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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Eine seltsame Nachricht aus Düsseldorf
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Rosenberg, Adolf: Ausstellung der kunstgeschichtlichen Gesellschaft in Berlin, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0240

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Ausstellung der kunstgeschichtlichen Gesellschaft in Berlin.

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kommen. Diese wird keinem jungen Künstler schaden,
im Gegenteil vielleicht mit zur Bekämpfung der
heillosen Konfusion beitragen helfen, von welcher
die nach allen "Windrichtungen hinsteuernden Kunst-
schulen der Gegenwart Zeugnis geben. "Wie etwa
diese kurzgefasste ästhetische Einleitung beschaffen
sein kann, dafür haben z. B. Schnaase und Karl Ott-
fried Müller, jeder in seiner Art, wahrhaft klassische
Muster aufgestellt. Aber Ästhetik allein, ohne Ge-
schichte der Kunst, den jungen Künstlern bieten
wollen, das heißt den Gaul beim Schwanz aufzäumen,
und widerspricht geradezu dem Gange der geistigen
Entwickelung unserer Zeit, welcher auf allen Ge-
bieten, auch auf dem der Ästhetik, von der abstrakten
Theorie zur geschichtlichen Erkenntnis der Dinge
vorgeschritten ist, und dem historischen Charak-
ter der Methode und der Darstellung die größten Er-
rungenschaften zu verdanken hat.

Ein beträchtlicher Teil unserer künstlerischen
Jugend kommt auf die Akademie ohne Reifezeugnis
eines Gymnasiums oder einer sonstigen Mittelschule.
Man muss froh sein, wenn die Anfänger in der Kunst
nur wenigstens die unteren Mittelschulklassen wirk-
lich absolvirt haben. Um so notwendiger erscheint
es nun aber, dass die Lücken in der allgemeinen
und humanen Bildung, welche ein häufig so mangel-
hafter Schulunterricht herbeiführen muss, auf den
Akademieen in ersprießlicher Weise ausgefüllt wer-
den. Das geschieht am besten durch eine wohl-
getroffene Auswahl historischer Lehrkurse, welche
außer der Kulturgeschichte vor allem Kunst und
Literatur zu umfassen haben.

Auch die Thatsache fällt bei diesen Erwägungen
ins Gewicht, dass viele Zöglinge der Akademieen
nicht selbständig schaffende Künstler, sondern Lehrer
werden. Für diese ist das Studium der Kunst-
geschichte noch aus dem besonderen Grunde ganz
unerlässlich, weil es dazu beiträgt, ihr allgemeines
wie ihr fachliches Bildungsniveau einigermaßen auf
die gleiche Höhe mit dem der übrigen Lehrkräfte
emporzuheben, als deren Kollegen die Zeichenlehrer
zu wirken haben. Man braucht sich nur an das
ältere Geschlecht dieser trockenen Praktiker zu er-
innern, um den Segen dankbar anzuerkennen, der
auch ihnen in unserer Zeit durch die Erschließung eines
freieren, weiteren Bildungshorizontes zugeflossen ist.

Recht bedauerlich wäre es, wenn bei der Ent-
schließung über den hier in Rede stehenden Gegen-
stand kleinliche Motive, wie der spießbürgerliche
Widerstreit zwischen Künstlern und Kunstgelehrten,
wieder an die Oberfläche kommen sollten. Wahr-

lich, die Zeit ist ernst genug, um solchen Nergeleien
endlich einmal den Garaus zu machen! Wir alle, die
wir die idealen Güter der Nation zu wahren und
nach Kräften zu mehren haben, sollen einträchtig
zusammenstehen gegen den drohenden Feind, gegen
alle Roheit und Barbarei! Unserer Jugend aber und
in erster Linie unserer künstlerischen Jugend raube
man nicht den höchsten Schatz, den das reine Ge-
müt ins Leben mitbringt, die Begeisterung für die
Denkmäler und für die großen menschlichen Vor-
bilder der Vergangenheit! C. v. L.

AUSSTELLUNG DER KUNSTGESCHICHT-
LICHEN GESELLSCHAFT IN BERLIN.
II.

Bei der umfassenden Thätigkeit, die Antoine
Pesne als Bildnismaler und als Schöpfer großer de-
korativer Gemälde entfaltet hat, ist es selbstverständ-
lich, dass nicht alle Arbeiten, die unter seinem Namen
gehen, auf gleicher Höhe der malerischen Vollen-
dung stehen und von gleicher Innigkeit und Tiefe
der Charakteristik sind. Wir sehen dabei von den
Bildern ab, die sich deutlich als Werkstattsarbeiten
oder als Wiederholungen auf Bestellung charakteri-
siren. Auch in den Bildnissen, die zweifellos von
Pesnes eigener Hand herrühren, machen sich auf-
fallende Ungleichheiten in der Ausführung und in
der Charakterisirung geltend, die vielleicht aus dem
Grade des persönlichen Interesses, das der Maler
an seinen Modellen nahm, zu erklären sind. So
haben ihn z. B. von den vier schon genannten
Freunden Friedrichs II. aus der Rheinsberger
Zeit der leichtfertige de Chasot, den er im Do-
mino mit einer Maske in der Hand dargestellt
hat, der weinselige Keyserling, der sich nach been-
deter Jagd an einer Flasche Wein labt, und selbst
der ernste Kriegsmann de la Motte-Fouque weit
weniger interessirt als der feinsinnige Gelehrte Jor-
dan, dessen Bildnis ein Meisterwerk ernster, tief ein-
dringender Charakteristik ist. Auch in der plasti-
schen Durchbildung und in dem Schmelz, in der
Tiefe und der vornehmen Ruhe des Kolorits steht
es in vollem Gegensatz zu der flotten, etwas flack-
rigen Behandlung und zu der leichten, fast bunten
und koketten Tonstimmung, die für die Bildnisse
de Chasots und Keyserlings bezeichnend sind. In
ihnen macht sich auch etwas von den Einflüssen
Watteaus und Lancrets bemerkbar, denen sich Pesne
nicht hat völlig entziehen können, zumal da Friedrich
schon in Rheinsberg eine stattliche Zahl von Ge-
 
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