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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0211

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Sammlungen und Ausstellungen

— Vereine und Gesellschaften.

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gerate, die bis .jetzt das nun verödete Atelier K. F. Deikers
schmückten, sind um und neben die Bilder und Stadien ange-
bracht. Da sind des Meisters, der ein gewaltiger Jäger vor
dem Herrn war, Jagdgewehre, Hirschfänger, Jagdtaschen
und allerlei sonstige Geräte, womit ein Jagdmaler seine
Werkstatt ausschmückt, alles sinnvoll und dem dekorativen
Zweck entsprechend aufgehängt und angeordnet. In der
Mitte der einen Wand hängt ein halbvollendetes Porträt
Deikers von Theodor Rocholl nach einer wenig zulänglichen
Photographie überaus ähnlich und lebensvoll dargestellt; es
erscheint kaum glaublich, dass es dem Künstler möglich
war, dieses Bildnis nach einer Photographie und aus der
Erinnerung zu malen. Ks verdient die wärmste Anerkennung,
dass die Freunde und Kunstgenossen diese Ausstellung so
pietätvoll und glücklich veranstaltet haben. In der Kunst-
halle ist ferner gegenwärtig das von Professor Emil Winten
gemalte, für die Oesellschaft ,.Krholung" in Neuß bestimmte
grolle Reiterbild Kaiser Wilhelm I. mit Gefolge, Kronprinz
Wilhelm, Bismarck, Moltke, Roon u. a. darstellend, für kurze
Zeit zur Ausstellung gebracht und fesselt durch die charakter-
und lebensvolle Wiedergabe des sehr gut aufgefassten Helden-
kaisers und der andern Persönlichkeiten. Auch zwei andere
größere Bilder von Professor Eugen Diicker, eine herrliche
Marine ,,Sommerabend, Motiv von der Nordsee" und eine
reizvolle Landschaft mit figürlicher Staffage, „Sommertag,
Motiv von Rügen" finden allgemeine Bewunderung.

S. W. Kunstausstellung in Hannover. Die diesjährige
Kunstausstellung, die 60. des Kunstvereius, ist außerordent-
lich stark beschickt. Der Katalog weist nicht weniger als
1000 Nummern auf; davon entfallen u. a. auf München 137
Künstler mit 24b' Bildern, auf Düsseldorf 103 Künstler mit
198 Bildern, auf Berlin 53 Künstler mit 79 Bildern. Der
allgemeine Eindruck der Ausstellung ist dem früheren sehr
ähnlich. Die neuere Richtung der Volllichtmalerei findet
man nur spärlich vertreten. Sie würde hier auch wenig
Glück haben, da das Publikum in seinen Kunstanschauungen
sehr konservativ ist. Sehr beliebt sind sind hier die Königs-
berger Meister, die in ihren Kunstwerken einen frischen und
fröhlichen Humor neben einer glänzenden Technik entwickeln.
Neben den Königsbergern ist es vornehmlich Professor H.
Brcling, welcher, wie man hört, jetzt im Begriff ist, von
München nach Hannover überzusiedeln, dessen Werke hier
mit Vorliebe erworben werden. Die Düsseldorfer Meister er-
freuen sich hier auch stets großen Beifalls und werden mit
Vorliebe gekauft. Im allgemeinen ist hier der Kunstmarkt
noch immer schlecht. Das wird wohl aber nicht allein an
den schlechten Zeiten liegen, sondern es mag auch darin
begründet sein, dass die meisten Künstler der Gegenwart
anscheinend nicht mehr die Sorgfalt auf die Auswahl ihrer
Motive legen, wie dies früher geschah. Ein humoristisches
oder stimmungsvolles Motiv findet immer leichter seine Ab-
nehmer, als ein geist- und gemütloser Vorwurf. Als das in-
teressanteste Bild der diesjährigen Ausstellung ist wohl zwei-
fellos eine Episode aus der Schlacht bei Baune la Rolande
im Kriege von 1870 von H. Breling zu bezeichnen. Deutsche
Truppen verbarrikadiren den Eingang eines Dorfes. Man
hat es nicht mit großen Truppenmassen zu thun, sondern
mit einer kleinen Abteilung, welche ein Dorf besetzt hat
und das nun aufs äußerste zu halten wollen scheint. Die
einzelnen Figuren sind sämtlich prächtig gemalt, voll Leben
und Bewegung. Die Technik ist breit und sicher; aber
nichts ist dabei vernachlässigt. Das sind die tapferen Söhne
der roten Erde und die Niedersachsen. Außer diesem gro-
ßen Bilde hat Breling noch fünf kleinere in niederländischer
Manier gesandt, welche sämtlich verkauft sind. —

