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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Nordhoff, Josef B.: Der altdeutsche Franziskanermaler zu Corbach, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0192

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der Beschreibung von Curtze,1) der sich allerdings
wenig auf das Stilistische einlässt, unzweifelhaft der
Soester Schule angehören, und den Werken des
14. Jahrhunderts zuzuteilen sein, wovon ich anders-
wo Proben und Reste behandelt habe. Dahin weisen
die langen Figuren und Extremitäten und zumal die
breiten Stirnen und kleinen Augen, die langen ein-
fachen Gewandfalten sowie die bunten Farben. So-
gar im rein fränkischen Landesteile, zu Niederwil-
dungen, fand sich ein Prachtwerk der Soester Kunst
— jener große Flügelaltar des Meisters Konrad vom
Jahre 1402 (oder 1404), nach dessen Eigentümlich-
keiten die weiteren Schöpfungen des Malers leicht
ermittelt waren. 2)

Was sonst im Ländchen noch aus „katholischer"
Zeit rührt, bekundet mindestens Soester Einwirkung
und Formgebung. Die drei oder vielmehr die zwei
Klappaltäre sind zwar schon 1837 von F. von Rheins3)
und dreizehn Jahre später von Curtze1) dem allge-
meinen Inhalte nach besprochen, jedoch, was da-
mals auch kaum zu erwarten war, ohne bestimmten
Anschluss an eine Schule, oder auch, wodurch der-
selbe sich hätte ermöglichen lassen, ohne nähere
Angabe der malerischen Richtung und Formenbe-
handlung. Da zudem die Publikationen das nur zu
gewöhnliche Los der örtlichen oder landschaft-
lichen Litteratur teilten, d. h. auf einen sehr engen
Leserkreis beschränkt blieben, so wurden diese Altar-
werke bis heute kaum jenseits der Landesgrenzen
bekannt und der allgemeinen Geschichte der Malerei
gänzlich vorenthalten. Und doch sind es edle Spät-
blüten des Mittelalters, allem Ermessen nach ge-
zogen im Lande selbst, wo auch Rauchs und W. Kaul-
bachs Wiegen standen, und dadurch noch besonders

dortigen gräflichen Begräbniskapelle? Vgl. die Urkunden
der Jahre 1385, 1388 bei Varnhagen, Waldeckische Landes-
und Regentengeschichte, 1825, Nr. 93, 94. Beinahe an diese
Jahre herauf reicht meines Erachtens auch das Soester An-
tependium der Wiesenkirche im Museum zu Münster, be-
schrieben mit Illustration von CL v. Heeremann, Zeitschr. f.
k. Kunst, 1891, S. 77, 84.

1) Geschichte und Beschreibung des Fürstentums Wal-
deck. Arolsen, 1850, S. 392.

2) Vgl. meine Untersuchungen über die Soester Malerei
unter Meister Konrad in d. Bonner Jahrbüchern H. 67,
S. 122 ff., 128 ff.

3) Jener der Kilianskirche zu Corbach in der Wal-
deckischen gemeinnützigen Zeitschrift (1837) I, 219 ff. —
darnach L. Curtze und von Rheins, Geschichte und Beschrei-
bung der St. Kilianskirche zu Corbach, 1S43, S. 35G und
verkürzt bei Orth a. a. ü. 1862, S. 501.

4) Jener der Nikolaikirche mitsamt dem weiteren
Bildervorrate des Landes bei Curtze, Gesch. und Beschrei-
bung, S. 394 ff.

anziehend, weil sie uns den Maler, einen Mönch,
klar vor Augen stellen leider nicht mit Namen.

Hier gilt es, Näheres über den Wohnsitz und
Ordenscharakter des Malers zu ermitteln, und seine
Werke auf ihre Schule zurückzuführen oder viel-
mehr ihre gleichzeitigen und nächstverwandten Werke
aufzusuchen.

Ihr Fundort ist Corbach, ihr Grund Holz,mit
Kreide überzogen; das ältere befindet sich in der
Nikolaikirche, das jüngere in der Kilianskirche.
Während jenes Szenen aus der Kindheit Jesu oder
dem Leben seiner Mutter veranschaulicht, ist dies
dem Leiden und Sterben des Erlösers gewidmet.
Die Haupttafel des altern bietet ziemlich umständ-
lich und feierlich die Anbetung der Könige „aus
Äthiopien", welche Geschenke „der Araber" bringen,
im Hintergrunde stark verkleinert die Dromedare
und ein ansehnliches Gefolge, indes durch ein Fenster
zwei Engel, eine Manns- und eine Frauensperson,
herniederschauen. Auf den linken Flügel kommen
zwei Darstellungen oben die Verkündigung an
Maria, welche ein reich ausgestattetes Gemach be-
wohnt und vor einem mit einer Nelke besetzten
Tische im Buche betet, unten das von den Eltern
und drei Engeln angebetete Christkind (Geburt), als
Nebenszenen die Krippe mit den beiden Tierköpfen
und ein Hirt mit der Herde — ebenso auf den
rechten: oben die Begrüßung der Mutter Maria durch
die Frauen mittelst Handreichung, im Hintergrunde
noch drei Männer (der h Anna?) — unten die Dar-
bringung im Tempel und an den Seiten Frauen
mit Lichtern. Im Rücken des rechten Flügels steht
fast lebensgroß die h. Katharina, ebenda auf dem
linken die h. Maria neben dem Maler. Dieser hat
auf dem Hauptblatte und zwar auf zwei Ziegeln,
welche der Krone eines Königs als Unterlage dienen,
das Datum 1518 angebracht.

Das Bildwerk der Kilianskirche, erscheint bevor-
zugt in den Maßen und in der Zahl der Darstellungen,
wie dann auch die imposanten Hallenschiffe, die
reich gegliederten Fenster, das figurenvolle Pracht-
portal und der gebieterische Westturm eine herrliche
Bauumgebung bilden. „Die erste Grundirung besteht
aus Kreide oder Gyps, mit Leimwasser aufgetragen,
doch scheint der Goldgrund noch eine Grundirung
von Bolus oder einer andern Erdfarbe zu haben." —

1) Man gestatte hier die Bemerkung, dass die zweizeilige
den Chorbau betreffende Minuskelschrift: Anno D(omi)ni m
CCCC°L,iiii (1454) auf der Fronte einer Chorstrebe und zwar
auf einem Oblongum steht, dessen beide (schmale) Seiten
schon mittelst eines klar entwickelten Rollwerks endigen.
 
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