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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 3.1892

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Rosenberg, Adolf: Neue Erwerbungen der Berliner Gemäldegalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.5366#0284

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Liebe der Natur nachgebildeter Apfel. Maria ist
mit einem tiefblauen Mantel bekleidet, der mit gol-
denen Arabesken gemustert und mit einer breiten
Bordüre in Goldstickerei eingefasst ist. Das auf
ihrem Schöße sitzende, mit einem grünen Wams
bekleidete Christuskind reicht dem links knieenden
Petrus, vor dem die dreifache Krone des Statthalters
Christi auf dem Erdboden steht, unter Beihilfe der
Madonna die Himmelsschlüssel dar, zunächst einen
goldenen; einen zweiten, steinfarbenen, hält das
Kind noch im linken Arm. Zu beiden Seiten
wohnen je drei Geistliche, hinter denen rote, weiß-
gemusterte Teppiche aufgespannt sind, über denen
das Blau des Himmels zum Vorschein kommt, dem
feierlichen Akte bei: drei Bischöfe in vollem Ornat
und drei Ordensgeistliche in grauen Gewändern.
Die Feststellung ihrer Persönlichkeiten muss ge-
naueren ikonographischen Stadien vorbehalten
bleiben. Einer der Ordensgeistlichen wird durch
die über ihm schwebende Hostie als der heil. Bo-
naventura charakterisirt. Einer der Bischöfe ist
der heil. Ludwig, Bischof von Toulouse, ein anderer
der erste Bischof von Ascoli, der heil. Emidius.

Die Erhaltung des in Tempera, anscheinend auch
mit Ollasuren gemalten Bildes ist so vortrefflich, dass
die Farben kaum etwas von ihrer ursprünglichen
leuchtenden Frische eingebüßt haben können. Nur
an zwei Stellen hat die Holztafel Sprünge erlitten,
die sich vom oberen Rande etwa bis in die Mitte
hineinziehen, aber geschickt verdeckt sind. Die bei
Crivelli übliche Geziertheit der Bewegungen, und
Gebärden ist hier auf ein geringes Maß beschränkt.
Nur in der Bewegung der rechten Hand der Ma-
donna, die mit Daumen und Zeigefinger den Schlüssel
anfasst, den das Kind dem Petrus überreicht, macht
sie sich bemerkbar. Vollauf entschädigt aber dafür
die holdselige Anmut ihres Antlitzes und die tief
eindringende Charakteristik der von inbrünstiger
Verehrung erfüllten Männerköpfe. Der gelblich
graue Fleischton ist etwas fahl und unnatürlich, die
Hände sind übermäßig schmal, lang und knochig;
aber das sind eben die Eigentümlichkeiten Crivelli's,
der sonst ein sehr gewissenhafter Zeichner ist, der
seine Figuren mit schwärzlich grauen Linien zu um-
reißen liebt.

Auf der Versteigerung der Dudleyschen Samm-
lung hat Dr. Bode noch ein zweites Bild für den
Preis von 2500 Guineen erworben, eine Grisaille oder
vielmehr ein braun in braun mit gelblichen Zwischen-
tönen gemaltes, figurenreiches Bild von Fembrandt,
das die Predigt Johannes des Täufers darstellt. Bode

erwähnt es in seinem Verzeichnis der Werke Reni-
brandts unter Nr. 205 (Studien S. 586) und giebt
dort nach dem Katalog der Auktion Fesch an, dass
es mit dem Namen und der Jahreszahl 1656 be-
zeichnet sei. Diese Angabe hat sich als irrig heraus-
gestellt. Es trägt keine Bezeichnung. Wie sich aus
dem Bildnis des Meisters ergiebt, der sich selbst
mitten in einer Gruppe von Zuhörern in der Nähe
des Predigers befindet, auf die das stärkste Licht
fallt, ist das Bild um 1638—1640 entstanden und
zwar als Vorbild für einen Kupferstich oder eine
Radirung, die aber vielleicht nicht zur Ausführung
gelangt ist. Wenigstens hat sich bis jetzt noch
keine Reproduktion nachweisen lassen. Das oben
an den Ecken abgerundete Bild hat auch nicht sofort
die gegenwärtige Gestalt erhalten. Später hat Rem-
brandt an den Seiten und unten noch eine Handbreit
angesetzt und dann das Ganze auf Holz geklebt.
Mit pathetischer Gebärde predigt der Täufer zu einer
aus den verschiedenartigsten Elementen zusammen-
gesetzten Gemeinde. In der schon erwähnten Gruppe,
deren Glieder zumeist andächtig lauschen, bemerkt
man außer dem Bildnis Rembrandts noch das seiner
Mutter und . andere aus seinen Radirungen bekannte
Figuren. Hinter dem Täufer, vor einer Felswand,
stehen seltsam kostümirte, indianerartig aufgeputzte
Gestalten mit Pferden und Kamelen, wodurch Rem-
brandt die Wüste andeuten wollte. Sonst hat er
aber keineswegs eine Wüste dargestellt, sondern eine
höchst phantastische Gebirgslandschaft, in deren
Hintergrunde ein Viadukt mit hohen Bogen eine
Thalschlucht überbrückt. Im Mittelgrunde links
sieht man drei echt Rembrandtsche Figuren zu einer
Gruppe vereinigt: drei Priester und Schriftgelehrte,
die dem Prediger den Rücken kehren und eifrig zu
beraten scheinen, wie dem Unwesen des gefährlichen
Menschen zu steuern sei. Die Figuren des Vorder-
grundes sind tief in Schatten gelegt und demnach
auch nur flüchtig skizzirt, in der künstlerischen Ab-
sicht, dass sich die koloristische Wirkung allmählich
bis zu der in volles Licht getauchten Hauptgruppe
und dem Täufer steigere. Das Dunkel im Vorder-
grunde gereicht einigen Gruppen aber auch sonst
zum Vorteil: rechts lässt eine Mutter ihren Spröß-
ling seine Notdurft verrichten und links geben zwei
Hunde ihrem Liebesdrange nach. Gerade diesem Um-
stände verdanken wir aber eine Beglaubigung des
Bildes. Samuel van Hoogstraten, Rembrandts Schüler,
citirt nämlich in seinem Malerbuche dieses Bild als
ein Beispiel dafür, dass Rembrandt sich nicht ge-
scheut habe, selbst die heiligsten Gegenstände mit
 
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