier die Signatur. Aber keineswegs
lediglich die modernste Münchener Freilichtmalerei!

(Fortsetzung folgt.)

BÜCHERSCHAU.

Uber (Ins Museum xu Leipzig wird demnächst im Ver-
lage von E. A. Seemann in Leipzig eine glänzend illustrirte
Luxuspublikation erscheinen, deren Text aus der Feder des
Assistenten des Museums, Dr. Julius Vogel, stammt. Er be-
handelt auf Grund umfassenden Aktenmaterials, unter gleich-
zeitiger Berücksichtigung der Geschichte des Leipziger Kunst-
vereins die Entwickelung des Museums von seinen Anfängen
bis zur Gegenwart, ein geschichtlicher Überblick, der schon
um jener eigenartigen, durchgehends von dem gemeinnützigen
Streben und von größter Opferwilligkeit der Leipziger Bürger-
schaft getragenen Entwickelung willen, auch außerhalb Leip-
zigs ungeteiltes Interesse hervorrufen dürfte.

Die interessante Entwickelungsgeschichte ist begleitet von
einer großen Fülle von Kunstblättern, welche eine Reihe
hervorragender Stücke der Sammlung, u. a. Gemälde von
vanEyck, Cranach, Wouter Knyff, Calame,Delaroche,Bellange,
LudwigRichter, Andreas und Oswald Achenbach, Vautier, Geb-
hardt, W. Sohn, Defregger, Lenbach, Uhde, Toby Bosenthal,
Böcklin, in vortrefflich gelungenen Nachbildungen zeigen.
Es sind im ganzen 29 Kupferdrueke in dem Werke enthalten,
nämlich 10 Radirungen nach Gemälden und eine Gesamt-
ansicht des Museums von Alfred Krauße, und 19 Heliogra-
vüren; außerdem sind im Text noch eine größere Anzahl
von Abbildungen nach Gemälden und Skulpturen, ferner
l'läne u. s. w. eingedruckt.

Das Werk wird imNovember in zwei Ausgaben erscheinen;
mit Goldschnitt elegant gebunden mit Kupfern auf chinesi-
schem Papier zum Preise von M. 25, —, mit Kupfern auf
weißem Papier, Einband ohne Goldschnitt M. 21,—.

TODESFÄLLE.

— Der Kunslschriftsfeller Dr. Paul Schöllfeld ist am
21. Oktober zu Berlin an den Folgen eines Selbstmordver-
suchs gestorben, den er infolge von geistiger Verwirrung
verübt hat. Schönfeld hat sich in der kunstwissenschaft-
lichen Litteratur durch eine Heißige und verdienstvolle Mo-
nographie über Andrea Sansovino eingeführt und von seinen
weiteren Studien auf dem Gebiete der italienischen Renais-
sance durch eine Reihe von Aufsätzen, die zum Teil in
der „Zeitschrift für bildende Kunst" veröffentlicht worden
sind, Rechenschaft abgelegt. Nach kurzer Thätigkeit als
Konservator am Pfälzischen Gewerbemuseum in Kaiserslautern
nahm er seinen Wohnsitz in Berlin, wo er sich journalisti-
scher Thätigkeit widmete. Er ist 40 Jahr alt geworden.
 
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