eyklus vorn Rhein in neuer Gewandung und mit Ge-
dichten verbrämt unter dem Titel „Rheinlands Sang
und Sage" herauskommt.
Das ist der alte Strom,
Den ich befahre;
Das ist der alte Dom,
Den ich gewahre.
Wie sie, des Daseins froh
Blieb ich derselbe so
Im Lauf der Jahre?
So singt D. F. Strauß, wie er das Gelände wie-
dersieht und sein Gedicht steht leider in dem schön
gebundenen Prachtband nicht, worin so viel Car-
mina Sylvae enthalten sind. Wir finden aber manches
gute Alte darin, z. B. Herweghs schönes Rheinlied
und manches Moderne, wie das Preislied von Frida
Schanz, das sich neben Herweghscher Kraft etwas
marklos ausnimmt; neben allerlei Rheinlyrik manche
halbvergessene Ballade und manche stimmungsvolle
Romanze, die doppelt lebendig wird, indem wir die
mit so feinem Geschick und Gefühl ausgeführten
Radirungen Maunfelds betrachten.
Zu denen, die im Winter als regelmäßiger Gast
zu uns kommen, wie die Schwalben im Sommer,
gehört Albert Hendsdiel, von dem eine neue Reihe
„Allerlei" dargeboten wurde. Der Spruch aus Jesus
Sirach: „Denn Allerlei dienet nicht jedermann und
so mag auch nicht jedermann allerlei" ist nicht auf
diese Sammlung anwendbar, so wenig als auf das
bekannte Leipziger Gericht. Wir können zu dem
neuen Strauß Hendschelscher Blüten sagen — da
wir denn doch einmal in das Bereich der frommen
Sprüche geraten sind: es sind mancherlei Gaben,
aber es ist ein Geist. Ja in vieler Beziehung sind
diese letzten Zeichnungen noch interessanter als die j
früher veröffentlichten. Man blickt hier stellenweise \
tiefer in die Seele des Künstlers, der im Skizziren ;
schier unermüdlich war. Außer den humoristischen |
Szenen, von denen sich wieder eine ganze Menge ,
vorfinden, und außer den Versuchen zu Illustrationen
die in ihrer gemütvollen Einfachheit oft an L. Bichter
erinnern, finden sich auch noch andere Studien,
z. B. die zarten, physiognomischen auf Seite 12 und
13, die ganz vortrefflich sind und die es abermals
bedauerlich erscheinen lassen, dass Hendschels Be-
mühungen sieb so zersplitterten, dass er, ich möchte
sagen, sich auf das Muschelsammeln am Meere des
Lebens beschränkte. Unschätzbar ist an diesen Zeich- !
nungen, dass sie nicht auf Bestellung gemacht wur-
den, sondern meist reine Studien sind. Fast alles
ist unfertig, aber in allem ist schier der Pulsschlag
der Hand erkennbar, die den Stift so fleißig führte.
Hendschel erlag noch nicht der Gefahr, die heute
vielen Talenten gefährlich wird, die mit der Klein-
kunst des Illustrirens sich befassen: er clichirt seine
Figuren nicht. Uberall zeigt sich in seinen Skizzen
der Reiz einer künstlerischen Persönlichkeit. Dass
er sehr empfindlich war, wenn die Kontur seiner
Vorzeichnungen verletzt wurde, ist bekannt. Die
Holzschneider seiner Tage haben ihn oft genug ner-
vös gemacht.
