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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Lampel, Adolf: Die Monogramme Jesu Christi
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0090

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Die Monogramme Jesu Christi.

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den unbesieglichen Sonnengott Helios-Apollo als
„das himmlische Abbild des Imperators" an und
stellte, da er bis zuletzt fortwährend zwischen
Heidentum und Christentum schwankte, seine neue
Hauptstadt Byzanz-Könstantinopel zu gleicher Zeit
unter den Schutz der heidnischen Glücksgöttin und
unter den des christlichen Kreuzes.

Den Italienfahrern wird das Monogramm Christi
in Rom vielfach zu Gesicht kommen, da dort in
den schönen Läden der Gold- und Silberarbeiter zur
Erinnerung an die römischen Katakomben Busen-
nadeln und Uhrgehänge mit den beiden griechischen
Buchstaben X und P massenhaft ausliegen. Wer
dieses Monogramm sonst noch nicht gesehen hat,
dürfte, wenn er nach Bedeutung dieser Buchstaben
fragt, an Ort und Stelle wohl meist eine richtige
Aufklärung erhalten. Um so auffallender ist es,
dass der griechische Charakter derselben manchem
unbekannt geblieben ist, und dass sogar eine nam-
hafte deutsche Schriftstellerin in einer ihrer Novellen
diese Buchstaben für lateinische ansieht und die-
selben auf Papst Pius IX, bezogen wissen will.
Dies Monogramm findet man manchmal auch in
dem Heiligenscheine eingefügt, welcher wie ein
Lichtring über dem Haupte Christi schwebt. Dieser
Lichtring wird dann, wie ich in meinem in der
Münchener Allgemeinen Zeitung No. 275 vom 4. Ok-
tober 1890 veröffentlichten Aufsatze „die Heiligen-
scheine in der Kunst" dargethan habe, der monogram-
matische Heiligenschein genannt.

Wir kommen nun zu dem zweiten Monogramm,
welches die Figuren III, HJY, IIIS hat und den
Namen Jesus ausdrückt.

In diesem Sinne ist indes die letztere Figur
lHS weniger bekannt, diese drei Zeichen werden
vielmehr als auf die Konstantinische Vision bezüg-
lich zumeist für die Anfangsbuchstaben der Worte:
In Hoc Signo angesehen. Dies geschieht auch nicht
zu Unrecht, irrtümlich ist es aber, wenn man meint,dass
diese drei Zeichen echte lateinische Buchstaben und
von vornherein zu dem besonderen Zwecke zusammen-
gestellt worden seien, um die lateinischen Worte: In
Hoc Signo (Vince, oder Vinces oder Victor eris)
d.h. in diesem Zeichen (siege oder wirst du siegen
oder wirst du Sieger sein) oder um die Worte:
Jesus Hominum Salvator d. h. Jesus, der Menschen
Heiland oder gar um die deutschen Worte: Jesus,
Heiland, Seligmacher, auszudrücken; denn dieZeichen
IH; IHI und IIIS waren in dieser Zusammenstel-
lung bereits im zweiten Jahrhundert n. Chr. also
schon vor Konstantin dem Großen im Gebrauch und

drückten, wie gesagt, als Monogramm den Namen
Jesus aus, indem sie von dem mit griechischer
Monumental- und Kursivschrift geschriebenen Worte
IH20Y2, Jesus, entnommen waren. Es sind dies
daher mit Ausnahme des S, welches als lateinischer
Buchstabe hinzu gefügt wurde, wie später noch
dargethan werden wird, ursprünglich griechische Buch-
staben. Ja, das Monogramm III für Jesus datirt
sogar schon aus der Zeit der Apostel. Es ist uns
nämlich ein Brief erhalten, welcher, wenn er auch
vielleicht fälschlich dem heiligen Barnabas, dem
Begleiter des Apostels Paulus zugeschrieben wird, doch
sicher aus der Zeit des Apostels herrührt. In diesem
Briefe wird in Bezug auf die Männer, welche Ab-
raham durch die Beschneidung dem Bunde mit Je-
hovah zugeführt hatte, und deren es 318 gewesen
sein sollen, die Belehrung gegeben, dass nach den den
griechischen Buchstaben beiwohnenden Zahlwerten
durch die Zahl 300 = T das Kreuz Christi und
durch die Zahlen 10 == / und 8 = H schon damals
< der Name Jesus angedeutet worden sei.

Dass das Monogramm 1HS ursprünglich wirk-
lich den Namen Jesus ausdrücken sollte, dafür spricht
j sich auch eine gewichtige Kirchenautorität aus. Im
1 Laufe der Zeit hatten nämlich für das aus dem zweiten
Jahrhundert n. Chr. datirende Monogramm sich zwei
Schreibweisen: UW und IIIS herausgebildet, und
waren über die Natur dieses Buchstaben allerlei
Zweifel aufgekommen, so dass sich endlich der Kirchen-
schriftsteller Amalarius, der sich insbesondere durch
sein Buch de officiis ecclesiasticis bekannter gemacht
hat, entschloss, im Jahre 827 den Erzbischof Hiere-
mias von Sens in Frankreich und den Bischof Jonas
um Auskunft hierüber zu bitten. Die Antwort, die
ihm hierauf zu teil wurde, war, dass von den beiden
Schreibweisen die letztere die richtige sei und dass
die beiden ersten Buchstaben dieses Monogramms,
welches den Namen Jesus ausdrückt, dem griechischen,
der dritte aber dem lateinischen Alphabet ange-
hören, in Analogie des Monogramms Christi, welches,
da es häufig mit XPS wiedergegeben wurde, und
bei welchem die Charaktere keinem Zweifel Raum
geben können, auch aus zwei griechischen und einem
lateinischen Buchstaben bestehe.

Das Monogramm Jesus IHS hat besonders seit
der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts große Ver-
breitung gefunden, nachdem der heilige Bernardmus
von Siena, der Wiederhersteller des damals sehr in
Verfall geratenen Franziskanerordens, bei seinen
Predigten, die er im Jahre 1427 in mehreren Städten
Italiens hielt, eine Tafel mit diesem Monogramm,
 
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