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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Ausstellung des Architektenvereins in Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0256

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Vorteil, diese Häusergruppen als ein Ganzes kom-
poniren zu können. Sie haben zuerst das nieder-
ländische Element in die Düsseldorfer Architektur
eingeführt, Ziegelbau mit Hausteineinfassung. Frei-
lich ist dabei Eintönigkeit nicht ganz vermieden,
und es ist nicht immer gelungen, die Häusergruppen
einheitlich und groß wirkend zu gestalten. Jedem
Rheinreisenden ist die große, etwas protzige Drachen-
burg bekannt, welche auf der Vorhöhe zum Drachen-
fels sich erhebt. Auch sie ist von diesen Architek-
ten gebaut worden. Im Stil ganz ähnlich ist ihr
Stammschloss des Grafen Nikolaus Esterhazy bei
Totis in Ungarn. Der gotische Stil, der das Grund-
element bildet, widerspricht von vornherein einer
so weitläufigen Anlage. Diese Formen, in wesent-
licher Anlehnung an die französische Gotik, sind
mit romanischen Elementen vermischt. Auch in
ihren Kirchenbauten lieben diese Architekten eine
Stilmischung von Romanischem und Gotischem, wo-
bei die inneren Verhältnisse dieser Stile öfters sich
einander geradezu austauschen. Der Entwurf zu einer
gotischen Pfarrkirche in München hat eine roma-
nische Vierungskuppel, welche entgegen den roma-
nischen Gesetzen nur eine untergeordnete Rolle in
der baulichen Komposition spielt, während das Go-
tische außerordentlich schwer behandelt ist. Die
ziemlich rein romanischen Formen in dem Entwurf
zu einem Neubau der katholischen Kirche auf dem
Kirchplatz zu Düsseldorf weisen schlankere Verhält-
nisse auf, als ihnen von Hause aus eigentümlich ist.
Die ausgeführte Marienkirche in Elberfeld leimt sich
strenger an das Romanische an, es fehlt aber das
feine organische Abwägen aller einzelnen Teile unter
einander. Sehr interessant ist der Entwurf zu einer
Kirche an der Bilker- und Neußer Straße mit einem
dreieckigen Grundriss; es sind sehr feinsinnig ge-
wissermaßen drei Kirchen durcheinander gesteckt.
Als Kirchenbaumeister tritt uns auch J. Kleesattel
entgegen mit viel mehr organischem Stilgefühl. Von
der vor einigen Jahren ausgeführten gotischen Kirche
zu Viersen ist leider nur eine große perspektivische
Ansicht ausgestellt. Es wäre sehr interessant, auch
die Risse dieses Bauwerks zu sehen. Besonders reiz-
voll ist an dem Turm die Überführung aus dem
Viereck ins Achteck. Dieselbe Lösung finden wir
an der im Bau begriffenen Sankt Johanneskirche
zu Krefeld. Auf einem klaren Grundriss erhebt sich
der Bau einfach und sehr lebendig, der Chor ist
reich und interessant entwickelt, das Ganze in ele-
ganten, fein abgewogenen Verhältnissen. Die Risse
sind zeichnerisch vortrefflich behandelt. Von dem-

selben Baumeister ist noch eine Reihe kleinerer ar-
chitektonischer Sachen, unter anderen zwei Krieger-
denkmäler, ein Friedhofskreuz, ein Zeitungskiosk.

— C. Engel bringt eine romanische und eine go-
tische Kirche. — Die Mitte der Hauptwand nehmen
die interessanten Arbeiten der Architektenfirma Ja-
cobs & Wehling ein. Diese Künstler haben eine her-
vorragende dekorative Begabung, welche ihnen höchst
originelle Leistungen eingiebt. In dem Wettbewerb
um das Kaiser Wilhelmdenkmal für die Rheinpro-
vinz gewannen sie den ersten Preis mit ihrer Nischen-
architektur an der Wand des Drachenfels. Ganz
eigenartig ist der Entwurf des Kaiser Wilhelmmu-
seums für Krefeld komponirt mit einer seitlichen
Turmanlage, welche jedoch besser angebracht wäre
bei einem Eckhause als bei einem in der Mitte eines
freien Platzes stehenden Gebäude. Zu Grunde ge-
legt sind Renaissance- und Barockformen, aber ganz
originell behandelt. Von den beiden Entwürfen zu
einem Kriegerdenkmal für Düsseldorf fesselt beson-
ders der eine, der auf einem pylonenartigen Unter-
bau einen Kampf um die Fahne darstellt, eine stür-
misch bewegte Gruppe mit äußerst lebhafter, aber
doch groß wirkender Silhouette. Der Entwurf mit
der Säule, welche oben ein Gebälkstück trägt, ist
weniger glücklich. Sehr originell sind auch die Ent-
würfe zu Wohnhäusern an der Bismarck- und Kaiser-
Wilhelmstraße, verschiedene Stilelemente sind mit
kräftiger künstlerischer Gestaltungskraft verarbeitet.
In vornehmen, mehr hergebrachten Formen hält sich
die Renaissancefassade für das Gebäude der Düssel-
dorfer allgemeinen Versicherungsgesellschaft für
See-, Fluss- und Landtransport. In angenehmer Er-
innerung steht noch die Triumphpforte dieser Archi-
tekten am Ratinger Thor bei der Anwesenheit des
jetzigen Kaisers mit ihrem dekorativen festlich-lu-
stigen Aufbau. Auch die sehr hübsche Dekoration
der Schulteschen Räume, in welchen sich die Aus-
stellung befindet, rührt von diesen begabten Archi-
tekten her. Eine ganze Reihe ähnlicher Entwürfe
beweist das Talent derselben für Innenausstattung.

— Regierungsbaumeister Wilhelm Schleicher bringt
einen Entwurf zum Wiederaufbau der Stoiberger
Burgruine und Skizzen zur Innenausstattung der-
selben. Es ist ein einfacher, unregelmäßiger, mittel-
alterlicher Bau. Sein Entwurf zum Kaiser Wilhelm-
denkmal für Berlin würde mit seiner dorischen
Säulenfassade den ganzen herrlichen Barockbau des
Schlosses verdeckt haben. Eine Villa in Wiesbaden
ist augenblicklich im Bau begriffen. — IL Biffart
bringt Entwürfe zu einem Reichstaggebäude für Ber-
 
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