Eine eigentümliche Wandlung scheint mit Prof. Hugo Vogel
in Berlin vorgegangen zu sein. Er hat drei Bilder gesandt,
unter denen das größte links ein Kornfeld, rechts eine sehr
große Wiese zeigt; auf dem Vordergrunde dieser Wiese er-
blickt man ein sehr großes barfüßiges Bauernweib, das auf
ihren sehr großen Händen einen Säugling trägt. Das ist
alles. Solch einem Bilde kann man hier absolut keine interes-
sante Seite abgewinnen. Die beiden anderen kleineren Bil-
der sind ähnlich in den Motiven: ein Arbeiter, der hinter
dem Hause, mit einem Säugling auf den Armen, anscheinend
ohne Zweck umhergeht, und ein recht hässlicher, dem Ar-
beiterstande angehörender Mann, der in einer Ecke seines
sehr einfachen Zimmers die Zeitung liest. Das mag noch
so vorzüglich gemalt sein: unser Publikum wird sich in den
nächsten Jahren für derartige Kunstwerke noch nicht be-
geistern. Vorzüglich und großartig in seiner Wirkung ist
ein norwegischer Wasserfall von Th. r. Eckenbrcclicr in Ber-
lin, der schnell einen Käufer gefunden hat. Von Düsseldorf
hat B. Vautier ein sehr subtil gemaltes kleineres, ein-
faches Motiv ausgestellt, betitelt „eine mitleidige Seele"; es
ist ein kleiner Junge, der im Bade sitzt und von einer Ziege
überrascht, lebhaft schreit. Ferner finden wir von Chr.
Kröner zwei sehr prächtige Wildbilder, von L. Munthe ver-
schiedene vorzügliche Winterlandschaften, von Franz- Reiff
das schon bekannte „Opfer des Irrwahns". C. Oesterley in
Blankenese hat wieder mehrere seiner Fjordbilder geschickt.
Von hannoverschen Künstlern excelliren Prof. Fricdr. Kanl-
bach und Fräulein N. v. Modi mit verschiedenen sehr be-
deutenden Porträts; auch Fr. Heyser in Harzburg hat ein
ganz vorzügliches, in alter Manier gemaltes vom Maler
Wislicenus aus Düsseldorf ausgestellt. Im ganzen sind bis-
her 88 Kunstwerke im Werte von rund 40000 Mark ver-
kauft, also etwa zehn Prozent der gesamten Ausstellung.

Sechstegroße internationale Kunstausstellung in München.
Im Hinblick darauf, dass sich die ungarischen Künstler in
diesem Jahre an der in München stattfindenden VI. inter-
zonalen Kunstausstellung in größerer Anzahl beteiligen, hat
sich das kgl. ungarische Ministerium für Kultus und Unter-
richt veranlasst gefunden, die Bildung einer eigenen unga-
rischen Abteilung durch Gewährung einer staatlichen Unter-
stützung zu fördern. Gleichzeitig hat das kgl. ungarische
Ministerium zur Ausführung der für die Ausstellung dieser
Abteilung nötigen Arbeiten ein aus Künstlern bestehendes
Komitee ernannt, welches aus den zur Zeit in München wei-
lenden Herren Akademieprofessor Alexander vonL iexen-Maijer
als Vorsitzendem und den Malern Stephan Csök, Julius
Kardos, Eugen Kemendy, Gesa Peske, Bela Spanyi und
Paul Vagö zusammengesetzt ist.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

Posen. Der hiesige Kunstverein, welcher bei der ab-
lehnenden Haltung des größten Teils der polnischen Kreise
der Bevölkerung von Anfang an mit großen Schwierigkeiten
zu kämpfen hatte, hat es doch im Laufe der Jahre dank
der unermüdlichen und rastlosen Förderang seiner Interessen
durch einen thatkräftigen Vorstand verstanden, sich eine
Achtung gebietende Stellung zu erwerben und ein allmäh-
liches Wachsen des Interesses an seinen künstlerischen Be-
strebungen herbeizuführen, so dass das öde Terrain, welches
bisher sich als unfruchtbarer steiniger Boden erwiesen bat,
nun doch eine Heimstätte der Künste geworden ist. Abge-
sehen von kleineren Ausstellungen künstlerischen und kunst-
gewerblichen Charakters hat der Verein im verflossenen Jahre
seine fünfte große Kunstausstellung im Anschluss an den Ost-
 
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