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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 25.1914

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Weinmayer, Konrad: Die kgl. bayrischen Fachschulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3870#0008

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KLINSTGEWERBEBLATT
NEUE FOLGE

PFHAl^TFOM* FRITZ HELLWAG IN
IX1—1 1W1N . BERLIN-ZEHI.ENDORF-
WANNSEEBAHN • TELEPHON: ZEHLENDORF 1053

ycpi AH. E. A. SEEMANN IN LEIPZIG,
V LIXLAU. HOSPITALSTR. 11a . TEL. 244

i913/1*
HEFT 1
OKTOBER


25 JAHRGANG

VEREINSORGAN
BERLIN, DRESDEN, DÜSSELDORF, ELBERFELD,
FRANKFURT A. M., HAMBURG, HANNOVER, KARLS-
RUHE I. B., KÖNIGSBERG I. PREUSSEN, LEIPZIG,
MAGDEBURG, PFORZHEIM UND STUTTGART

DIE KGL. BAYRISCHEN FACHSCHULEN
VON Dr. KONRAD WEINMAYER, MÜNCHEN
ES gibt wohl in Bayern kaum ein besseres Mittel, sich von der im
Sterben liegenden, ureingesessenen Volkskunst und ihrer ausgezeich-
neten Farbenkultur einen wahren Begriff zu machen, als einen
Besuch des Dachauer Museums. Mit feinstem Sinn haben hier Künstler
die »gute, alte Zeit« im Atem festgehalten. Sie pulsiert in den Räumen,
und mit Wonne verfolgt das Auge das Sichwiegen der alten behäbigen
Formen und labt sich der Geist an dem munteren Geplätscher der bald
verträumt weichen, bald prachtvoll keck strahlenden Farben, die die Alt-
vordern verwoben und auf Schränke und Truhen malten, und die aus
der Natur geboren sind, wie die Blumen aus der Wiese. Sie geben das
Lachen des weißblauen Himmels wieder und das satte Grün der Wiesen
und das warme Rötlich des Moores. — Über die weite Ebene mit der
Residenzstadt grüßen tiefblau die Berge und alles ist in ein Meer von
Sonne getaucht. Aus der Kirche kommen ein paar alte Mütterlein in
der alten wundervoll sattfarbigen Tracht. Die Sonne umjubelt sie wie die
schönsten Schmetterlinge. Und sie gehen durch die Reihen der Männer,
die auf dem Kirchplatz stehen, und in ihrer dunklen Einförmigkeit eher
an Gußstahlklötze erinnern denn an Individuen. Und auch die jungen
Frauen, die sich in der Menge zeigen, wetteifern nicht mit den Alten,
die Äußerungen des in ihnen noch flackernden, instinktiven Verlangens
nach Farbe wirken unendlich täppisch in der reichen Natur. Ihre Farben
gellen, sie »plauschen« nicht mit der Sonne. Und aus den Ladenfenstern
in den Gassen grinst in allen »Branchen« der denkbar fürchterlichste Kitsch.
Einst die wundervollste künstlerische Kultur und heute diese erschreckende
Armut. So groß ist die Not, daß sie daß sie das Volk schon nicht
mehr empfindet. Der Verein für Volkskunst und Volkskunde und die
Künstler halten das Alte, aber der alte Blumenstock treibt nicht mehr. Und
das gleiche Bild zeigt sich im ganzen Land. In den entlegensten Winkeln
haben sich noch Reste der alten künstlerischen Kultur erhalten. Einen
Nachwuchs gibt es nicht. □
o Die Zeit der alten Kultur ist zu Ende. Die Verhältnisse, die Lebens-
bedingungen sind von Grund auf andere geworden. Das Land ist vogel-
frei geworden. Die Städte haben ihm das Blut aus den Adern gesogen
und es arm, bettelarm gemacht. Zur rechten Zeit erkannte in Bayern die
Regierung die große Not und zugleich die Pflicht, ihr zu steuern. Angeregt
durch die »Werkstätten« in den Städten, die damals (1902) übrigens noch tüchtig kämpfen mußten, leitete
die bayrische Regierung eine umfangreiche Neubefruchtung des Gewerbes ein, deren ideellen und materiellen
Segen für das ganze Land die kommenden Jahrzehnte bestimmt erweisen werden. Eine solche staatliche Be-
fruchtungsarbeit ist künstlich, und darum waren es auch vor allem kunstpsychologische Gründe, die dem Gang
des Unternehmens mit einer gewissen Skepsis zusahen. Ein solches Unternehmen berührt den Nerv des Volkes
und deshalb kann es nicht zart genug behandelt werden. Werden die dem alten Baum der Volkskunst auf-
gepfropften Arten gedeihen? Noch einmal sei es gesagt, daß für eine solche, in der Geschichte durchaus nicht
neue Reorganisation, nicht das Jahr, sondern das Jahrzehnt der richtige Maßstab ist. Vorderhand haben wir uns
an die glänzend angelegten Heftpunkte der Reorganisation zu halten, an die Fachschulen, die insofern weitere
Kunstgewerbeblatt. N. F. XXV. H. 1


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