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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Seemann, Arthur: Deutsche Konkurrenzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0208

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die Technik wüst, ja großenteils skizzenhaft roh,
doch durchweg mit feinster Berechnung auf die
Wirkung. Im strikten Gegensatze zu dieser Male-
rei steht die zweite Berühmtheit der Ausstellung,
des Spaniers Francisco de Pradilla kleines Bildchen
„Die Messe von Guia". Hunderte von Menschen la-
gern auf der sonnigen, kahlen Höhe vor der be-
rühmten Wallfahrtskapelle in bunten Trachten und
mit bunten Schirmen; alles ist voll Farbe und südlicher
Glut; aber es ist weniger die Kunst, als vielmehr
das Künstliche, was in dem Bilde die Bewunderung
herausfordert, nämlich die geradezu mikroskopisch
feine Ausführung! Man kann sich bei dem An-
blicke der geduldvollen Arbeit der Frage nicht er-
wehren, warum der Künstler das Auge des Beschauers
zu solcher Anstrengung nötigte und das Bild nicht
zum mindesten in der zehnfachen Größe gemalt
hat? Auch die Feinmalerei hat ja für das unbe-
waffnete Auge sich an gewisse Dimensionen zu
halten, wie uns wieder derartige reizende Bildchen
von Simm und Hamxa begegnen. Andererseits wird
sie freilich widerlich, wenn sie in zu großem For-
mate auftritt. James Tissots Schilderung von einem
modernen „verlorenen Sohn" in vier Bildern ist im
einzelnen von frappirend sorgfältiger Durchführung,
auch sind Ton, Stimmung und Charakteristik der
Gestalten ganz trefflich gelungen, nur liegt eine
eigentümliche Kühle in der Dramatik der Szenen;
man wird nicht recht klug aus der Geschichte, die
in den Bildern erzählt wird. Unter den Genrebildern
deutscher Künstler interessirt uns Hugo Oemiciiens
„Begräbnis in Westfalen" in hohem Grade, trotz-
dem Knaus und Vautier mit ähnlichen Vorwürfen
vorangegangen sind. Auch L. Bokelmann hat in
seiner „Konfirmation in Ockholm" wieder ein mei-
sterhaftes Bild geliefert, welches in seiner Schlicht-
heit das Auge mehr fesselt, als manche buntge-
schminkte^Modellgruppe gewisser venezianischer Mo-
demaler. Auch des Künstlers kleineres Gemälde
„Allein", (ein kleines Mädchen sitzt ganz allein am
Tisch in einer Zimmerecke und blickt den Beschauer
treuherzig an), ist voll Natürlichkeit und Poesie.
E. Schulz-Briesens „Gottesdienst auf dem Lande"
erinnert in vielem an den Altmeister Vautier, der
diesmal nur mit einem kleinen Bildchen sich ein-
gestellt hat. Dagegen ist Defregger wieder mit
einer größeren Arbeit „Winkeltanz in Tirol" auf
den Plan getreten; trotz mancher gelungenen Ein-
zelheit, stehen wir doch vor einem berühmten Sän-
ger, der seine Stimme verloren hat. Von den
zahlreichen größeren Gemälden mit ernsterem Inhalt

nehmen zunächst die Arbeiten Ferd. Kellers und
Werner Schucks, welche das Andenken Kaiser Fried-
richs in verklärender Apotheose feiern, einen ehren-
vollen Platz ein. Auch Fritz Kaulbachs „Grablegung"
gehört zu den Glanzstücken ernster Art mehr jedoch
fesseln seine in einem kleinen Salon separat ausge-
stellten Bildnisse und Porträtstudien, in denen sich
die feinfühlige, edle Künstlernatur noch ungleich
sinniger offenbart. Gemälde wie die „Römerin", die
„Schwestern" etc. zeigen einen Adel in der Auf-
fassung und eine Vollendung im Vortrag, wie sie
in modernen Bildnissen selten getroffen werden.
(Schluss folgt.)

DEUTSCHE KONKURRENZEN. >)

Die Architekten Professor A. Neumeister und
E. Haeberle in Karlsruhe haben die vielfach lautge-
wordene Idee aufgegriffen, die Summe von Arbeit,
welche infolge architektonischer Preisausschreibungen
geleistet wird und zu erheblichem Teile — verloren
geht, so weit wie möglich der deutschen Archi-
tektenwelt zu erhalten. Es ist bekannt und oft
bedauert worden, dass bei diesen Konkurrenzen
oft die besten Gedanken klanglos zum Orkus hinab-
gehen, weil ihre Urheber sich nicht genau an das
Programm hielten; vielfach, ja meistens werden
auch die preisgekrönten Arbeiten gar nicht ausge-
führt, sondern dienen nur als „schätzbares Material"
für eine Neubearbeitung des Projektes. Es lässt sich
nicht leugnen, dass diese künstlerischen Ringkämpfe
manchmal ein ungenügendes Resultat ergaben; aber
in allen Fällen werden sie lehrreich sein und, wenn
in geeigneter Form fixirt, manchen stummen Wink
für ähnliche Gelegenheiten enthalten.

Von diesem Gesichtspunkte aus ist die Initia-
tive der beiden badischen Architekten mit Freude
zu begrüßen und findet hoffentlich den Beifall, den
sie verdient, in reichem Maße. Das vorliegende
erste Heft der „Deutschen Konkurrenzen" enthält
eine Reihe der hervorragendsten Entwürfe für die
Rathauskonkurrenz in Pforzheim und stellt sich
als ein handliches Gedenkbüchlein an dies architek-
tonische Turnier dar. Es enthält 32 Seiten Klein-
Oktav, zeigt auf dem Umschlag den Lageplan und
enthält außer dem Programm und dem Protokoll
des Preisgerichts 40 Darstellungen von Fassaden,

1) Deutsche Konkurrenzen. Eine Sammlung interessanter
Entwürfe aus den Wettbewerben deutscher Architekten zu-
sammengestellt und herausgegeben von A. Knimeister und
E. Iläberle Heft 1: Rathauskonkurrenz für Pforzheim.
Leipzig, E. A. Seemann, Preis 1 M. 20.
 
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