Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 1.1885

DOI article:
Rosenberg, Marc: Jamnitzer und Petzolt
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3679#0067

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Vvn Marc Rosenberg.

59

aber eine Stilkritik vder gar, was für unser-
einen noch schwieriger ist, eine genaue Prüfung
der Technik gewesen, welche dazu geführt hat,
die Zuschreibung an Jamnitzer vorzunehmen.
Hauptsächlich war eine Äußerlichkeit der Grnnd
dasür, eine Äußcrlichkeit, die obendrein noch
falsch gedeutet wvrden ist.
Jm Deckel des Pester Bechers befindet sich
nämlich eine Medaille mit dem Porträt des
Georg Römer>) mit seinem Zeichen, das, wie
das sog. Wüchszeichen der Probirmeister aus-
sehend, aus drei Grund- und zwei Haarstrichen
besteht, sv daß man es wohl fiir cin zusammen-
gezvgencslVI anschen kann. Man las
demnach Wenzel Jamnitzer und machte dcn ver-
mcintlichen Verfertiger der Mcdaille zum Ver-
fertiger des Bechers. Dies Zeichen ist aber nicht
IV. I., sondern ist V. LI. zu lesen, das Mvno-
gramm des bckannten Nürnbcrger Medailleurs
Valentin Maler (vgl. Erman, Deutsche Me-
dailleurc S. 55 ff.), des Schwiegervaters W.
Jamnitzers, der die Medaille ans Georg Rvmer
gemacht, aber mit dem Becher weiter nichts zu
thun hat. Der cinzigc Anhalt, der für Jam-
nitzer da war, verschwindet hiermit, entscheidcnd
blcibt dagegen die Verwandtschaft, man kann
sagen die Übereinstimmung mit den zwei Stü-
cken, welche die Petzoltmarke tragen. Wenn
zwischcn Jamnitzer nnd Petzolt gemeinsame Züge
nachzuweisen sind, so wird das niemand Wun-

1) Dieselbe Medaille smdet sich auch eingelassen
in einen Pokal, der auf der Auktion Hainilton in
London 1882 zuin Verkaufe kam. Kat. Nr. 644
mit Phot. Dort ivird schüchtern die Meinung aus-
gesprochen, Römer könnte möglicherweise der Verfer-
tiger sein. Aus zwei Gründen ist das nicht möglich:
erstens giebt es zu jener Zeit in Nürnberg keinen
Goldschmied dieses Namens und zweitens ist Georg
Römer eine bekannts Persönlichkeit. Es ist nicht so
unwichtig, als es scheinen mag, disse Bemerkung hier
einzuschalten, denn Trautmann hat sich beeilt, den
Goldschmied Georg Römer in die Kunstgeschichte ein-
zuführen. Der Pokal interessirt uns außerdem noch
dadurch, das; er eine sehr große Ähnlichkeit aufweist
mit dem bei Bergau (Jamnitzer) veröffentlichten Blatte
15 mit dein Monogramm IL und L L.
Der Becher der Gräfin Zichy ist soeben ver-
öffentlicht in der ersten Lieferung der prachtvollen
Publikation über dis Ausstellung in Pest. Da hier
die Frage aufgeworfen wird, ob der Becher sich schon
lange im Besitzs der Familie Zichy befindet, sei be-
inerkt, daß er eine relativ neue Erwerbung ist, etwa
vor 30 Jahren.

der nehmcn, wenn man erwägt, daß die gesamte
Nürnberger Goldschmiedeschule einen einheitlichcn,
geschlossencn Charakter trägt. Nnr denjenigen,
welche überall Jamnitzer sehen und welchen auch
die Virgil Solis'schen Becherzcichnungen Ent-
würfe von Jamnitzer sind, möchte ich für den
vorliegenden Fall zu erwägen geben, daß die
Becherform, die wir hier Petzoit zuschreiben, auch
dort vorkommt, aber mit jener kllrzeren Cuppa,
die uns vom Pseudo-Jamnitzer der Gräfin Zichy
hinweg, zu den durch Stempel beglaubigten Pe-
tzoltbechern bei Graf Elz und Baron Rothschild
herüberleitet.
Dies wärcn die zwei Punkte, an welchen
es mir wichtig erschien einen Moment zu ver-
weilen, um die Arbeitsgebiete von Janinitzer uud
Petzolt gegen einander abzugrenzen. Was nns
dabei besvnders auffällt, namcntlich wenn wir
den gleich zu erwähnenden Nautilus mit in die
Betrachtuug hereinziehen, ist der llmstand, daß
Petzolt seine Arbeiten in mehreren zicmlich genau
übereinstimmenden Exemplaren in die Welt setzt,
was wir bei Jamnitzer nur in einem Falle
(Fassnng einer Limvgeskanne) nachweisen können.
Es scheint, Laß Jamnitzer vielseitiger ist, daß
abcr Petzvlt seine Mvdelle besser durchgebildct
hat. Sie bilden bei ihm Typcn, die er ent-
weder genau kvpirt vder wenig variirt; scine
Musterkarte, wenn ich niich so ausdrücken darf,
ist eine kleine aber gewählte. Zwei solcher
Typen haben wir kennen gelernt. Der eine ist
durch unsere Fig. 1, der andere durch Fig. 2
vcrtreten, dvch ist damit der Formenkreis unseres
Meisters nicht erschvpft. Wir haben von ihm
u. a. noch eine Reihe von Bechern, welche sich
als Buckelbecher dem Typus des Pokals im
kvniglichen Schlosse zu Berlin nuterordnen, aber
in der Gestaltung weit einfacher, iu dcr Aus-
führung viel geringer sind. Exemplare davon
besitzt cin Privatmann in Nürnberg, Bvasberg in
Amstcrdam und die Gemeinde Rappersweil in
der Schweiz, das Stück der letzteren mit der
Jahreszahl 1603. Dieser Form hat sich auch
die Fälschung bemächtigt: eine solche Jmitativn
wurde auf der Auktion Paul (Kat. Nr. 724 als
Hans Petzolt ausgegeben) für M. 1750 verkaust.
Einen dritten Typus, der für unsern Mei-
ster in hohem Grade charaktcristisch i>t, haben
wir noch zn erwähnen. Er wird repräsentirt
durch die herrliche Montirung eines Nautilus,
den wir nach der Photographie in Biermanns
Publikation über die Ausstellnug in Schwäb.
9*
 
Annotationen