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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Zimmermann, M. G.: Eduard Schulz-Briesen: Sammelausstellung seiner Werke in der Kunsthalle zu Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0130

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Eduard Schulz-Briesen.

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Mann entgegen, dessen Haar und Bart schon zu er-
grauen beginnen, dessen Züge von manchem Kampf
und mancher bitteren Erfahrung durchfurcht sind,
aber die innere Kraft der Seele giebt diesem Kopf
doch vorwiegend den Ausdruck der Befriedigung,
die der Künstler im geistigen Schaffen gefunden hat.
Das tiefliegende Auge schaut scharf beobachtend
unter den buschigen Brauen hervor, aber eben so
sehr blickt es nach innen und lässt die künstlerische
Kraft ahnen, welche sich eine innere Welt zu ge-
stalten weiß. Beide Male steht der Künstler neben
seiner Staffelei, die Kunst war ihm der höchste Zwek
seines Lebens.

Eduard Schulz-Briesen war am 11. Mai 1831
in dem Hause Amstel nahe der Abtei Knechtstädten
geboren. Von seinem Vater wurde er zur militä-
rischen Laufbahn bestimmt und früh kam er auf
die Kadettenanstalt in Bensberg. Die strenge Er-
ziehung sagte jedoch seinem phantasiereichen Ge-
müt nicht zu, und es gelang ihm, von den Eltern
die Erlaubnis zu erwirken, seinem Hang für die
Kunst zu folgen und Maler zu werden. Schon als
Knabe hatte er viel gezeichnet und hübsche Proben
seines Talentes abgelegt. Im Jahre 1849 bezog er
die Akademie zu Düsseldorf, wo Karl Sohn und
Hildebrand seine Lehrer wurden. Nach zwei Jah-
ren, Ende 1851, zog ihn der Zauber, den damals
die belgische Koloristenschule auf die Welt ausübte,
nach Antwerpen, bei der dortigen Akademie wurde
er Schüler von Dykmanns und Wappers. Aber er
wollte mehr sehen und lernen und ging weiter nach
Paris, um sich mit den Werken und der Technik
der dortigen Meister bekannt zu machen. Diese Stu-
dien haben viel zu seiner Ausbildung beigetragen,
sie haben ihm einen freieren und weiteren Blick ge-
geben, aber eine so feste Persönlichkeit, wie die sei-
nige, konnte durch keine fremden Einflüsse merk-
lich aus ihrer Richtung gebracht werden, und so-
mit ist der rechte Endzweck solcher Studien an ihm
erfüllt worden, kein fremdes Element trübt das Kern-
deutsche seiner Persönlichkeit. In der korrekten
Zeichnung und maßvollen Farbe blieb er der Zög-
ling der Düsseldorfer Malerschule. In der zweiten
Hälfte der fünfziger Jahre malte er auf den Schlös-
sern und in den Städten Westfalens eine Zahl von
Bildnissen. Nebenbei gründete er in Barmen ein
photographisches Atelier und lieferte an Buchhändler
poetisch empfundene und scharf gezeichnete Illu-
strationen.

Die künstlerische Thätigkeit Schulz-Briesens er-
streckte sich hauptsächlich auf das Bildnisfach und

das Genre. Bis zu seiner endgültigen Niederlassung
in Düsseldorf im Jahre 1870 malte er Bildnisse,
dann, nachdem sich sein Talent durch den lebhaf-

I teren Verkehr mit anderen Künstlern zu voller Reife
entwickelt hatte, schuf er fast ausschließlich Genre-
bilder, bis er im Jahre 1880, veranlasst durch einen
Düsseldorfer Kunstsammler, mit demselben eine Reise
durch die holländischen Galerien machte, begeistert
durch die holländische Bildnismalerei des 17. Jahr-
hunderts, sich wieder von neuem dem Bildnis zu-
wendete, und, unterstützt durch zahlreiche Aufträge,
dasselbe in seinem Schaffen überwiegen ließ.

In seinen Büdnisseii ist am besten ein stetiger
Fortschritt zu bemerken. Zwei Bildnisse aus seiner
Jugendzeit, seinen Vater und den Dichter Hoffmann
von Fallersleben darstellend, im Besitz seiner Witwe,
sind in der Ausstellung der Kunsthalle. Schon hier
zeigt sich das vorwiegende Bestreben des Künstlers
auf energische Charakteristik, wo sich Gelegenheit
dazu bot, ist nicht nur das Persönliche, sondern auch
das Typische der Erscheinung fest gehalten; sein
Vater ist ganz der Amtmann oder Steuerbeamte
seiner Zeit. In Hoffmanns von Fallersleben Erschei-
nung war das Niederdeutsche besonders ausgespro-
chen, so dass er fast wie ein Helgoländer Schiffer
aussah, und auch das ist in dem Bildnis vortreff-
lich betont. Die malerische Behandlung ist in die-
sen frühen Bildnissen noch ziemlich unvollkommen,
so dass sie die scharfe Zeichnung nicht zu decken
vermag. Aber je weiter der Künstler vorschreitet,
desto mehr gelingt es ihm, Zeichnung und Malerei
zusammen zu empfinden, und als er in dem Bild-
nis seines holländischen Reisegefährten im Jahre
1881 von neuem als Bildnismaler vor das Publikum
tritt, da ist der malerische Vortrag breit und kräftig
geworden, wenn auch zuerst eine gewisse Härte in
der Farbengebung nicht überwunden ist. Bis zu
vollkommener Freiheit und Mächtigkeit, im Bildnis
vorzudringen, ist ihm überhaupt nur in einzelnen
Fällen gelungen, wohl das beste unter den ausge-
stellten ist das eines alten, im Lehnstuhl sitzenden
Herrn mit großem, weißem Schnurrbart vom Jahre
1890; hier ist eine überaus kräftige, plastisch wir-
kende Modellirung mit breitem, malerischem Vor-

I trag, harmonischen vollen Farben und energischer,
überaus lebendiger Charakteristik vereinigt. Ein ge-
wisser Grad von sprechender Individualität ist in
allen seinen Bildnissen erreicht. Sehr liebenswürdig
ist das Bildnis seiner Tochter, eines halb erwach-
senen Mädchens mit einem Hündchen im Arm, in
warmen und satten Farben. Eine besondere Meister-
 
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