Ein vielgesehener Gast im deutschen Salon ist
neben Hendschel Paul Thumamt. Das Werk, das
seinen Namen weithin verbreitet hat, Chamissos
Frauenliebe und -Leben, tritt in neuer Ausstattung
vor das Publikum; in etwas verfeinerter Toilette be-
gehrt es Einlass in die Salons und beruft sich auf
die Gunst des Publikums, die ihm in so reichem
Maße zu teil geworden ist. Ich weiß nicht, ob
unsere jungen Damen noch immer in dem Zeichner
Thumann „den Herrlichsten von allen" sehen; zwar
sagt der Dichter: „Der Frauen Gunst wird nicht so
leicht verscherzt." Doch sagt er auch: „Und die
Arge liebt das Neue." Doch sollte man meinen,
dass für Thumann jedes Jahr ein Liebhaberkreis her-
anwüchse, der hier den für seine Gemütsstimmung
adäquatesten Ausdruck findet. Da thut der Ver-
leger denn ganz recht, wenn er sein altes Gold in
neue Form bringt — freilich muss er auf den Bei-
fall derer, die das noch nicht Dagewesene suchen,
verzichten. Die Thumannschen Gestalten haben in
den zehn Jahren ihres Daseins nichts verloren, als
den Reiz der Neuheit, also alles gewonnen, was zu
rechter Beurteilung erforderlich ist. Das letzte Werk,
welches uns in neuer Gewandung aber alter Gestalt
begegnet, ist die originelle Mappe mit Kinderszenen,
welche Karl Fröschl im vorigen Jahre veröffentlicht
hat. Das große Prachtwerk mit IG Heliogravüren
in Folio hat wegen seiner graziösen Kinderdarstel-
lungen besonders bei den Damen Glück gemacht.
Die heuer unter dem Titel „Kleine Gesellen11 erschie-
nene Lichtdruckmappe (Preis 8 Mark) zeigt in ver-
schiedenfarbigen Lichtdrucken dieselben zarten und
überaus zierlichen Erfindungen in Quart, der bil-
ligere Preis dürfte zur Verbreitung der Sammlung
sehr beitragen. Die Leser dieser Zeilen kennen das
Charakterbild des liebenswürdigen Künstlers genau,
haben auch mehrere Proben seiner Kunst gesehen,
so dass wir uns die Lobpreisung der feinen Charak-
teristik, des glücklichen Humors, der in dieser Samm-
lung waltet, sparen können.
C. W. Allers ist fruchtbar wie ein armer Dorf-
schulmeister. Aus Nord und Süd hat er Studien
dichten verbrämt unter dem Titel „Rheinlands Sang
und Sage" herauskommt.
Das ist der alte Strom,
Den ich befahre;
Das ist der alte Dom,
Den ich gewahre.
Wie sie, des Daseins froh
Blieb ich derselbe so
Im Lauf der Jahre?
So singt D. F. Strauß, wie er das Gelände wie-
dersieht und sein Gedicht steht leider in dem schön
gebundenen Prachtband nicht, worin so viel Car-
mina Sylvae enthalten sind. Wir finden aber manches
gute Alte darin, z. B. Herweghs schönes Rheinlied
und manches Moderne, wie das Preislied von Frida
Schanz, das sich neben Herweghscher Kraft etwas
marklos ausnimmt; neben allerlei Rheinlyrik manche
halbvergessene Ballade und manche stimmungsvolle
Romanze, die doppelt lebendig wird, indem wir die
mit so feinem Geschick und Gefühl ausgeführten
Radirungen Maunfelds betrachten.
Zu denen, die im Winter als regelmäßiger Gast
zu uns kommen, wie die Schwalben im Sommer,
gehört Albert Hendsdiel, von dem eine neue Reihe
„Allerlei" dargeboten wurde. Der Spruch aus Jesus
Sirach: „Denn Allerlei dienet nicht jedermann und
so mag auch nicht jedermann allerlei" ist nicht auf
diese Sammlung anwendbar, so wenig als auf das
bekannte Leipziger Gericht. Wir können zu dem
neuen Strauß Hendschelscher Blüten sagen — da
wir denn doch einmal in das Bereich der frommen
Sprüche geraten sind: es sind mancherlei Gaben,
aber es ist ein Geist. Ja in vieler Beziehung sind
diese letzten Zeichnungen noch interessanter als die j
früher veröffentlichten. Man blickt hier stellenweise \
tiefer in die Seele des Künstlers, der im Skizziren ;
schier unermüdlich war. Außer den humoristischen |
Szenen, von denen sich wieder eine ganze Menge ,
vorfinden, und außer den Versuchen zu Illustrationen
die in ihrer gemütvollen Einfachheit oft an L. Bichter
erinnern, finden sich auch noch andere Studien,
z. B. die zarten, physiognomischen auf Seite 12 und
13, die ganz vortrefflich sind und die es abermals
bedauerlich erscheinen lassen, dass Hendschels Be-
mühungen sieb so zersplitterten, dass er, ich möchte
sagen, sich auf das Muschelsammeln am Meere des
Lebens beschränkte. Unschätzbar ist an diesen Zeich- !
