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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 1.1885

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Kutas.: Die achte Ausstellung der Union centrale des Arts décoratifs in Paris, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3679#0080

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Die achte Ausstellung der Ilnion oentrnle llss ^rts äöeorutik8 in Paris.

ziges ausländisches Jnstitut von weiter Ferne,
beiläufig 200 ungarische Faiencen vom 15. bis
zum 18. Jahrhundert ausgestellt hatte. Die
archaischen Formcn der Ofenkacheln, die, wenn
auch eintönig, so doch keck nnd mit Kraft
stilisirten Ornamente der Zunftkriige, die in-
timen Beziehungen der Holicser Faienccn mit
den französischen erregten allgemeines Aufsehen
umsomehr, als dieselben bisher in Paris voll-
ständig unbekannt waren.
Mit stolzeni Selbstgesiihl nnd nationaler
Genugthuung blicken die Franzosen auf ihr
Sövresporzellan. Auch ich nehme keinen An-


Fig. 4. Maiolica-Vase. Urtino. 10. Jahrh.
lSammlmig Valpineon.)

stand einzugestehen, daß für meine individuclle
Empfindung diese ?»to-tenärs des 18. Jahr-
hunderts das schönste enropäische Porzcllan ist.
Vier große Säle fiillte die historische
Ausstellung von Sbvres, zu der alle Amatenrs
ihr Scherflein beitrngen, um die Entivicklnng
von 1745 bis zum heutigen Tage zn veran-
schaulichen. Auch fnr das Stndium der ersten
Anfänge des einheimischen Porzellans war
gesorgt durch L. Poterats Porzellan von
Rouen, meist weiß mit blauen Unterglasur-
Ornamenten, teils chinesischen, teils der dortigen
Faienceindustrie entnommen; St. Clond, Lille,
Chantilly rc. bereiteten den Bcsucher auf die
spätere Glanzperiode Frankreichs vor. Nach
ziemlich kurzeni Herumtappcn, das von dcr

Griindnng der Vincenner Fabrik im Jahre 1745
bis 1750 dauerte, schwang diese sich zu einer
knnstlcrischen Höhe nnd Vollendung empor, die
ihr den Reiz und das Ansehen lieh, das sie
noch jetzt genießt.
Das weise Maß der Formen, die Farben-
Pracht, die Tiefe und Wärme des Emails,
insbesondere aber die vollendete tcchnische Aus-
führung müssen einen jeden für das Schöne
Empfänglichcn packcn. Leidcr hält diesc Herr-
lichkeit nicht lange an. Schon unter der ersten
Republik wird ein Niickschritt wahrnehmbar,
der, stetig abwärts schreitend, seinen Höhe-
respektive Tiefpnnkt unter Louis Philipps Re-
giernng erreicht.
Die Rcgierung Napoleons III. bildet den
Anfang einer neneren erfreulichen Epoche.
Noch wandelt die Fabrik auf ungcwissen
Wegen, doch sind schon die alten Farben das
Gros-bleu, einige Soladon-Schattirungcn, far-
bige püts ä'nppliention und gleichzeitig ein
starker naturalistischer Zng eingekehrt. Die
weiteren Stadien wollen wir übergehen, um
die ncueste Errungenschaft der vielbewnnderten
und auch angefochtenen Entdeckung der blonvells
koroslains zu betrachten ^).
Dicselbe stcht zwischen der alten ?Lts
tsnärs nnd dcr xüts änrs, verhärtet sich bei
eincm schwächcren Feuer als die xüts tsnäre, ist
aber dennoch kaolinhaltig; sie ist nicht ganz weiß
und eignet sich auch zur Aufnahme farbiger
Blciglasur und Schmelz als Dekorationsmittel.
Das Email ist tiefer, wärmer und fenriger;
die neuen Farben verlangen eine flache Be-
handlnng der Ornamente, verbannen die Mi-
niatur und die Pcrspektive, sind daher bcrusen
eine gesündere Manier in der äußeren Ansstat-
tung anzubahncn.
Es ist gelungen schönes dunkel- nnd
Türkis-Blau, zartes Nosa und auch die bcrühmten
chinesischen Flambs's herznstellen, d. h. eine
knpferhaltige Glasnr, bei der durch Oxydation des
Metalles verschiedenfarbige Streifen und Flecken
von glänzendem Not, dnnklcm Grün, Blau
oder Gran, allein oder vcreint, je nachdem es
der Znfall mit sich bringt, entstehen.
Eine große Frage, deren Lvsung der Zn-

I) Bereits seit zniei Jahren fertigt die Königl.
Porzellciiimanufaktur in Berlin ein ähnliches Por-
zellan — das Segerporzellan —, welches die gleichen
Eigenschaften hat.
 
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