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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Lampel, Adolf: Die Monogramme Jesu Christi
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0088

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eine Querstange, stellten sie in Kreuzesform gegen
einander und befestigten über denselben einen mit
Gold und Juwelen besetzten Kranz. Die Figur
welche durch Zusammenstellung dieser Gegenstände
entstand, zeigte die beiden ersten Buchstaben des
mit griechischen Initialen geschriebenen Wortes
Christus: X und P, und brachte dadurch nicht bloß
den Namen Christus, sondern auch die Form des
Kreuzes zum entsprechenden Ausdruck.

Dieses verschlungene Monogramm trug der
Kaiser fortan an seinem Helme und ließ auch die
Schilde seiner Soldaten mit demselben versehen.
Auch wurde das Labarum, die Königsfahne, mit
diesem Zeichen geschmückt. Eine Inschrift wurde
dem Monogramm nicht beigefügt; eine solche zeigt
sich erst später auf den Münzen des Konstantins,
(des Sohnes Konstantins) und der gleichzeitigen
Herrscher Vetranio (350) und Gallus (351—354),
wo das Monogramm als Umschrift noch den Zusatz:
„Hoc Signo Victor eris" d. h. „durch dieses Zeichen
wirst du Sieger sein", erhielt.

Wie die Form des Konstantinischen Mono-
gramms Christi wirklich gewesen ist, darüber ist
volle Klarheit nicht vorhanden, namentlich ob es

die Form oder gewesen, wobei es außerdem
noch in Frage steht, ob in der ersteren Figur das
Oehr des P die Kreuzesbalken des X überragt habe
oder von ihnen umschlossen gewesen sei.

Nach dem Berichte des bekannten Kirchen-
schriftstellers Lactantius (de mortib. persecut. c. 44),
den Konstantin mit der Unterweisung seines ältesten
Sohnes betraute, scheint, wenn man den Bericht

buchstäblich nimmt, die letztere Form X die von
Konstantin eingeführte gewesen zu sein, wogegen
nach Eusebios, der sich in seiner vita Const. I, 31
noch weniger deutlich ausspricht, es die eine oder
andere der bezeichneten Monogramme oder auch die

Form ^ gewesen sein kann; es sind dies also die
bereits am Anfang meines Artikels angegebenen
ersten vier Varietäten. Die Unsicherheit ist haupt-
sächlich deswegen entstanden, weil diese Schrift-
steller das Monogramm nur beschrieben, aber keine
Zeichnung hierzu gegeben haben. Wie das Mono-
gramm ausgesehen hat, darüber können die alten
Münzen, welche auf unsere Zeit überkommen sind,
wohl einen gewissen Anhalt geben, aber auch aus
diesen ist volle Sicherheit nicht zu entnehmen. Nach
dem Werke der Cavedoni: Kritische Untersuchungen
über die Medaillen Konstantin des Großen, zeigen

die Münzen Konstantins und seiner Söhne häufig ein
einfaches Kreuz, meist aber das Bild während
die Münzen des Maxentius (350 n. Chr.) und anderer
Kaiser das Bild haben. In den Katakomben
Bants, welche so viele kostbare Erinnerungen aus
den ersten Zeiten des Christentums bis auf unsere
Zeit gerettet haben, wird das Monogramm Christi
vielfach bemerkt, aber gerade hier giebt es davon
sehr viele verschiedene Formen, und lässt sich auch
nur sehr selten mit Sicherheit nachweisen, aus
welcher Zeit, und ob vor oder nach Konstantin, die
diesfälligen Zeichen stammen. Das nachweisbar
älteste Monogramm in den Katakomben datirt nach
de Rossi (bullett.), welcher um die Erforschung der
römischen Katakomben und der christlichen In-
schriften daselbst sich hoch verdient gemacht hat,
aus dem Jahre 323 nach Chr., also gerade aus der
konstantinischen Zeit und dieses hat das Zeichen ^£
Hieraus folgt aber keineswegs, dass dieses Monogramm
erst zur Zeit Constantins entstanden oder von ihm
herrühre. Es ist vielmehr archäologisch nachge-
wiesen, dass, wenn auch nicht als Monogramm, doch
als Abbreviatur in Inschriften und Schriftsätzen das
Wort Christus in ähnlichen Figuren schon längst
vor Konstantin und zwar durch die Schriftzeichen
jj^und sowie durch das einfache X wiederge-
geben wurde. So kommen diese drei Abbreviaturen
nach de Rossi (inscr. christ.) in Inschriften vor,
welche unzweifelhaft bereits dem dritten Jahrhundert

(von denen eine mit der Abbreviatur ganz bestimmt
dem Jahre 268 nach Chr. angehört), also der Zeit
vor Konstantin entstammen. Zu diesen Abbreviaturen
gehören auch die Schriftzeichen mit den Strichen
darüber, welche Circumflexe darstellen (also <j£ oder
yfc,), um die Auslassung weniger Buchstabenanzu-
deuten.

Sonach kann die Behauptung, dass Konstantin
der Große der Urheber des gedachten Monogramms
sei, nicht aufrecht erhalten werden, es ist vielmehr
anzunehmen, dass Konstantin um sich der christlichen
Traeition anzuschließen, das Monogramm in einer Form,
welche unter den Christen bereits bekannt war, an-
genommen und demnach nur dazu beigetragen hat,
dass dasselbe mehr in den allgemeinen Gebrauch
kam. Endlich wird es für viele sogar überraschend
sein zu erfahren, dass diese sogenannten Monogramme
Christi nicht einmal christlichen, sondern entschieden
heidnischen Ursprungs sind. Die ersten Christen be-
 
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