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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Der Ausbau der Wiener Hofburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0135

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE.
Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine,

HERAUSGEBER:

CARL VON LÜTZOW und ARTHUR PABST

WIEN KÖLN
Heugasse 58. Kaiser-Wilhelmsring 24.

Verlag von E. A. SEEMANN in LEIPZIG, Gartenstr. 15. Berlin: W. H. KÜHL, Jägerstr. 73.

Neue Folge. III. Jahrgang. 1891/92. Nr. 15. 18. Februar.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur „Zeitschrift für bildende Kunst" und zum „Kunstgewerbeblatt" monatlich dreimal, in den
Sommermonaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der „Zeit-
schrift für bildende Kunst" erhalten die Kunstchronik gratis. — Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Ver-
lagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, ßud. Mosse u. s. w. an.

DER AUSBAU DER WIENER HOFBURG.

Uber dieses großartige Werk, dessen die Kunst-
chronik wiederholt gedachte, bringt die N. Fr. Presse
vom 24. Januar den nachfolgenden, offenbar aus
amtlicher Quelle geschöpften Aufsatz:

„Mit Staunen und lebhafter Befriedigung ver-
folgt die Bevölkerung Wiens den raschen Fortschritt
des großartigen Facaden- und Portalbaues auf dem
Michaelerplatze, durch den die alte Kaiserburg an
dieser Stelle nach dem ursprünglichen Plane zum
Abschlüsse gebracht werden wird. Erst im vorigen
Frühjahre aus dem Boden gewachsen, ist dieser Bau
mit seinen stattlichen Säulen, Bogenfenstern und
Gesimsen so überraschend schnell in die Höhe ge-
schossen, dass er schon vor dem für seine Vollendung
in Aussicht genommenen Termine — dem Jahre
1894 — fertig zu werden verspricht. Man kann wohl
sagen, dass dieser Bau dem heimatlichen Gefühle,
der lokalpatriotischen Empfindung und dem zeit-
geschichtlichen Bewusstsein des Wieners ganz be-
sonders nahe liegt und dass er ihn schon jetzt mit
anderen Blicken als die übrigen, seine Bewunderung
erregenden Prachtbauten betrachtet. Daher kommt
es, dass kaum jemand den Michaelerplatz über-
schreitet, ohne — wenn seine Geschäfte nicht allzu
dringend sind — den Schritt anzuhalten, um den
Blick mit Wohlgefallen über das noch von dem
starken Balkengerüste verdeckte Bauwerk gleiten zu
lassen und mit einer gewissen Genugthuung zu be-
obachten, wie rasch dasselbe dem Abschlüsse zuge-
führt wird. Unwillkürlich steigt auch vor dem
geistigen Auge der meisten Beschauer das Bild auf,
das dieser Teil der Burg noch vor wenigen Jahren

geboten hat und das gewiss in der Erinnerung eines
jeden Wieners lebendig geblieben ist. Das ist eben
der Grund, der uns alle mit so unmittelbarer und
lebhafter Teilnahme für diesen Bau erfüllt. Wir er-
halten, wenn wir daran vorübergehen, den starken
Eindruck, dass sich da ein denk- und merkwürdiger
Vorgang in der Umgestaltung Wiens vollzieht, dessen
Zeugen wir sind, und der sich uns deshalb beson^
ders nachdrücklich einprägt."

„Es war ein bedeutungsvoller Entschluss unseres
Kaisers, dass er neben den großen Monumental-
bauten, die im Umkreise der Burg als ebensoviele
Denkmale seiner mächtigen Förderung der Kunst
erstanden sind, zugleich die Vollendung der alten
Burg nach dem ursprünglichen Plan des berühmten
Fischers von Erlach anordnete und dadurch eine
Schöpfung jenes seiner Vorfahren zum Abschlüsse
bringt, dem Wien gleichfalls eine große Zahl hervor-
ragender Prachtbauten zu danken und unter dessen
Regierung die Kunst in Osterreich eine Epoche eigen-
artiger Blüte und unvergleichlichen Glanzes erlebt
hatte. Schon vor vier Jahren hat Professor Dr. Joseph
Bayer in der „Neuen Freien Presse" (Nr. 8349 vom
23. November 1887) die Geschichte dieses unvollen-
deten Burgbaues erzählt und die Hoffnung ausge-
sprochen, dass der große Baugedanke, den Fischers
von Erlach in seinem herrlichen Projekte hinter-
lassen hat, bald mit verständnisvoller Pietät verwirk-
licht werde. Dieser Wunsch des feinsinnigen und
warmfühlenden Kunstschriftstellers ist früher, als
man damals erwarten konnte, in Erfüllung gegangen.
Heute steht die Facade der Hofburg auf dem
Michaelerplatze nahezu vollendet da, und dieselbe
lässt bereits erkennen, dass das Werk von Johann
 
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