nungen, dass sie nicht auf Bestellung gemacht wur-
den, sondern meist reine Studien sind. Fast alles
ist unfertig, aber in allem ist schier der Pulsschlag
der Hand erkennbar, die den Stift so fleißig führte.
Hendschel erlag noch nicht der Gefahr, die heute
vielen Talenten gefährlich wird, die mit der Klein-
kunst des Illustrirens sich befassen: er clichirt seine
Figuren nicht. Uberall zeigt sich in seinen Skizzen
der Reiz einer künstlerischen Persönlichkeit. Dass
er sehr empfindlich war, wenn die Kontur seiner
Vorzeichnungen verletzt wurde, ist bekannt. Die
Holzschneider seiner Tage haben ihn oft genug ner-
vös gemacht.
Ein vielgesehener Gast im deutschen Salon ist
neben Hendschel Paul Thumamt. Das Werk, das
seinen Namen weithin verbreitet hat, Chamissos
Frauenliebe und -Leben, tritt in neuer Ausstattung
vor das Publikum; in etwas verfeinerter Toilette be-
gehrt es Einlass in die Salons und beruft sich auf
die Gunst des Publikums, die ihm in so reichem
Maße zu teil geworden ist. Ich weiß nicht, ob
unsere jungen Damen noch immer in dem Zeichner
Thumann „den Herrlichsten von allen" sehen; zwar
sagt der Dichter: „Der Frauen Gunst wird nicht so
leicht verscherzt." Doch sagt er auch: „Und die
Arge liebt das Neue." Doch sollte man meinen,
dass für Thumann jedes Jahr ein Liebhaberkreis her-
anwüchse, der hier den für seine Gemütsstimmung
adäquatesten Ausdruck findet. Da thut der Ver-
leger denn ganz recht, wenn er sein altes Gold in
neue Form bringt — freilich muss er auf den Bei-
fall derer, die das noch nicht Dagewesene suchen,
verzichten. Die Thumannschen Gestalten haben in
den zehn Jahren ihres Daseins nichts verloren, als
den Reiz der Neuheit, also alles gewonnen, was zu
rechter Beurteilung erforderlich ist. Das letzte Werk,
welches uns in neuer Gewandung aber alter Gestalt
begegnet, ist die originelle Mappe mit Kinderszenen,
welche Karl Fröschl im vorigen Jahre veröffentlicht
hat. Das große Prachtwerk mit IG Heliogravüren
in Folio hat wegen seiner graziösen Kinderdarstel-
lungen besonders bei den Damen Glück gemacht.
Die heuer unter dem Titel „Kleine Gesellen11 erschie-
nene Lichtdruckmappe (Preis 8 Mark) zeigt in ver-
schiedenfarbigen Lichtdrucken dieselben zarten und
überaus zierlichen Erfindungen in Quart, der bil-
ligere Preis dürfte zur Verbreitung der Sammlung
sehr beitragen. Die Leser dieser Zeilen kennen das
Charakterbild des liebenswürdigen Künstlers genau,
haben auch mehrere Proben seiner Kunst gesehen,
so dass wir uns die Lobpreisung der feinen Charak-
teristik, des glücklichen Humors, der in dieser Samm-
lung waltet, sparen können.
C. W. Allers ist fruchtbar wie ein armer Dorf-
schulmeister. Aus Nord und Süd hat er Studien