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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Rosenberg, Adolf: Ausstellung der kunstgeschichtlichen Gesellschaft in Berlin, [3]
DOI Artikel:
Langl, J.: Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0249

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Sigisbert Michel vollendet worden ist. Sie wurde 1766
dem damaligen Kollegienhause, dem jetzigen Kammer-
gericht übergeben, in dessen Besitz sie sich noch jetzt
befindet. ADOLF EOSENBERG.

DIE JAHRESAUSSTELLUNG IM WIENER
KÜNSTLERHAUSE.

(Schluss.)

Cas. Pochwalski, der in der vorjährigen Ausstellung
mit seinen Polenbildern verdientes Aufsehen erregte,
hat wieder zwei treffliche Bildnisse ausgestellt; von
Lembach sehen wir den durchgeistigten Kopf eines
etwa zehnjährigen Knaben mit langem braunen
Lockenhaar. Ferner brachten uns Rumpier, L'Ällemand,
Griepenkerl und besonders J. Schmid eine Reihe von
ansprechenden Bildnissen. — In das religiöse und
historische Fach zurückgreifend, ist vor allem das
herrliche Marienbild von Dagnan-Bouveret und Wopf-
ners von inniger Frömmigkeit erfülltes „Ave Maria"
zu erwähnen. Von der österreichischen Künstler-
gemeinde hat Jul. Payer mit seinem für das kunst-
historische Museum bestimmten Gemälde „Nie
zurück" das bedeutsamste Werk geliefert. Es ist
eine Szene aus dem gefahrvollen Rückzug der
Expedition, welche Payer im Vereine mit Wey-
precht nach demFranz-Josephsland unternommen hatte.
Die von Weyprecht befehligte Hälfte der Mannschaft
ist nach vollbrachtem Tagesmarsch ermüdet am
Lagerplatz angekommen, während die anderen von
Payer Geführten im Anmärsche begriffen sind. Im
Hintergrunde die öde, weite Eislandschaft mit dem
in Eistrümmern eingekeilten „Tegetthoff". Weyprecht
liest die Bibel vor, und ermuntert die nahezu Er-
schöpften, in mannhafter Ausdauer ihre Rettung zu
suchen. Payer hat in der Komposition und der land-
schaftlichen Stimmung den Moment in anschaulich-
ster Weise geschildert und wieder ein glänzendes
Zeugnis seines künstlerischen Könnens abgelegt. Das
Werk ist daher in zweifacher Beziehung eine wert-
volle Bereicherung der kaiserlichen Sammlung. —
Feingestimmte Landschaften in vorwiegend grauen
Tönen hat diesmal J. E. Schindler in größerer Anzahl
zur Ausstellung gebracht. Es sind Bilder aus den
letzten fünf Jahren seines Schaffens, in denen sich
die Eigenart des Künstlers in den verschiedensten
Schattirungen offenbart. Schindler ist nichts weni-
ger als Kolorist, er geht auch Beleuchtungseffekten
stets aus dem Wege, auch ist er in der Wahl seiner
Motive oft recht trocken und nüchtern, aber er
fesselt das Auge durch die Zartheit der jeweiligen

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Stimmung, die Feinheit der Zeichnung und künst-
lerische Abtönung der Farben. Sein vorjähriges
größeres Gemälde „Pax" hat ihn in die vorderste
Reihe der Stimmungslandschafter gestellt, und
die heuer ausgestellten Bilder gewähren einen um-
fassenden Einblick in das Können des Künstlers.
Ein größeres Bild „Auf der Landstraße" enthält
nichts als eine langweilige, im Zickzack zwischen
öden Feldern dahinziehende Pappelallee mit viel
Staub und Schmutz und dazu eine recht armselige
Staffage, alles graubraun im nüchtern trüben Ton;
und doch interessirt uns das Motiv mehr als manch
farbenbrillantes Bild, selbst Achenbachs Glanz-
stücke nicht ausgenommen! Als die Perlen unter
den Schindlerschen Bildern sind übrigens zwei klei-
nere Motive aus Plankenberg,' ein „Garten" und
eine „Dorfpartie mit Pappelbäumen" zu verzeichnen.
Die altbewährten Wiener Meister R. AU, Schäffer,
Iloffmann, Russ, ferner Oncken, Damant und L. II.
Fischer sind mit vorzüglichen Bildern erschienen.
Bravourstücke in der Darstellung sonnenbeglänzten
Wellenschlags an felsiger Brandung hat auch dies-
mal der talentvolle (in Rom weilende) Prager Künstler
Benes Knüpfer geliefert, und die Szenerie mit reiz-
vollen Staffagen — „Tritonen kämpfen um ein Meer-
fräulein" und „eine Nixe lockt junge Satyrn zum
Spiel in die W eilen" — belebt. Der junge Künstler hat
ein ganz ungewöhnlich begnadetes Auge dafür, Licht-
effekte des Seespiegels festzuhalten, und ist zugleich
ein äußerst feinfühliger Zeichner; seine Malweise ist
aber so realistisch modern, dass ein andermal wohl
auch moderne Staffage besser am Platze wäre. Von
den jüngeren aufstrebenden Talenten hat H. Tcmple
mit seinem zart empfundenen Idyll „Feierabend" einen
glücklichen Wurf gethan. Die schlichten ländlichen
Gestalten auf sattgrüner AViese sprechen im Däm-
merlichte des Abends gar intime Herzenssachen.

G.Moll, ein Schüler Schindlers, hat auf riesengroßer
Leinwand die römische Ruine von Schönbrunn ge-
malt; ganz mit der Palette seines Meisters, farblos
grau, fast ohne Beleuchtung, in trüber, herbstlicher
Stimmung; dies paßt am Ende zum Grundton des
Motivs, doch wozu so viel Leinwand ? Auch Schrams
„Gloria", singende Mädchen mit Orgelbegleitung
in einer Rokokokirche, hätte, da es ja denn doch
nur ein Genrebild ist, in kleinerem Maßstab sein
Auskommen gefunden. Doch alle Achtung vor dem
Streben des Künstlers, der wiederholt gezeigt hat, dass
er größere Aufgaben zu beherrschen versteht. Dies
will besonders in technischer Beziehung Leo Reiffcn-
stein noch immer nicht gelingen; sein Kolossalbild

Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause.
 
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